Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Fällen wie dem Ihren sind Albträume ganz normal.«
»Wenn diese Viecher erst hier raus sind, werde ich auch keine Albträume haben«, versicherte ich ihm.
»Ich bewundere Ihren Optimismus«, sagte er mürrisch. »Tatsache ist, dass Sie sich zu viel zugemutet haben und auf die eine oder andere Weise dafür büßen werden. Ein Schock kann nicht nur körperliche, sondern auch seelische Auswirkungen haben.«
Ich starrte auf den blutroten Betthimmel und dachte über seine Worte nach. »Könnte ich davon … Halluzinationen haben?«, fragte ich.
»Könnte ich dadurch Dinge sehen und hören, die es gar nicht gibt?«
»Was für Dinge?«
»Kurz ehe ich ohnmächtig wurde, dachte ich, ich hörte …« – ich zögerte, denn es war mir peinlich, ihm die Wahrheit zu sagen –,»… Gelächter. Ich dachte, dass ich ein unheimliches Gelächter hörte und zwei schreckliche, glühende Augen sah.«
Dr. MacEwan sah mich nachdenklich an. »Sie haben zweifellos schon gehört, dass es in Wyrdhurst spukt.«
Ich nickte.
»Das wird die Erklärung sein«, sagte er. »Die Suggestivkraft kann, wenn man erschöpft und anfällig ist, zu allen möglichen seltsamen Sinneswahrnehmungen führen. Sie brauchen aber deshalb keine Angst zu haben, es geht vorbei.«
Dr. MacEwan nahm seine Tasche und ging zur Tür. »Ich sehe morgen Früh noch einmal nach Ihnen. Bis dahin versuchen Sie zu schlafen.«
Als er gegangen war, blickte ich zum Nachttisch, auf dem Reginald saß, kameradschaftlich an den feschen Major Ted gelehnt. Neben ihnen stand ein gerahmtes Foto, das Mrs Hatch aus dem Koffer genommen hatte.
Bills Gesicht grinste mich an, und fast war es, als hörte ich das gurgelnde Lachen der Zwillinge, die in seinen Armen zappelten, und dennoch sah ich sie mit einem merkwürdig distanzierten Gefühl. Ich sagte mir, dass meine Jungen zufrieden und in Sicherheit waren. Sie brauchten nicht vierundzwanzig Stunden am Tag von mir umsorgt zu werden.
Außerdem, überlegte ich, indem ich mich auf den Rücken drehte, war ich nicht nur Ehefrau und Mutter. Ich war eine starke, intelligente Frau von Welt. Mr Garnett, der Automechaniker, mochte sich vor dem Haus auf dem Berg fürchten, aber ich tat es nicht. Wie Dr. MacEwan erklärt hatte, war meine Nervosität nichts weiter als eine Reaktion auf den Stress, der hinter mir lag. Nach einer durchschlafenen Nacht würde alles schon ganz anders aussehen.
Nachdem ich mir auf diese Weise Mut zugesprochen hatte, bedachte ich Major Ted mit einem militärischen Gruß, knipste die Nachttischlampe aus und schloss die Augen. Beruhigt vom Schein des langsam verlöschenden Feuers, schlief ich bald ein.
Als ich aufwachte, war das Feuer aus. Ich konnte nichts sehen. Aber ich konnte die leisen Schritte und das vorsichtige, schwere Atmen hö ren.
In meinem Zimmer war jemand.
9
MEIN HERZ KLOPFTE heftig in meiner Brust.
Ich holte zitternd Luft, hielt die Bettdecke mit beiden Händen fest und rief in die Dunkelheit:
»Wer ist da?«
Hoch über mir erschien ein gespenstisch leuchtendes Gesicht, wie ein Dämon, aufgestiegen aus der Dunkelheit des Styx. Ich bekam eine Gänsehaut, die Haare standen mir zu Berge. Ich keuchte ein paar Mal schwer, dann vergaß ich, dass ich eine Frau von Welt war, und stieß einen markerschütternden Schrei aus.
Augenblicklich wurde es hell im Schlafzimmer.
Nicole stand an meinem Bett und entschuldigte sich. Stammelnd versuchte sie ihre Anwesenheit zu erklären und bat mich flehentlich, mich wieder zu beruhigen. Es dauerte einen Moment, bis ihre Worte zu mir durchdrangen. Ich war völlig aufgelöst.
Als sie mich endlich überredet hatte, unter der Bettdecke hervorzukommen, stellte ich mit Beschämung fest, dass der Dämon niemand anderes war als Mr Hatch, der auf einer Leiter vor dem Kleiderschrank stand. Er hatte den ausgestopften Affen unter dem Arm, in der anderen Hand hielt er eine abgeblendete Taschenlampe.
»Es ist doch nur Hatch«, beruhigte Nicole mich. »Er wollte Jareds Tiere holen.
Dr. MacEwan sagte, dass du allergisch bist, und ich hielt es für das Beste, die Tiere sofort zu entfernen.«
»Sie schliefen ganz fest, als ich heraufkam, Ma’am«, fügte Mr Hatch hinzu. »Ich wollte Sie nicht wecken, deshalb bin ich ganz leise reingekommen. Die Finken und das Frettchen haben ja keine Umstände gemacht, aber den verdammten Affen hab ich mit der Taschenlampe umgeworfen.« Er lehnte das Tier gegen den Schrank. »Bei Ihrem Schrei bin ich fast von der Leiter gefallen.«
»Es tut mir
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