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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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mit Mineralwasser getränktes Taschentuch auf meine Stirn legte und nochmals versicherte, dass das Haus, in dem wir übernachten würden, nicht weit von Cloverly House war.
    Genau genommen war es gleich nebenan. Mit trüben Augen sah ich hinaus, als wir die lange Zufahrtsstraße entlangfuhren, an einem See vorbei und durch einen kleinen Park bis zu einem hübschen symmetrischen Haus aus rotem Backstein im georgianischen Stil, das entweder eine große Pension oder ein kleines Hotel war. Mir war es egal.
    Die Haustür wurde geöffnet, noch ehe Paul den Wagen völlig zum Stehen gebracht hatte, und zwei schwarz gekleidete Männer kamen eilig herbei, um die Autotüren für Nell und mich zu öffnen und mit Paul über das Gepäck zu sprechen.
    Ein dritter Mann war auf der Schwelle stehen geblieben. Er war groß, schlank und sah distinguiert aus, mit einer stattlichen weißen Haarmähne, die er über dem sympathischen, faltigen Gesicht nach hinten gekämmt hatte. Er trug ein elegantes marineblaues Sportjackett, dazu ein hellblaues Hemd, eine graue Hose und eine Ascotmütze. Ich hatte eigentlich nie geglaubt, dass es außer im Film Menschen gab, die tatsächlich so eine Kopfbedeckung trugen, aber dieser Mann sah aus, als sei er bereits damit auf die Welt gekommen. Na toll, dachte ich, indem ich mir eine Strähne aus der feuchten Stirn strich, wir wohnen bei einem ExPremierminister.
    »Sir Poppet«, sagte Nell, indem sie den Mann an der Tür mit einem anmutigen Kopfnicken bedachte.
    »Lady Nell, wie schön, Sie zu sehen.« Sir Poppet machte eine Verbeugung in Nells Richtung und begrüßte mich mit einem freundlichen Lächeln.
    »Und Sie müssen Miss Shepherd sein. Sehr erfreut.
    Kenmare Poulteney, zu Ihren Diensten.« Er streckte die Hand aus und wollte meine nehmen, doch dann sah er mich aufmerksam an. »Oh … kommen Sie, Miss Shepherd, nehmen Sie meinen Arm. Es geht Ihnen offenbar nicht gut.«

    Es gibt Situationen, wo einem Mobiliar, Bilder, Teppiche und Tapeten völlig egal sind, und dieser Abend gehörte dazu. Ich hätte mich im Taj Mahal oder in einer Bretterhütte im australischen Busch befinden können, ich hätte es nicht gemerkt. Und wenn Bill plötzlich wie durch Zauberhand an meinem Bett aufgetaucht wäre, hätte ich ihm gesagt, er könne in den Little Moose Lake springen, dort, wo er am tiefsten ist.
    Sir Poppet übergab mich seiner Haushälterin Mrs Chumley, die mich nach oben brachte, ein Bad einlaufen ließ und mich mit trockenem Toast und Tee versorgte. Noch ehe die Sonne untergegangen war, lag ich im Bett. Ich schlief sofort ein und wachte erst am nächsten Morgen um sieben Uhr auf, als der trockene Toast und der Tee wieder ans Tageslicht kamen. Nahrungsmittelvergiftung, sagte ich mir und schwor, nie mehr etwas von einem Verkaufsstand an der Straße zu essen.
    Als ich jedoch geduscht und meine Jeans und den Baumwollpulli angezogen hatte, fühlte ich mich etwas besser, und als Mrs Chumley wieder mit trockenem Toast erschien, mochte ich ihn wenigstens versuchen. Danach begleitete die Haushälterin mich auf eine Terrasse hinter dem Haus, wo Sir Poppet, Reginald und Bertie es sich auf Gartenliegen aus Bambusrohr bequem gemacht hatten und die Morgenluft genossen. Sir Poppet trug einen eleganten grauen Dreiteiler, der ausgezeichnet zu seinem silbrigen Haar passte. Bertie hatte einen Tweedblazer mit Fischgrätmuster an, wie geschaffen für ein Wochenende im Landhaus. Reginald trug sein gewohntes rosa Flanell.
    Die Aussicht war herrlich, aber auf eine eher zurückhaltende Art, die typisch für die Landschaft Kents ist. Das Haus von Sir Poppet stand auf einer Anhöhe, von der man weite goldene Hopfenfelder und sauber angelegte Obstplantagen überblickte. In der Ferne sah man eine Gruppe ockerfarbener Bauernhöfe, eine weiße Windmühle und ein Oasthouse  – ein Trockenhaus – mit seinem charakteristischen kegelförmigen Dach. In diesen Trockenhäusern wurde einst Hopfen getrocknet und gelagert, aber viele von ihnen waren jetzt zu schicken, teuer ausgestatteten Wohnhäusern für so einfache Landbewohner wie Sir Poppet geworden, die jedes Jahr ein paar hunderttausend Pfund verdienen mussten, um sich eine derartige Aussicht leisten zu können.
    »Ah, Miss Shepherd«, sagte Sir Poppet und stand auf. »Sie sehen heute Morgen viel besser aus.
    Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?«
    »Wie ein Murmeltier«, sagte ich. »Es tut mir Leid wegen gestern Abend. Vermutlich eine kleine Fleischvergiftung.«

    »Aber Lady Nell

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