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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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…« – sie blieb kurz stehen, um den Henkel des schweren Gefäßes, der ihr zu entgleiten drohte, fester zu fassen – »… werden nach heute Abend womöglich einen Chiropraktiker brauchen. Jetzt noch mal … hau ruck!«
    Als wir den Kessel endlich auf den Tisch gewuchtet hatten, schloss sie ihn an die Steckdose an und besah sich noch einmal ihr Werk. Es dauerte nicht lange, bis ihr Blick auf mich fiel.
    »Was für ein … interessantes Kostüm«, ächzte sie in einem kläglich gescheiterten Versuch, sich ihr Entsetzen nicht anmerken zu lassen. »Das sieht irgendwie so … selbst genäht aus.«
    Verlegen schaute ich an mir herunter. Den formlosen grauen Umhang und die schlabbrige Hose hatte ich eigens ausgesucht, um Nicholas zuliebe so geschlechtsneutral wie nur möglich zu wirken, doch Lilians gequälte Miene verriet mir, dass ich damit vielleicht ein bisschen übertrieben hatte.
    »Es ist bequem«, rechtfertigte ich mich lahm.
    »Komfort ist schon wichtig«, bestätigte Lilian mit einem zufriedenen Blick auf ihre eigene elegant geschnittene Kombination.

    Dann bat mich Lilian, eine Schachtel mit Notizblöcken und Stiften aus dem angrenzenden kleinen Büro zu holen und die Utensilien auf die Stühle zu verteilen. Während ich lostrabte, beglückwünschte ich mich zu meiner subtilen Methode, mich nach Nicholas zu erkundigen. Hinsichtlich seiner Gesundheit war ich nicht ganz so locker wie seine Tante, aber ein kleines bisschen beruhigte es mich doch, dass er den Arzttermin nicht vorgeschoben hatte, um Abstand von mir zu gewinnen.
    Ich hatte gerade meine Runde mit den Blöcken und Stiften um die Stühle gemacht, als die Kirchenglocke sieben Uhr schlug. Mit dem dritten Schlag kündigte Getrappel in der Garderobe die Ankunft der Überpünktlichen unter den Komiteemitgliedern an.
    »Was in Gottes Namen trägst du denn da, Lori?« Peggy Taxman kam majestätisch mit dem gehorsam hinterhertrottenden Jasper in den Saal geschwebt. »Du bist doch nicht wieder schwanger, oder?«
    Ich lief dunkelrot an. »Nein, Peggy, ich …«
    »Du hast so eine tolle Figur«, unterbrach mich Sally Pyne, die nach Jasper eingetreten war. Die rundliche kleine Frau trug einen pfirsichfarbenen Hosenanzug und hatte einen Plastikbehälter voller mit Marmelade gefüllter Doughnuts dabei, den sie stolz auf dem Tisch für die Erfrischungen platzierte. »Wenn ich deine Formen hätte, würde ich sie nicht in einem grauen Sack verstecken.«
    »Gestern auf dem Dorfplatz hatte sie keinen Sack an«, mischte sich Dick Peacock ein, der kurz in der Tür stehen blieb, um seine schwarze Brokatweste glatt zu streichen, die er über einem grünen Hemd trug, und dann geradewegs auf Sallys Doughnuts zuzusteuern.
    Seine Frau, heute mit Cordhose und einem gestrickten Fischerpullover bekleidet, folgte seinem Beispiel und schaffte es gerade noch, den ersten Bissen so lange hinauszuzögern, um auch eine Bemerkung loszuwerden: »Gestern hatte sie einen braunen Baumwollblazer an, Dick, und der war ungefähr genauso verführerisch wie der Sack.«
    »Ist doch egal«, brummte ihr Mann ungerührt. »Sie sah sehr hübsch aus, als sie Nicholas geküsst hat.«
    Lilian Bunting fuhr schockiert zu mir herum.
    »Also wirklich, Dick«, begann ich, doch schon eilte mir Christine Peacock zu Hilfe. »Das war ja wohl kaum ein Kuss«, wies sie ihren Mann streng zurecht. »Eher ein Küsschen, wie man es einem Cousin gibt.«

    »Zu schade nur, dass sie nicht seine Cousine ist«, erwiderte Dick und zog die Brauen hoch.
    »Er ist ein guter Freund, Lori, hm?«, meinte Sally Pyne augenzwinkernd, während sie sich einen Weg zum Wasserkessel bahnte. »Ein sehr guter Freund.«
    Ich wusste nicht mehr, wo ich hinschauen sollte. Dass die Leute über mich klatschen würden, war mir klar gewesen, aber dass sie in meiner Gegenwart eine öffentliche Debatte über mich führen würden, hatte ich wirklich nicht erwartet.
    Von der Garderobe her mischte sich Mirandas kehliges Lachen in das Stimmengewirr. An ihren Fingern glitzerten silberne Ringe, und ihr flie ßender lila Umhang war über und über mit obskuren Zeichen aus schwarzer Seide bestickt. Sie strahlte mich an. »Löst du etwa einen Skandal im Dorf aus, Lori? Ich dachte, das wäre unsere Aufgabe. Komm schon, George.«
    Wenn Mirandas unverblümte Art George Wetherhead in Verlegenheit gestürzt hatte, ließ er sich zumindest nichts anmerken. Hoch erhobenen Hauptes schritt er in den Saal, als wollte er seine Nachbarn dazu herausfordern, ihm ins

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