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Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer

Titel: Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Eiletz-Kaube
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Franzosen im beginnenden 19. Jh. Zuckerrohrfelder auf Mauritius und La Réunion anlegen ließen, stieg ihr Bedarf an Arbeitskräften sprunghaft an. Sansibar lag da strategisch günstig und wuchs in den 1840er-Jahren zum größten Sklavenmarkt der Welt heran. Zu Beginn des 19. Jhs. wurden bis zu 10 000 Sklaven jährlich auf den Sklavenmärkten von Stone Town „umgesetzt”; später stieg diese Zahl durch den gestiegenen Bedarf womöglich auf bis zu 50 000 Sklaven pro Jahr. Dies sind natürlich nur Schätzungen, da genaue Zahlen zu diesem dunklen Kapitel der Menschheitsgeschichte fehlen.
    1873 verfügten die zu dieser Zeit bereits einflussreichen Briten das Ende des Sklavenhandels in Ostafrika, allerdings setzte sich der illegale Handel noch bis weit ins 20. Jh. hinein fort. Die deutschen Kolonialisten selbst sahen sich erst 1904 bemüßigt, die Sklaverei in ihrer Kolonie offiziell zu verbieten. Man vermutet, dass zwischen dem 16. und dem späten 19. Jh. insgesamt mindestens 20 Mio. Menschen aus Afrika in die Plantagen der Karibik, des Indischen Ozeans und der amerikanischen Südstaaten verschleppt wurden.
    1880 war Bagamoyo vermutlich eine bunte, multikulturelle Stadt mit rund 1000 Einwohnern. Ihr weltweiter Ruf und die gute Infrastruktur lockten Abenteurer und Forscher aus aller Welt an, die Bagamoyo als Ausgangspunkt ihrer Expeditionen nutzten. Livingstone, Burton und Speke oder Stanley – sie alle schätzten die Vorzüge einer gut entwickelten Stadt, um sich angemessen für monatelange Expeditionen auszurüsten.
    Nach der „Entdeckung” Afrikas durch die Europäer begann das Gerangel um die koloniale Inbesitznahme. 1888 pachtete das Deutsche Reich vom Sultan von Sansibar einen 16 km breiten Küstenstreifen und ernannte die Hafenstadt Bagamoyo zum militärischen und verwaltungstechnischen Hauptquartier seiner neuen Kolonie, die aber erst am 1.1.1891 offiziell ausgerufen wurde. Anfang 1892 übertrug man diesen Status wegen des tieferen Hafenbeckens auf Dar es Salaam. Nicht nur deswegen, sondern vor allem durch die offizielle Abschaffung des Sklavenhandels 1873 verlor die einst boomende Stadt ihre Wirtschaftsgrundlage und verfiel alsbald wieder in ihren einstigen beschaulichen Zustand. Trotz des gut gemeinten Baus der Schule hinterließ das feudale System der arabischen Elite vor allem ungelernte Kräfte und Analphabeten. Unternehmergeist und Bildung fehlen den Bewohnern der nördlichen Küste bis heute, weswegen der Landstrich zu den ärmsten in Tansania zählt.
Bagamoyo heute
    Seit die Asphaltstraße Dar es Salaam mit Bagamoyo verbindet, ist der Ort vor allem an den Wochenenden zum Naherholungsgebiet der Großstädter avanciert. Trotzdem lässt der lukrative Tourismus auf sich warten, wohl auch, weil die Strände zwar idyllisch sind, ihnen aber das tropisch-romantische Flair von Sansibar fehlt. Und so verdienen die Hotels in Bagamoyo ihr Geld weniger mit ausländischen Touristen als vielmehr mit den einheimischen Teilnehmern an Tagungen und Konferenzen. Deswegen sind sie hier auch auffallend groß und mit Konferenzräumen ausgestattet.
    Seit Jahren warten die Stadtväter auf die Ernennung Bagamoyos zum Weltkulturerbe als Ausgangspunkt für die Ostafrikanische Sklavenroute. Neben Bagamoyo sollen auch Ujiji am Tanganyika-See, Tabora und andere Orte an der Karawanenroute unter Denkmalschutz gestellt werden. Dazu soll ein 10 m breiter Korridor eingerichtet werden, der durch 13 Distrikte führt und u. a. wichtige Gebäude und Orte schützt. Obwohl kein Zweifel daran besteht, dass die Ereignisse rund um den Sklavenhandel von weitreichender Bedeutung waren, gibt sich die Unesco zögerlich. Mehrere Anträge und Ergänzungen mussten bereits eingebracht werden, aber wie beim Debakel in Kilwa (s. S. 238 ) bemängelt man auch im Falle Bagamoyos fehlende Nutzungsstrategien und Managementpläne sowie vor allem die mangelnde Bereitschaft Tansanias, sich mit seiner eigenen – teilweise grausamen und fremdbestimmten – Geschichte auseinanderzusetzen.
    In den vergangenen Jahren wurde immerhin eine Handvoll Gebäude unter großem finanziellem Aufwand renoviert. Zu verdanken ist dies dem Engagement europäischer Organisationen, allen voran der schwedischen Entwicklungshilfe Sida, aber auch deutschen Initiativen, darunter Kirchen sowie der Freundeskreis Bagamoyo e. V. ( www.bagamoyo.com ). Dennoch könnten die Stadtväter die prestigeträchtige Ernennung zum Unesco-Welterbe mit dem unsensiblen Umbau des Postamts verspielt

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