Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief
wieder ruhig schlafen, weil ihre Tochter sich nicht mehr unmöglich aufführt.« Er sah mich und dann Gabriel eindringlich an. »Und das alles dank Miss Beacham.«
»Wie schön«, murmelte ich.
»Und das ist noch längst nicht alles«, schwärmte Father Musgrove. »Miss Beacham hat der Familie auch eine kleine Summe hinterlassen, die zu Tinas Weiterbildung an der Abendschule zur Modedesignerin beitragen soll. Sie haben heute Morgen durch einen Brief von Miss Beachams Anwalt davon erfahren. Mrs Formby war natürlich überaus dankbar, aber da sie nichts von Miss Beachams Krankheit gewusst hatte, war die Nachricht von ihrem Tod ein schwerer Schock für sie.«
»Wussten Sie denn, dass sie krank war?«, fragte ich.
»Nein.« Father Musgroves Miene wurde noch ernster. »Ich muss Ihnen beschämt gestehen, dass ich überhaupt nichts über Miss Beacham wusste.
Sie kam zwar in die St.-Paul`s-Kirche zum Gottesdienst, war aber kein aktives Gemeindemitglied, soweit ich das beurteilen kann.«
Gabriel blickte ihn neugierig an. »Soweit Sie das beurteilen können – was genau meinen Sie damit?«
»Wie ich das meine? Na ja, sie steuerte zwar an den Tagen, an denen wir Backwaren für einen guten Zweck verkauften, regelmäßig Rosinenbrot bei, aber an den Aktionen selbst beteiligte sie sich nie.
Sie war auch kein ehrenamtliches Mitglied irgendwelcher Komitees oder des Gemeinderats, ging nie in Katechismusstunden und tat auch sonst nichts, wodurch sie als aktives Mitglied in einem offiziellen Sinn in Erscheinung getreten wäre. Inoffiziell dagegen …« Der Pfarrer schürzte die Lippen. »Mrs Formby hat ein Gutteil des Vormittags damit verbracht, mir zu erzählen, auf wie viele Weisen Miss Beacham meiner Gemeinde hinter den Kulissen gedient hat.« Er wandte sich wieder an Gabriel.
»Kennen Sie Mrs Chalmers, die Witwe, die den Mini-Mart weiter unten in der Straße führt?«
»Ich will nicht behaupten, dass ich sie kenne, aber den Laden kenne ich schon. Ich bin fast jeden Tag drin.«
»Mrs Chalmers’ Vater hatte vor zwei Jahren einen Schlaganfall«, fuhr Father Musgrove fort. »Als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, trommelte Miss Beacham einen Kreis von Helferinnen zusammen, die sich um ihn kümmerten, bis ihn professionelle Dienste übernehmen konnten. Obwohl einige von den Frauen Mitglieder meiner Gemeinde waren, habe ich heute Morgen zum ersten Mal davon erfahren, als Mrs Formby es mir erzählt hat. Mr Chalmers hat sich übrigens vollständig erholt und hilft fast jeden Tag im Laden mit.«
Gabriel nickte bedächtig. »Ich glaube, ich kenne ihn vom Sehen. Glatze? Leicht bucklig? Arbeitet hinter der Theke?«
»Das ist er.« Father Musgrove beugte sich, die Ellbogen auf die Knie gestützt, vor. »Ich hätte Miss Beacham ein besserer Seelsorger sein sollen. Von ihren guten Taten wusste ich nicht das Geringste, und in der Stunde der Not war ich nicht da, um ihr beizustehen. Ich war ihr Gemeindepfarrer und habe sie im Stich gelassen.«
»Da sind Sie nicht allein, Father«, seufzte Gabriel. »Ich habe drei Stockwerke unter Miss Beacham gewohnt, und das Einzige, was ich über sie wusste, war, dass sie gut zu Katzen war.«
Father Musgrove und Gabriel starrten einander in düsterem Schweigen an, beide mit derselben schuldbewussten Miene, dann senkten sie langsam den Blick zu Boden.
Ich räusperte mich. »Seien Sie mir nicht böse, aber ich glaube nicht, dass das stimmt. Dass Sie sie im Stich gelassen haben, meine ich.«
Die zwei Männer hoben den Kopf.
»Miss Beachams Tod war auch für mich ein Schock, und ich war erst einen Tag zuvor bei ihr.
Wir haben nie über ihre Krankheit gesprochen, und sie hat so gut wie nie von sich erzählt. Meistens hat sie nur zugehört. Ich glaube, sie wollte weder ihre guten Taten an die große Glocke hängen noch ihre Krankheit thematisieren. Ich glaube, sie zog es einfach vor, ihr Leben so leise und unaufdringlich zu verlassen, wie sie es geführt hatte.
Vielleicht sollten wir ihre Entscheidung respektieren.«
»Vielleicht, ja«, sagte Father Musgrove, ohne wirklich überzeugt zu klingen. »Ihr Andenken sollten wir jedenfalls feiern. Ich habe übrigens ebenfalls einen Brief von Miss Beachams Anwalt erhalten. Darin wurde ich über ihren Wunsch informiert, dass ihre sterblichen Überreste im Friedhof von St. Paul’s beigesetzt werden sollen. Ich habe die Absicht, einen Gottesdienst für sie abzuhalten, sobald die Bestattung durchgeführt werden kann.
Mir ist jedoch zu verstehen
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