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Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Titel: Tante Dimity und der Kreis des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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keine Spur. Die Truhe enthielt nichts weiter als ein Nähkörbchen, der Wasserkrug nichts als Staub, und im Kamin fand sich nichts außer Spinnweben.
    Mit einem enttäuschten Seufzer ließ Nicole sich auf die Truhe sinken, Adam setzte sich auf den Bettrand und stützte den Kopf in die Hände.
    Ich stand am Tisch und starrte auf die Bücher von Edith Ann Malson. Ich wusste, dass Claire sich darauf verließ, dass ich ihr Versteck fand.
    »Wie schade.« Nicole wischte die Spinnweben von ihrem Samtkittel. »Wir müssen Edwards Hinweis falsch verstanden haben.«

    »Oder jemand hat die Briefe schon vor uns gefunden«, murmelte Adam.
    »Nein«, sagte ich. »Sie hatte Angst, dass jemand die Briefe finden würde. Darum hat sie sie versteckt.« Ich sah Nicole von der Seite an. »Was ist in dem Nähkorb?«
    »Das Übliche.« Sie nahm den Korb aus der Truhe und hob den Deckel ab. »Nadeln, Röllchen mit Nähseide, Fingerhüte, eine Schere …
    Der Korb ist nicht einmal mit Stoff gefüttert.
    Wenn er es wäre, dann hätte Claire die Briefe in das …«
    »Das ist’s!« Ich schnippte mit den Fingern.
    »Adam, steh mal auf.« Mit zwei Sätzen war ich am Bett, stellte die Matratze auf und fuhr mit den Fingern am Saum entlang, bis ich eine Unregelmäßigkeit in der Naht entdeckte. »Nicole«, sagte ich, »gib mir mal die Schere.«
    Die winzige Stickschere war scharf genug, um die Naht von einem Ende zum anderen aufzutrennen. Ich fuhr mit der Hand in die Matratze und hielt den Atem an, als meine Fingerspitzen Papier berührten. Ich sah erst Nicole, dann Adam an, dann lachte ich vor Erleichterung laut auf.
    »Hier sind sie«, jubelte ich. »Wir haben sie gefunden!«

19
    WIR SASSEN DIE ganze Nacht in der Bibliothek, unterstützt durch eine endlose Folge von Kannen mit frischem Tee und Tellern mit Claires Spitzen . Zuerst brachten wir die Briefe in die richtige chronologische Reihenfolge, dann lasen wir sie, einen nach dem anderen, laut vor.
    Nicole und ich saßen auf dem Sofa, Adam in dem Sessel vor dem Kamin. Zwischen uns, auf einem niedrigen Tisch, lagen die Briefe, einhundertvierundvierzig zerknitterte, brüchige Bogen, beinahe eine Seite für jede Woche, die Edward Frederick Cresswell seinem König und Vaterland im Ersten Weltkrieg gedient hatte.
    Wir hatten das Vorlesen bald ganz und gar Adam überlassen, einerseits weil er die Sprache und die Ereignisse des Krieges verstand und sie uns erklären konnte, aber auch, weil es uns richtiger schien, dass die Briefe, die von einem Mann geschrieben worden waren, auch von einem Mann gelesen wurden. Seine Gefühle standen ihm ins Gesicht geschrieben, während er die undeutlichen Bleistiftzeilen entzifferte, so als sähe und fühlte er das, was Edward gesehen und gefühlt hatte, so als würde er neben ihm im zähen Schlamm hocken, während die Geschosse über ihn wegpfiffen; als könnte er den Gestank des Todes riechen, den der laue Sommerwind ihm zutrug, und als müsste er zusehen, wie seine Freunde zu blutigen Fetzen zerrissen wurden.
    Einer der frühen Briefe, im Oktober 1914 im Ausbildungslager geschrieben, lieferte uns die Erklärung, warum Edward sich entschlossen hatte, Claire zu verlassen.

    Ich weiß , du hältst nichts von meinem Entschluss , mich freiwillig zu melden , aber ich weiß keinen anderen Weg , mir die Anerkennung deines Vaters zu verschaffen . Ich besitze weder den Titel noch das Vermögen , das er sich so sehnlich für dich wünscht , aber ich verfüge über Kraft und Mut und über die Entschlossenheit , beides einzusetzen . Das Schicksal hat mir eine Chance gegeben , mich deiner würdig zu erweisen . Oxford kann warten .
    Meine Liebe zu dir kann nicht warten .
    Manche Männer haben sich für Gott und England in dieses große Abenteuer gestürzt .
    Ich tue es allein für dich . Wenn ich als Held zurückkomme , muss dein Vater uns seinen Segen geben .

    Meine größte Sorge ist , dass ich den Feuerzauber verpassen könnte , ehe er richtig losgeht . Man sagt , bis Weihnachten ist alles vorbei …

    Der Krieg war bis Weihnachten nicht vorbei.
    Edward wurde am 3. April 1915 nach Frankreich geschickt und stand zehn Tage später an der Front. Ein mit Schlamm bespritztes Blatt mit der Überschrift »Im Schützengraben – Flandern«
    beantwortete weitere Fragen, einschließlich einer, auf die wir bisher nicht gekommen waren.

    Entschuldige dieses schreckliche Gekritzel , aber wenn du meinen Schreibtisch sehen könntest , würdest du es verstehen . Er besteht aus einem

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