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Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Titel: Tante Dimity und der skrupellose Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Madam, zwei Türen entfernt vom Salon.« Giddings verbeugte sich. »Ich begleite Sie dorthin, wenn Sie es wünschen.«
    »Danke, nein«, erwiderte ich. »Ich bin sicher, Sie haben Wichtigeres zu tun.«

    »Wie Sie wünschen, Madam.« Giddings nahm das Päckchen wieder an sich und verließ damit den Raum.
    Ich wartete fünf Minuten und überzeugte mich davon, dass die Luft rein war. Dann eilte ich durch die Eingangshalle und dankte auf dem Weg Tante Dimity für ihre Bekleidungstipps: Sie hatte mir zu Schuhen mit weichen Sohlen geraten, die auf dem Marmorboden nicht hallten.
    Um genau neun Uhr öffnete ich die Tür zur Bibliothek und betrat einen riesigen, rechteckigen Raum mit einer gewölbten Decke. Die nach Westen gehenden Fenster waren von dunkelgrünen Samtvorhängen bedeckt, die die in Leder gebundenen Bände vor den Auswirkungen der Nachmittagssonne schützen sollten. Die Wände waren mit blattgrüner moirierter Seide bedeckt, auf dem Parkettboden lagen zwei riesige türkische Teppiche. Die Regale aus Mahagoni standen auf kunstvoll verzierten Sockeln und waren mit diamantgeschliffenen Glastüren versehen.
    Eine ganze Reihe von Lesestühlen, Bibliothekstischen, Buchvitrinen und Kartentaschen waren so arrangiert worden, dass mehrere Lernbegierige ihren Beschäftigungen nachgehen konnten, ohne einander zu stören.
    Ich hatte erwartet, Simon im hinteren Teil der Bibliothek anzutreffen, aber der Mann, der an dem Tisch in der letzten Nische saß, schien mindestens so überrascht über mein Auftauchen wie ich über seine Anwesenheit. »Wer sind Sie?«, platzte er heraus.
    Es handelte sich um einen jüngeren Mann mit asiatischen Zügen, einem ungekämmten Mopp pechschwarzen Haares und einer Brille, die seit mindestens zwanzig Jahren aus der Mode war.
    Er trug verwaschene Bluejeans, und sein weißes Hemd war zwar sauber, schien aber noch nie mit einem Bügeleisen in Berührung gekommen zu sein. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht zur Familie gehörte.
    »Ich bin Lori Shepherd, eine von Lord Elstyns Gästen«, antwortete ich. »Wer sind Sie?«
    Der junge Mann schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. Er war so groß wie Simon, aber dünn wie ein Strich, und er beugte seine Schultern vor, so als sei ihm seine Größe peinlich.
    »Ich, äh, bin Jim Huang.« Sein Blick wanderte nervös von mir zur Tür, als würde er bereits über einen Fluchtweg nachdenken.
    Ich schaute auf den Tisch. Eine Kiste mit Manuskripten und eine kleine Leselampe standen neben einem Laptop. Dazwischen lagen ein Vergrößerungsglas und ein ordentlich aufgehäufter Stapel von Blättern, bei denen es sich um Briefe zu handeln schien. Aber keine von der Sorte, die Simon erhalten hatte. Diese Blätter waren mit einer femininen Schrift auf flaumigem Briefpapier geschrieben.
    »Nett, Sie kennen zu lernen, Jim«, sagte ich, um dem jungen Mann die Scheu zu nehmen. »Sie klingen, als kämen Sie aus den Staaten.«
    »Ich komme aus Kalamazoo, Michigan«, bestätigte er.
    »Chicago«, sagte ich fröhlich und zeigte auf mich. »Wir sind also praktisch Nachbarn. Was machen Sie so weit weg von zu Hause?«
    »Ich bin Archivar.« Jim schaltete die Leselampe aus, sammelte die Briefe zusammen und legte sie wieder in die Manuskriptbox. »Lord Elstyn hat mich angestellt, um einige Familienpapiere durchzugehen.«
    »Ich wollte Sie nicht verjagen«, sagte ich.
    »Es ist schon okay«, meinte er und schloss den Laptop. »Ich wollte sowieso eine Pause machen.«
    Jims nervöse Art und die Eile, mit der er seine Sachen zusammenpackte, ließen mich vermuten, dass auch er an einem von Lord Elstyns höchst vertraulichen Projekten arbeitete. Es interessierte mich nicht, womit er beschäftigt war, aber vielleicht konnte ich etwas anderes aus ihm herausbekommen.
    »Sind Sie schon lange hier?«, fragte ich.
    »Seit zehn Tagen.«
    Ich schaute mich um. »Das hier ist ein herrlicher Raum zum Arbeiten. Aber laufen hier nicht dauernd Leute raus und rein?«
    »Sie sind die Erste, außer dem Earl.« Jim schob seine übergroße Brille hoch und ließ seinen Blick durch die Bibliothek schweifen. »Was wirklich überraschend ist, weil diese Sammlung ganz außerordentlich ist.«
    Der Enthusiasmus in seiner Stimme kam mir vertraut vor. Ich hatte ihn oft vernommen, als ich in der Bibliothek meiner Alma Mater gearbeitet hatte. Wenn ich mich nicht sehr irrte, war Jim Huang der geborene Bücherliebhaber. Ich hatte das Gefühl, als habe er mir ein Geschenk überreicht.
    »Aha, die Sammlung ist

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