Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Entdeckung des schwarzen Kästchens eher erleichtert als wütend – ich war froh, dass das geheimnisvolle, böse Lachen eine so irdische Ursache hatte. Trotzdem fühlte ich mich auf dieser Treppe nicht wohl.
»Du bist sehr still.« Adam kam näher, und seine Hand berührte meine. »Mein Gott«, murmelte er, »du bist ja eiskalt.«
»Du etwa nicht?«, fragte ich.
»Nein«, erwiderte er. »Ich habe mich schon gefragt, warum du gesagt hattest, wir sollten uns warm anziehen.«
»Dann muss es an Claire liegen.« Ich drehte mich zur Seite, um durch die Spählöcher zu sehen, und wurde von einem leichten Widerwillen geschüttelt, als wäre es Claire, die mit meinen Augen etwas sah, das sie verabscheute.
Adam rieb meine Hand. »Was ist, Lori? Sag etwas.«
»Ich weiß nicht, wer das Kästchen angebracht hat«, sagte ich, »aber ich bin ziemlich sicher, dass Josiah Byrd diese Löcher gebohrt hat. Ich glaube, er hat damit seine Tochter beobachtet.«
»Er muss völlig verrückt gewesen sein«, sagte Adam.
»Das ist durchaus möglich. Vielleicht ist das der Grund, warum Claire dieses Haus hasst.« Ich sah ihn an. »Sie hasst es wirklich, Adam. Darum ist mir so kalt, und deshalb bin ich letztes Mal hier ohnmächtig geworden. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, diese Treppe hinaufzugehen. Aber vielleicht ist sie jetzt stärker und entschlossener. Ich glaube, sie …«
Ich verstummte, und wir sahen nach oben, von wo ein dumpfer Schlag und dann ein Klirren ertönte, und dann hörten wir Nicoles triumphierende Stimme:
»Ich hab’s gewusst!«
18
JAREDS SCHLAFZIMMER ERINNERTE an ein viktorianisches Bordell, dekoriert mit Strau ßenfedern, Lampen mit roten Schirmen und schwülstigen Ölgemälden, auf denen spärlich bekleidete Mädchen und Jünglinge sich lasziv zwischen römischen Ruinen räkelten.
Eine weiße Marmorstatue, die zwei Ringkämpfer darstellte, lag zerbrochen zu Nicoles Füßen. Sie hatte sie von ihrem Sockel gestoßen, als sie ins Zimmer stürmte, aber Nicole schien keinerlei Schuldgefühle zu haben.
Sie stand da, die Lippen zusammengepresst und vor Wut kochend, während Adam und ich uns in dem außergewöhnlich ausgestatteten Zimmer umsahen.
»Kommt.« Nicole drehte sich auf dem Absatz um und drängte uns zur Tür hinaus auf den Treppenabsatz. »Hier finden wir keine Kinderbücher.«
Ich musste ihr zustimmen. Die Sorte Bücher, die wir in Jareds Schlafzimmer entdecken würden, war sicher nicht die Art von Lektüre, die man normalerweise in Kinderzimmern fand.
»Jared hat die Tür zur Treppe von innen mit Tapete verkleidet«, fuhr sie fort, als sie die Tür hinter sich zuknallte.
»Ich kann mir nicht vorstellen, warum er das gemacht hat. Ich habe ja sein Schlafzimmer kaum betreten, seit wir in Wyrdhurst sind.«
»Es hat vielleicht etwas mit seinem Wunsch nach Privatsphäre zu tun«, war meine unbeholfene Erklärung.
»Nun, von jetzt an wird er allerdings mehr Privatsphäre haben, als ihm lieb ist.« Nicoles Augen funkelten so gefährlich, dass mir ihr Mann fast leid tat.
Von diesem Treppenabsatz führte eine schmale Wendeltreppe weiter nach oben. Sie war so steil, und ihre Stufen waren so schmal, dass ich mir vorkam wie auf einer Leiter. Nicole und ich schnauften bald, aber Adam schien das Klettern nicht anzustrengen. Ich dachte an seinen athletischen Körperbau und daran, wie wenig Mühe es ihm gemacht hatte, Reginald aus dem Autowrack zu retten.
»Ich glaube, wir sind im Westturm«, keuchte Nicole. »Er wird als Speicher benutzt. Ich bin gespannt, ob Miss Malsons Bücher – Moment mal … ich glaube, wir sind oben.«
Adam und ich standen dicht hintereinander, als im Schein von Nicoles Taschenlampe ein zweiter Treppenabsatz und eine schwere Holztür mit gotischem Spitzbogen sichtbar wurden.
»Wenn die jetzt verschlossen ist, kriege ich einen Schreikrampf«, sagte Nicole.
»Sie ist nicht verschlossen«, sagte ich leise zu mir selbst. »Jedenfalls nicht mehr.« Bei diesen Worten wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr zitterte. Die Eiseskälte, die ich bisher gespürt hatte, war verschwunden, zusammen mit dem merkwürdigen Gefühl von Schmetterlingsflügeln.
Claire war weg. Es schien, als hätte sie mich an eine Schwelle geführt, über die sie selbst nicht treten wollte. Sie hatte die Tür aufgeschlossen, aber sie brauchte mich, um den letzten Schritt zu tun.
Ich drängte mich an Nicole vorbei, stemmte mich mit der Schulter gegen die Tür, aber ohne Erfolg. Adam kam mir zu Hilfe, und
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