Tante Dimity und das verborgene Grab
Ihre Shorts waren mit Flecken übersät und ihre T-Shirts schweißgetränkt. Beim Näherkommen klaubte Simon Fasern und Halme aus seinem Pferde-schwanz und Katrina massierte sich die Oberar-me. Simon begrüßte Rainey, dann ließ er sich erschöpft gegen die Theke sinken, während Katrina sie als Stange benutzte, an der sie sich wie eine Ballerina beugte und streckte.
»Na, haben Sie fleißig gegraben?«, fragte ich.
Simon lachte bitter. »Wir haben noch nicht einmal angefangen. Katrina, Königin der Ama-zonen, hat zehn Tonnen falscher Ausrüstung mitgebracht, also haben wir den ganzen Morgen damit verbracht, alles wieder in den Minibus zu packen.«
»Hör auf zu jammern, Simon.« Katrina, die gerade die Knie gebeugt hatte, streckte sich wieder. »Du wärst nicht so müde, wenn du dich fit halten würdest.«
»Wenn du glaubst, ich mache mit dir heute Abend noch ein Workout, nach allem, was du uns heute Morgen eingebrockt hast, dann hast du dich geirrt.« Simon reckte sich und nahm einen Softdrink vom Regal. »Du bist ein richtiger Fitness-Freak.«
»Dr. Culver erwartet von uns, dass wir gesund und fit sind«, gab Katrina zurück. »Und ich dachte wirklich, dass er die Geräte brauchen würde, die ich mitgebracht habe. Ich weiß nicht, wie wir ohne sie richtige Erdanalysen, Chromatografien und Spektrogramme machen wollen.«
»Das ist doch erst eine vorläufige Untersuchung«, meinte Simon, »es handelt sich schließ-
lich nicht um eine Ausgrabung in Herculaneum.«
Er schraubte den Verschluss von der Flasche und trank durstig und geräuschvoll.
Angeekelt sah Katrina zu, um sich dann eine Flasche Mineralwasser aus dem Regal zu nehmen. »Wir hätten gern einen Kasten davon, wenn Sie einen haben, Mr Taxman.«
»Ich bringe ihn rüber, wenn Mrs Kitchen wieder da ist. Sie brauchen nicht gleich zu bezahlen«, fügte er hinzu und machte eine abwehrende Geste, als Katrina ihm einen Geldschein hinhielt.
»Ich schreibe es ins Anschreibbuch.«
Simon verschluckte sich. »Mrs Kitchen ge-währt uns Kredit?«, fragte er hustend.
»Ihrem Projekt«, berichtigte Mr Taxman.
Katrina runzelte die Stirn. »Warum sollte Mrs Kitchen …«
Simon schob sie sanft zur Tür. »Hör auf zu diskutieren«, murmelte er. »Bis heute Abend, Rainey.«
Katrina wollte noch etwas sagen, aber Simon hatte sie bereits aus dem Laden geschoben, und ihre begonnene Frage blieb unbeantwortet.
Warum sollte Peggy Kitchen ausgerechnet den Leuten Kredit gewähren, die sie so gern los-haben wollte?, vervollständigte ich im Geiste Katrinas Frage. Ich sah Mr Taxman an, der ge-wissenhaft die Käufe der beiden im Kassenbuch verzeichnete. Wenn er wusste, was Peggy im Schilde führte – und ich war überzeugt, dass sie etwas im Schilde führte –, dann würde er es zweifellos für sich behalten. Allmählich begann ich, seine Strategie der Brautwerbung zu verstehen.
Mr Taxman klappte das Buch zu und zog ein Klemmbrett unter der Theke vor. »Das Gesuch«, verkündete er und legte Klemmbrett und Kugelschreiber zwischen Rainey und der Registrierkasse auf die Theke.
Wie erwartet, war auch das Gesuch auf goldgelbes Papier gedruckt. Am Anfang der ersten Seite stand eine Schilderung der Dinge, wie Peggy sie sah – wiederum mit einem Bibelvers versehen, einer Anspielung auf die »bösen Geister unter dem Himmel«, die es zu bekämpfen galt –, gefolgt von der Forderung, der Bischof möge seine ethische, juristische und kirchliche Autorität gel-tend machen und die Kontrolle über das Schulhaus wieder in die Hände der Dorfbewohner legen. Die nummerierten Zeilen unter dem Text waren bereits mit Unterschriften gefüllt, ebenso wie drei Viertel der nächsten Seite.
Meine Augenbrauen gingen in die Höhe, als ich am Anfang der zweiten Seite Emmas hastig hingekritzelten Namen sah. »Rainey«, sagte ich,
»warst du hier, als Mrs Harris heute vorbeikam?«
Mr Taxman mochte den Mund halten können, aber auf Raineys Redseligkeit war Verlass.
»Mrs Harris’ kleine Tochter ist in Frankreich«, sagte sie, »und ihr kleiner Junge ist in Neugui-nea, aber sie sagte, das ist nicht da, wo es die Meerschweinchen gibt, und deshalb hab ich sie gefragt, wenn sie keine Salatblätter für die Meerschweinchen hinschicken muss, was ist dann in ihrem Paket? Und sie sagte, es sind Fotos. Nell hat gesagt, sie soll sie ihrem Bruder schicken.«
Lächelnd nahm ich den Kugelschreiber und wollte gerade meinen Namen auf die Liste setzen, als ich eine Unterschrift entdeckte, die meine
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