Tannöd
haben sie keinen von den Dannerschen
mehr gesehen. Selbst am Sonntag war kein Einziger von denen in der
Kirche.
Da ist mir die Sache mit dem
Monteur wieder eingefallen, dass der heute auch schon gesagt hat,
beim Danner ist keiner auf dem Hof.
Der Hansel hat uns erzählt,
er ist von seiner Tante rüber zum Danner geschickt worden. Zum
Nachschauen, weil sie doch von denen schon seit ein paar Tagen
keinen mehr gesehen haben. Auf dem Hof hätte das Vieh
gebrüllt und der Hund wie wild gewinselt. An der Haustür
hat er gerüttelt, aber die war versperrt. Richtig fest hat er
dran gerüttelt und geklopft hat er auch und nach der Barbara
und der
Marianne hat er gerufen. Und weil ihm keiner geantwortet hat und
weil ihm auf einmal nicht mehr wohl war auf dem Hof, da ist er
zurück zum Vater. Dem hat er dann alles erzählt und der
hat ihn zu uns geschickt, damit einer von uns mit auf den Hof geht.
Jetzt ist er da und der Vater und der Lois, die sollen gleich mit
ihm rüber nach Tannöd. Der Hauer wartet dort auf
sie.
Mein Vater ist mit dem Lois gleich
losgelaufen. Rüber zu dem Danner seinen Hof. Den Hansel haben
sie mitgenommen.
Dort haben sie sie ja auch
gefunden. Alle.
Durch Deinen willigen
Gehorsam,
erlöse sie, oh Herr!
Durch die unendliche Liebe
Deines göttlichen Herzens,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine Ängste und
Mühseligkeiten,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deinen blutigen
Schweiß,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine
Gefangennehmung,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine grausame
Geißelung,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine schmachvolle
Krönung und Verspottung,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine mühevolle
Kreuztragung,
erlöse sie, oh Herr!
Durch das kostbare Blut Deiner
Wunden,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Dein bitteres Kreuz und
Leiden,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deinen Tod und dein
Begräbnis,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine heilige
Auferstehung,
erlöse sie, oh Herr!
Durch Deine wunderbare
Himmelfahrt,
erlöse sie, oh Herr!
Durch die Ankunft des Heiligen
Geistes des Trösters,
erlöse sie, oh Herr!
Am Tag des Gerichtes,
erlöse sie, oh Herr!
Wir armen Sünder,
wir bitten Dich, erhöre uns!
Der Du der Sünderin Maria
Magdalena
verziehest, wir bitten Dich, erhöre uns!
Michael Baumgartner stapft durch
den Schneeregen auf den Hof in Tannöd zu. Der Wind bläst
ihm ins Gesicht. Er kennt den Weg, kennt das Anwesen. Sonst
wäre es schwierig geworden bei diesem Wetter, mitten in der
Nacht den Hof zu finden. In den vergangenen Jahren hat er des
öfteren auf dem Hof gearbeitet. Im Frühjahr im Wald, im
Sommer auf dem Feld. Arbeit gab es immer genug. Der Mich, wie er
von allen gerufen wurde, arbeitet nicht gern zu lange auf einem
Hof. Er zieht von Ort zu Ort, »immer auf der Walz«, wie
er sagt. Schläft mal im Stadel, mal auf einem Dachboden.
Seinen Lebensunterhalt bestreitet er, wie jeder glaubt, durch
Gelegenheitsarbeiten. Auch als Hausierer ist er ab und an schon
unterwegs gewesen. Tatsächlich lebt er jedoch meist von
Diebstählen, Einbrüchen und dem Ausbaldowern kleiner
Straftaten. Er sieht sich auf den Höfen um. Zieht er wieder
weiter, weiß er meist genug. Weiß, wo was bei wem zu
holen war. Der Mich kann mit diesem Schlag Menschen umgehen.
Dafür hat er ein Talent, »eine Ader«, wie er selbst
sagt.
Eine Zeit lang auf einem Hof
arbeiten. Fest zupacken so kann man das Vertrauen der Leute
gewinnen. Schmeicheln, wie gut einer doch »sein Sach«
zusammenhält, wie »schön doch der Hof
wäre«, noch ein, zwei Scherze, ein Augenzwinkern und der
stolze Besitzer fängt an zu prahlen. Auch oder gerade, wenn
sie sonst recht zugeknöpft sind. Er hört sich um,
hält seine Augen offen und geht nach einiger Zeit wieder
seiner Wege. Sein Wissen über die Höfe und ihre
Eigentümer gibt er weiter oder steigt bei passender
Gelegenheit selbst ein. Wie es ihm gerade am besten
passt.
Wenn es einer geschickt anstellt,
nicht zu gierig ist, auf seine Zeit warten kann, kommt man meist
ganz gut um die Runden. Erwischen lassen darf man sich nicht, aber
erwischt werden nur die Gierigen, die Maßlosen, die
Unvorsichtigen.
Gierig ist der Mich nicht, es
liegt nicht in seiner Art, und Zeit hat er im
Überfluss.
Das Diebesgut bringt sein Schwager
unter die Leute. Seine Schwester und ihr Mann haben einen kleinen
Hof in Unterwald. Das Haus liegt geradezu ideal. Abseits, schwer
einsehbar.
Der Schwager hat gleich nach dem
Krieg ganz gut am Schwarzhandel verdient. Mit der
Währungsreform am 30.
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