Tango Vitale
Schleudern, falls es doch mal ganz anders kommt als erwartet.
Ihre Lieblingsalternative ist »No risk. No fun«? Das lässt darauf schließen, dass Sie recht spontan sind. Wenn Sie eine unbekannte Situation reizt, werfen Sie sich voll hinein, meist ohne Netz und doppelten Boden. Das hat etwas von Roulette: Sie können viel gewinnen (Spaß, Erfolg) oder böse auf die Nase fallen (Schmerz, Enttäuschung).
Den Königsweg gibt es jedoch nicht: Alle drei Sprichwörter haben ihre Berechtigung. Wer ängstlich jede Herausforderung meidet, weil er vielleicht scheitern könnte, führt ein reduziertes Leben. Andererseits wäre es purer Leichtsinn, sich blauäugig in gefährliche Situationen zu begeben. Lässt sich allerdings eine Gefahr nicht vermeiden, dann sollten wir uns wenigstens gründlich auf eventuelle Krisen vorbereiten.
Leider können wir uns nicht immer aussuchen, ob und auf welche Weise wir einer Gefahr begegnen möchten. Manchmal wirft uns das Schicksal unverhofft in die Gefahrenzone. Ob wir dann noch eine Chance haben, heil herauszukommen, liegt zwar nicht in jedem Fall in unserer Hand, aber doch öfter, als wir glauben.
Katastrophenschutz
Mit bösen Überraschungen befasst sich der englische Wissenschaftler John Leach, er untersucht das Verhalten in Katastrophensituationen, etwa bei einem Brand im Tunnel oder einem Schiffsunglück. Nach Leach lassen sich die Menschen bei einem Notfall in drei Gruppen unterteilen: Zur ersten Gruppe gehören diejenigen, die absolut keine Möglichkeit mehr haben, sich zu retten. Die zweite Gruppe besteht aus denjenigen, die überleben. Zur dritten Gruppe zählen diejenigen, die hätten überleben können, wenn sie sich richtig verhalten hätten.
So tragisch es auch ist, in vielen Fällen haben die Betroffenen nicht |117| die geringste Überlebenschance, zum Beispiel bei Explosionen oder Naturkatastrophen. Leach bezeichnet das als Realitätsprinzip. »Manchmal hat man keine Wahl. Man stirbt. Punkt. So ist das einfach.« Die Betroffenen haben nichts falsch gemacht, bestimmte Krisen sind eben nicht zu überleben. Das ist Schicksal.
Im Fokus der Wissenschaft bleiben die übrigen, die noch eine Chance haben. Nach Leach verhalten sich in bedrohlichen Situationen etwa 10 Prozent der Menschen relativ ruhig und rational. Sie schätzen die Situation richtig ein, treffen ihre Entscheidungen konzentriert und präzise. Die überwiegende Mehrheit dagegen, circa 80 Prozent, reagieren zunächst fassungslos und verwirrt. Der Schock schränkt ihre Wahrnehmung ein, sie registrieren nicht mehr genau, was um sie herum vorgeht. Entscheidend ist, dass sie sich möglichst rasch von der Gehirnblockade erholen, die Lähmung abschütteln und überlegen, was zu tun ist.
Die letzten 10 Prozent tun schlicht gesagt das Falsche. Sie verhalten sich unangemessen und oft kontraproduktiv. Sie verlieren die Kontrolle über sich, rasten aus und schaffen es nicht, sich zusammenzureißen.
Bleiben Sie cool
Wenn Sie an Ihre eigenen Reaktionen unter Stress denken, können Sie vielleicht vorhersagen, ob Sie zur Gruppe der Coolen gehören, die überlegt reagieren, zur Mehrheit, die im ersten Moment erstarrt, oder zu denjenigen, die extrem gefährdet sind, weil sie in Panik geraten. Tatsächlich aber ist eine zutreffende Vorhersage sehr schwer. Selbst Profis wie Feuerwehrleute oder Polizisten reagieren nicht immer souverän. Allerdings sind sich die meisten Experten darin einig, dass jeder – ganz gleich, in welche Kategorie er sich einordnet – ein angemessenes Krisenverhalten lernen kann. Mit einiger Übung können wir uns das Verhalten von Überlebenskünstlern aneignen. 33
|118| Nehmen Sie vorab alle Informationen auf. Anstatt sich in eine Zeitschrift zu vertiefen, schauen Sie im Flieger wieder genau hin, wenn die Stewardess Hinweise für den Katastrophenfall gibt, oder lesen Sie die Anleitung für den Notfall. Informieren Sie sich im Hotelzimmer als Erstes über den Fluchtweg bei Brandgefahr. Wenn Sie ins Kino, ins Konzert oder auf den Sportplatz gehen, schauen Sie, wo die Ausgänge sind. Sorgen Sie dafür, dass Sie die Telefonnummern von Feuerwehr, Polizei, Notarzt und Giftzentrale im Kopf oder bei einem Notfall sofort zur Hand haben. Das klingt nach Paranoia? Sehen Sie es lieber so: Nicht vorbereitet zu sein ist Leichtsinn.
Rechnen Sie mit Lähmung und überwinden Sie sie. Wenn Unerwartetes geschieht, wie etwa bei einem drohenden Flugzeugabsturz, versucht unser Gehirn diese Erfahrung mit einer
Weitere Kostenlose Bücher