Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
gegeben worden, dass die endgültige Entscheidung bei ihrem Bruder liegt.
    Haben Sie schon irgendwas über ihn in Erfahrung gebracht?«

    »Nein«, sagte ich. »Sie?«
    »Ich habe natürlich mit Mrs Formby, Ms Carrington-Smith und Mrs Chalmers gesprochen«, sagte der Kirchenrektor. »Keiner war bekannt, dass Miss Beacham einen Bruder hatte. Wenn Sie wollen, werde ich diese Angelegenheit weiterverfolgen.«
    »Da wäre ich Ihnen sehr dankbar«, erwiderte ich und gab ihm meine Telefonnummer.
    »Sobald ich etwas erfahre, lasse ich es Sie wissen.« Er sah auf die Uhr. »Bitte verzeihen Sie, aber ich muss vor dem Abendgottesdienst ins Pfarrhaus zurück und mich um Mrs Formby kümmern. Die Verschiebung des Gedenkgottesdienstes für Miss Beacham auf einen unbestimmten Zeitpunkt hat sie fast genauso erschüttert wie die Nachricht von ihrem Tod. Ich glaube nicht, dass man sie allzu lange allein lassen sollte.«
    Ich stand auf. »Danke, dass Sie uns empfangen haben, Father. Fühlen Sie sich frei, mich jederzeit anzurufen.«
    Father Musgrove begleitete uns noch zum Portal, ehe er ins Pfarrhaus zurückkehrte. Gabriel starrte ihm nach, bis er um die Ecke verschwunden war, dann setzten wir uns schweigend in Bewegung.
    Beim Tor zum Kirchhof brach er plötzlich die Stille. »Ich glaube, sie hätte ihren Freunden einen Gefallen getan, wenn sie ihnen die Chance gegeben hätte, sich bei ihr zu bedanken und Abschied zu nehmen.«
    Nachdem ich Mr Mehtas Tränen gesehen hatte, konnte ich ihm da nicht widersprechen. »Beim Gedenkgottesdienst werden sie aber zu beidem Gelegenheit haben«, meinte ich.
    »Wenn er je stattfindet.« Unvermittelt rüttelte Gabriel am gusseisernen Zaun, als wolle er seine Frustration daran auslassen. »Herrgott noch mal!
    Warum war diese Frau bei sich selbst so zugeknöpft? Wie konnte sie so viel über so viele andere wissen, aber über ihr eigenes Leben so wenig preisgeben? Mehta, Formby, Carrington-Smith, Chalmers – vier Namen auf unserer Liste können wir abhaken, aber davon, diesen Kenneth aufzuspüren, sind wir so weit entfernt wie am Anfang.«
    »Ich fürchte, heute werden wir auch nicht mehr weiterkommen«, seufzte ich. »Ich muss heim und das Abendessen auf den Tisch zaubern. Sie können gerne mit uns essen.«
    »Mit Ihnen, Ihrem Mann, Ihren beiden Söhnen und dem Kindermädchen?« Gabriel schüttelte sich.
    »Nein, danke. Ihr Angebot ist nett, Lori, aber im Moment ist Stanley alles, was ich an Familienleben vertrage.«

    Die schreckliche Frau konnte ich mir allmählich ziemlich lebhaft vorstellen. Sie musste wirklich abscheulich gewesen sein, wenn Gabriel schon bei so etwas Harmlosem wie einem Familienessen in helle Panik geriet.
    »Wollen wir uns morgen bei mir treffen und die Spur weiterverfolgen?«, schlug er vor. »Ist zehn Uhr zu früh? Bis dahin müssten auch die Läden geöffnet haben.«
    Ich nickte. »Zehn Uhr, einverstanden.«
    Gabriel begleitete mich noch bis zum Wagen.
    Auf dem Weg dorthin fiel kein Wort. Erst als wir den kleinen Parkplatz hinter der St. Cuthbert Lane 42 erreichten, wandte er sich wieder an mich. »Ich hatte keine Ahnung, dass Mrs Chalmers’ Vater krank war. Nicht mal dass sie verwitwet ist, wusste ich. In den letzten vier Jahren habe ich praktisch jeden Tag mit ihr gesprochen, aber wirklich auf sie geachtet habe ich nicht – oder auf sonst wen au ßerhalb meiner Clique. Vor drei Tagen hätte ich das noch für normal gehalten. Und ich hätte recht gehabt. Was für eine Welt …« Er blinzelte mit zusammengekniffenen Augen in den wolkenverhangenen Himmel, drehte sich um und ging langsam auf das Haus zu. »Bis morgen dann!«, rief er mir über die Schulter zu.
    »Bis morgen«, bestätigte ich und kletterte in den Rover. Eine Weile blieb ich still sitzen, und während ich das seelenlose Haus anstarrte, wünschte ich mir, Gabriel hätte meine Einladung angenommen. Denn je länger ich darüber nachdachte, desto mehr stimmte ich Mrs Mehta zu: Ein Mann wie er war nicht dazu geschaffen, allein zu sein.

    Im Cottage herrschte das reine Chaos. Will und Rob hatten ihre Spielzeugkiste im Wohnzimmer ausgeschüttet, den Boden mit ganzen Herden von Pferden, Dinosauriern und allen möglichen Tieren aus der afrikanischen Steppe bevölkert und pferchten sie gerade voller Eifer mit einem Gewirr von Gehegen ein, die sie aus Bausteinen errichtet hatten.
    Sie begrüßten mich mit einer atemlosen Schilderung ihres Tages auf Anscombe Manor. Jede Einzelheit mussten sie mir zweimal erzählen – und

Weitere Kostenlose Bücher