Tante Dimity und das verborgene Grab
Kirchhof. Vielleicht« – sie sah auf die Uhr – »in einer Stunde?«
»Gut, in einer Stunde auf dem Friedhof.« Ich winkte Francesca, dann hockte ich mich auf die Fersen, um Buster zu begrüßen, der, von der Leine gelassen, herübergerannt kam und meine Schuhe beschnupperte.
»Morgen, Lori.« Mr Barlow wickelte sich Busters Leine um die Hand, als er mich erreichte.
»Hoffentlich ist der Mini nicht kaputt.«
Mr Barlow war Automechaniker gewesen und jetzt im Ruhestand. Meinen Mini betrachtete er als ein zuverlässiges Nebeneinkommen zu seiner Rente. Er versäumte es nie, sich nach seinem Ge-sundheitszustand zu erkundigen.
»Dem Mini geht’s gut«, versicherte ich ihm.
Ich hob den Gummiball auf, den Buster mir vor die Füße gelegt hatte, und deutete mit dem Kopf zum Pub hinüber. »Die Peacocks sind heute aber fleißig. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie schon jemals die Fenster des Pubs geputzt hätten.«
»Und nicht nur das«, berichtete Mr Barlow.
»Sie wollen ihn sogar umbenennen und ein neues Schild aufhängen.«
»Völliger Blödsinn.« Der alte Mr Farnham war mühsam von seinem Gemüseladen über das Kopfsteinpflaster gehumpelt und hatte sich zu uns gesellt. »Der Pub braucht kein neues Schild.
Wo doch jeder weiß, dass das Peacocks Pub ist.«
»Es ist Dicks Frau«, erklärte Mr Barlow. »Die hat immer so komische Einfälle.« Er beugte sich näher herüber. »Sie liest nämlich Science-Fiction, müssen Sie wissen.«
»Dagegen ist doch nichts einzuwenden«, sagte ich.
»Nein, solange man nicht vergisst, dass es Fantasie ist, ist es in Ordnung«, erwiderte Mr Barlow. »Aber Christine Peacock nimmt das alles für bare Münze!«
»Schade, dass ihr Sohn zur Army gegangen ist statt zur Raumfahrt«, sagte Mr Farnham. »Sonst hätte er seine Mum mal in ’ner Rakete mitnehmen können.«
Ich lächelte zurückhaltend über diesen bissigen Witz, dann warf ich Busters Ball in Richtung Tearoom. »Was meinen Sie denn, das Sally Pyne vorhat?«
»Vielleicht will sie aus dem Tearoom eine Saftbar machen«, sagte Mr Farnham. »Sie kennen doch Sally, immer will sie abnehmen. Bisher aber ohne großen Erfolg, wie man sieht.«
»Ich hab gehört, sie will den Tearoom jetzt römisch gestalten«, sagte Mr Barlow, »wegen dem Typ in Scrag End. Sally glaubt, dass die Grabungen Touristen anlocken werden.«
»Größenwahn«, sagte Mr Farnham verächtlich. »In Finch hat’s noch nie Touristen gegeben, und es wird auch in Zukunft keine geben.«
Mr Barlow nickte zustimmend. »Wenn Leute kommen, dann vielleicht um hier zu leben, aber nicht, um Finch zu besichtigen.«
Ich wandte mich an Mr Barlow. »Sind Sie auch hierher gezogen?«
Er nickte. »Ich kam aus Bristol, genau wie Jasper Taxman. Warum fragen Sie?«
»Ach, nur so.« Ich fragte mich inzwischen, ob es überhaupt jemanden gab, der in Finch geboren und aufgewachsen war. Die Buntings waren aus London, Sally Pyne kam aus Plymouth, Mr Barlow und Mr Taxman stammten aus Bristol.
Selbst Peggy Kitchen, die Herrscherin selbst, war aus Birmingham hierher gezogen.
Mr Barlow blickte nachdenklich zum Tearoom hinüber. »Vielleicht will Sally ja nur Peg Kitchen ein bisschen ärgern. Die beiden waren sich noch nie grün. Ist natürlich alles Geschichte, aber man sagt ja, dass die Geschichte die Angewohnheit hat, einen einzuholen.«
Ich sah auf Buster hinunter, der zurückgekommen war, den Gummiball fest im Maul.
»Haben Sally und Peggy sich denn gekannt, ehe sie nach Finch kamen?«
»Nein.« Mr Barlow schüttelte entschieden den Kopf. »Die sind sich erst hier in die Haare geraten. Und wie das noch endet, weiß man nicht.«
Er warf einen Blick über die Schulter zum Warenhaus von Peggy Kitchen. »Haben Sie vor, das Gesuch zu unterschreiben?«
Ich zuckte die Schultern. »Ich weiß noch nicht.
Ich habe gehört, dass der Bischof sich sowieso nicht darum kümmern wird.«
»Der Bischof führt aber nicht den Laden, nicht wahr?«, sagte Mr Farnham. »Wenn Ihre Majestät will, dass wir unterschreiben, dann sollten wir wohl besser unterschreiben, meinen Sie nicht, Mr Barlow?«
Mr Barlow nickte weise, ehe er Buster an die Leine nahm. »Dann werde ich wohl besser auch unterschreiben«, sagte ich, »ehe ich bei Ihrer Majestät in Ungnade falle. Ich komme mit Ihnen, Mr Farnham.«
Ich nahm Mr Farnham beim Arm und beglei-tete ihn zu seinem Laden zurück. Der Gemüse-händler war weit über siebzig und nur Haut und Knochen – wenn er auf dem Kopfsteinpflaster hinfiel, würde
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