Tango Vitale
Ausländer?«. »Sie sind sicher zu fein, um mit mir auszugehen.« Genau darauf ist auch Kelly hereingefallen. Auf die gezielte Abwertung »Man kann auch zu stolz sein, wissen Sie.« hat sie wie erwartet reagiert, indem sie sich helfen ließ. Die beste Verteidigung gegen eine solche Zuschreibung besteht darin, sie konsequent zu überhören. Was ein Fremder über Sie denkt, sollte Ihnen egal sein.
Die Dankbarkeitsfalle. Sobald wir jemandem etwas schulden, fällt es uns schwer, ihn zurückzuweisen. De Becker nennt Menschen, die damit bewusst manipulieren »Wucherer«. Sie bieten ungefragt Hilfe an und verpflichten damit zur Gegenleistung, indem sie zum Beispiel Koffer tragen oder ganze Straßenzüge mit Ihnen gehen, wenn Sie nach dem Weg fragen. Ob wirklich Hilfsbereitschaft dahinter steckt, zeigt sich an den anschließenden Forderungen. »Jetzt müssen Sie mir aber auch erlauben, Sie zu einer Tasse Kaffee einzuladen.« »Könnte ich wohl ein Glas Wasser haben?«
Unerbetenes Versprechen. Versicherungen von Unbekannten in der Art »Ich gehe auch gleich wieder, versprochen« oder »Ich überweise Ihnen das geliehene Geld sofort« deuten fast immer auf ein fragwürdiges Motiv. Mit einem betonten Versprechen will der Betreffende sein misstrauisches Gegenüber beruhigen. Tatsächlich handelt es sich aber nur um eine leere Formel. Ein echtes Versprechen klingt anders. Jede unverlangte Beteuerung sollte misstrauisch machen, denn mit großer Wahrscheinlichkeit wird genau das nicht passieren, was zugesagt wurde.
Überhören des Wörtchens Nein. Dieses Signal einer drohenden Gefahr ist das allgemeinste und gleichzeitig das wichtigste von allen. In |124| der Begegnung mit Fremden sollte man sich niemals dazu überreden lassen, ein ursprüngliches Nein zurücknehmen. Faustregel: Über ein deutliches Nein wird nicht verhandelt. Wer das dennoch zulässt, gibt dem anderen die Erlaubnis, ihn auch in anderen Dingen unter seine Kontrolle zu bringen.
Warum so nett?
Tatsache ist, dass wir alle diese Signale wahrnehmen können und es im Vorfeld der Gefahr durchaus auch tun. Die Frage ist also, warum wir sie nicht auswerten und entsprechend ablehnend reagieren. Dahinter steckt eine Regel der Kommunikation: Uns liegt normalerweise viel daran, angemessen positiv auf eine Situation einzugehen. Schließlich macht uns das beliebt und bringt uns Erfolg. Wenn uns jemand helfen möchte, freundlich ist, sich um unser Vertrauen bemüht, dann fühlen wir uns verpflichtet, ebenfalls höflich zu sein. Dazu gehört auch, dass wir auf Nachfrage Informationen über uns preisgeben (»Ja, ich arbeite hier«, »Ich fahre auch jeden Morgen mit der Linie 3«) anstatt ruppig zu sagen: »Das geht Sie gar nichts an.«
Besonders Frauen haben durch ihre Erziehung zu sozialem Verhalten verinnerlicht, dass man freundlich und kooperativ sein soll. Damit sitzt der Feind zuerst in ihrem eigenen Kopf und flüstert: »Sei doch nicht so misstrauisch, der ist doch nur nett.« »Wenn du den Kaffee ablehnst, hält er dich bestimmt für eine arrogante Zicke.« »Ist ja nicht so wichtig. Deswegen muss man sich nicht streiten.« Männer haben es in diesem Punkt ein bisschen leichter, doch dafür lassen sie sich eher von ihrer Überlegenheit oder Eitelkeit beeinflussen: »Mit dem werde ich schon fertig.« »Na gut, wenn er nicht alleine klarkommt, dann gehe ich halt mit.« »Das ist doch nur ein armes Würstchen.«
Mit dieser beschwichtigenden inneren Stimme hebeln wir das feinste Instrumentarium für Gewaltprävention aus, das wir besitzen: |125| unsere Intuition. Wenn Sie sich unwohl fühlen, nehmen Sie das bitte ernst. Zu dem Zeitpunkt haben Sie in den meisten Fällen noch die Wahl, sich zu schützen.
Wenn der Ernstfall eintritt
Manchmal gibt uns das Schicksal eine Vorlaufzeit, manchmal kommt die Gefahr auch völlig überraschend. In beiden Fällen müssen wir in der Lage sein, ruhig zu bleiben und uns eine passende Strategie zu überlegen.
Eigentlich hatte sich der junge Mann nur aus Neugier bei der Polizei beworben. Wie ein zukünftiger Hüter des Gesetzes sah er auch nicht gerade aus, er trug einen Ohrring und hatte die Haare zum Pferdeschwanz gebunden. Man nahm ihn trotzdem oder vielleicht gerade deswegen: Er wurde einer Undercover-Einheit zugeteilt. Sein erster Job war es, das Vertrauen einer Gang von Drogendealern zu gewinnen. Der Boss war ein Schwerkrimineller, dem mehrere Morde zur Last gelegt wurden. Seinen gefährlichen Freunden erzählte der
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