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Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Titel: Tante Dimity und der skrupellose Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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beabsichtigte er tatsächlich, genau das zu machen.
    »Wenn Sie frischen Tee oder Kaffee möchten …«
    »Danke, nicht nötig.« Ich betrachtete das Silbergeschirr, das sich auf der Anrichte stapelte.
    »Ihr Onkel muss eine ganze Schiffsladung von Galeerensklaven in der Küche haben.«
    Oliver zuckte zaghaft mit den Schultern. »Das Stammpersonal ist nicht so zahlreich, wie Sie vielleicht denken. Wenn er Gäste hat, stellt Onkel Edwin zusätzliche Kräfte ein.«
    Es schien fast, als müsse er sich für den aristokratischen Haushalt seines Onkels entschuldigen.
    Ich fragte mich, ob er Dereks Meinung bezüglich eines verschwenderischen Lebensstils teilte.
    Ich belud meinen Teller mit Räucherhering, Rührei, gegrillten Tomaten und Kedgeree und setzte mich gegenüber von Oliver an den Tisch.
    Es war die perfekte Gelegenheit, ihn zu fragen, ob er auch einen Drohbrief erhalten hatte, aber ich wusste nicht, wie ich die Sache angehen sollte. Schließlich kam das Thema in der alltäglichen Unterhaltung eher selten vor.
    »Und, amüsieren Sie sich beim Familientreffen?«, begann ich.
    »Eher nicht.« Oliver zuckte mit den Schultern.
    »Ich verwalte das Portfolio meines Onkels. Ich fühle mich mit Papierkram weitaus wohler als unter Menschen.«
    »Auch wenn es die eigene Familie ist?«
    »Gerade, wenn es die eigene Familie ist«, murmelte er.
    Ich hielt meine Gabel mit Kedgeree hoch.
    »Sind Sie alle miteinander angereist?«
    Er sah mich an, als hätte ich ihn gebeten, mit den Räucherheringen zu jonglieren.
    »Wir reisen nie zusammen an«, betonte er.
    »Ich treffe gerne etwas früher ein, Claudia kommt immer zu spät, und Simon und Gina bestehen auf absolute Pünktlichkeit.«
    »Sie waren also auch dieses Mal als Erster hier?«, lockte ich ihn und legte mir den Zeitplan zurecht.
    »Ja«, antwortete er. »Nur Nell ist noch vor mir eingetroffen. Ich glaube, sie ist bereits vor zwei Tagen aus Paris gekommen. Onkel Edwin hat einen Chauffeur nach Heathrow geschickt, um sie abzuholen.«
    Während Oliver in seinem Rührei herumstocherte, überlegte ich. Wenn die Ehrenwerte Nell Harris – Dereks geliebte Tochter und Lord Elstyns Augapfel – schon seit zwei Tagen auf Hailesham weilte, hatte sie genügend Zeit gehabt, den Drohbrief zu entwerfen und ihn in Simons Zimmer zu platzieren. Sie hätte auch die Turteltaube in Brand stecken können.
    Ich dachte daran, wie Nell die große Treppe hinuntergekommen war, als wir durch die Eingangshalle zum Speisesaal gingen. Sie war als Letzte zum Dinner erschienen. Hatte sie sich, wie sie behauptet hatte, um ihren pyrophoben Teddy gekümmert? Oder hatte sie sich den Gestank nach Benzin von den Händen und aus den Kleidern geschrubbt?
    Ich dachte auch an den seltsamen Blick, mit dem sie Simon bedacht hatte, als Lord Elstyn den Brand als Unfall abgetan hatte.
    Im Nachhinein konnte man meinen, sie habe Simons Reaktion überprüfen wollen, um zu sehen, ob er eine Verbindung zwischen dem Feuer und dem anonymen Brief herstellte.

    Versuchte die zarte, kluge Nell etwa, die Interessen ihres Vaters zu schützen, indem sie Simon
    – den Liebling des Earls – aus dem Haus trieb?
    Oder versuchte Oliver den Verdacht auf einen anderen außer sich selbst zu lenken?
    Nachdenklich betrachtete ich den Mann, der vor mir saß. Hinter seiner unscheinbaren Fassade mochte ein Vulkan aus Eifersucht und Abneigung brodeln. Vielleicht beneidete er Simon um sein gutes Aussehen, um seine umgängliche Art –
    und vielleicht sogar um seine Ehefrau.
    »Sind Sie verheiratet, Oliver?«, fragte ich.
    Oliver lief an wie Rote Bete und duckte seinen Kopf, weil in diesem Augenblick Giddings den Raum betrat, um frischen Toast zu servieren. Er stellte den Toasthalter an meiner Seite ab, inspizierte die Servierteller auf der Anrichte und verschwand wieder.
    »Ach wissen Sie, Oliver«, sagte ich nach einer Weile. »Nicht jeder muss heiraten.«
    »In meiner Familie schon.« Eine gewisse Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit. »Ich hatte einfach nicht das Glück, jemanden zu finden, der so … geeignet ist wie … Gina.«
    Ich fand seine Reaktion sehr erhellend. Es schien, als stünde Oliver unter dem gleichen Druck, dem auch Derek als junger Mann ausgesetzt war. Wie von Derek wurde auch von ihm erwartet, standesgemäß zu heiraten – die Pflicht vor die Liebe zu stellen. Derek war stark genug gewesen, sich den Forderungen des Earls zu widersetzen, aber Oliver schien nicht aus diesem Holz geschnitzt.
    »Ich bin nicht sicher, ob es

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