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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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noch weiter mit einem Mann abfinden konnte, der sich nicht um mich kümmerte.
    Pauls Stimme kam über die Gegensprechanlage.
    »Die landschaftlich schöne Route, Madam, oder die direkte?«
    Ich blickte durch die getönten Scheiben und stellte fest, dass wir die M25 erreicht hatten, die große Umgehungsstraße von London; ich musste mich jetzt entscheiden, welchen Weg wir nehmen sollten. »Die direkte«, antwortete ich. »Wie lange fahren wir etwa bis Cloverly House?«
    »Etwa zwei Stunden, wenn bloß keine Straßenbauarbeiten dazwischenkommen«, erwiderte Paul.

    Ich sah auf die Uhr. »Hoffentlich erreichen wir es noch, ehe es schließt.«
    »Was macht das schon, solange wir nur William finden?«, erwiderte Nell.
    »Ach, wir werden William sicher nicht finden«, sagte ich, indem ich mich in die weichen Lederpolster lehnte. »Du wirst schon sehen. Bis wir dort sind, ist er wieder weg, und wir dürfen der nächsten Tagebuchseite nachjagen. Ob sie uns überhaupt hereinlassen werden, um Onkel Williston zu besuchen?« Ich gähnte laut. Ich hatte erwartet, dass ich nach dem Essen munterer sein würde, aber es hatte den gegenteiligen Effekt. Vielleicht war es auch nur die Niedergeschlagenheit, die mich überkam, wenn ich an meine Ehe dachte. Was es auch war, ich konnte kaum die Augen offen halten.
    Nell zog eine Schottendecke unter dem Sitz hervor, schüttelte sie und breitete sie über meinem Schoß aus. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie beruhigend. »Mir wird schon etwas einfallen, wie wir Onkel Williston besuchen können.«
    »Okay«, sagte ich müde, »solange es im legalen Bereich bleibt …«

17
    LEIDER BLIEB PAULS frommer Wunsch unerfüllt  – »wenn es bloß keine Straßenarbeiten gibt« vernimmt man jedes Jahr im August von den englischen Autofahrern, jedoch meist vergeblich – und wir mussten an kilometerlangen Straßenabsperrungen vorbeikriechen, ehe wir Cloverly House erreichten. Mit einem Weitblick, der bemerkenswert ist für ein Volk, das eine so lange Geschichte hat und es eigentlich besser wissen müsste, reißen die Engländer jedes Jahr ausgerechnet in dem Monat ihre Straßen auf, in dem die meisten von ihnen sich in die Ferien aufmachen, und dieser August war keine Ausnahme. Mein Nickerchen wurde immer wieder unterbrochen, und mit vielen Verzögerungen kamen wir genau eine Stunde nach Toresschluss in Cloverly House an.
    »Verdammter Mist«, schimpfte ich, als Paul den Wagen wendete und zur Straße zurückfuhr.
    »Aber Madam«, mahnte Paul, »was würde Mr Willis sagen, wenn er Sie so reden hörte?«
    »Wenn er hier wäre, müsste ich nicht so reden«, knurrte ich und schob die karierte Decke beiseite, um meine Tweedjacke auszuziehen. Obwohl die Klimaanlage für eine kühle Brise sorgte, war mir unerträglich warm. »Ich finde es sehr ärgerlich, dass wir jetzt praktisch einen ganzen Abend völlig ergebnislos verschwenden. Wissen Sie, ob es hier ein Hotel gibt?«
    »Lady Eleanor hat sich darum gekümmert, Madam«, sagte Paul.
    Nell deutete auf das Handy. »Ich habe ein paar Anrufe gemacht, während du geschlafen hast, und ein Nachtquartier für uns gefunden. Es ist nicht weit. Ich habe Mama von der Kaufurkunde und von Julia Louise und Sir Williston erzählt. Und sie lässt dir sagen, dass sie die Aktenschränke zu den anderen Sachen in den Schuppen gestellt hat.«
    »Aktenschränke?«, fragte ich.
    Nell nickte. »Zwei. In Schwarz. Abschließbar und mit jeweils vier Schubladen.«
    Wenn Nell im Stande war, ein Hotelzimmer zu reservieren, die Fehde der Familie Willis zu diskutieren und sich eine detaillierte Beschreibung der neuesten Anschaffung von Willis senior geben zu lassen, dann hatte ich wohl fester geschlafen, als ich dachte. Das war seltsam, denn ich war noch immer müde und meine Beine taten etwas weh.
    Meinem Magen ging es auch nicht besonders. Ich hatte nie Schwierigkeiten mit langen Autofahrten gehabt, aber allmählich überkam mich das Gefühl, dass es vielleicht nicht klug gewesen war, Kressesandwiches, Törtchen, zwei Blutwürstchen und eine Tüte fettiger …
    »Paul«, sagte ich dringlich, »halten Sie an.«
    Ich hatte die grünen Hecken Englands immer bewundert, teils wegen ihrer Schönheit, aber auch, weil sie Schutz für kleine Vögel und wilde Tiere boten. Jetzt war ich selbst dankbar für ihren Schutz. Es war ein großer Fehler gewesen, die Blutwürstchen zu essen, und als ich dafür gebüßt hatte, war ich schlaff wie eine Stoffpuppe. Paul half mir ins Auto zurück, wo Nell ein

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