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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Stehen. Ich bin doch nicht etwa zu neugierig, oder?«
    »Nein, nein, Sie machen das ganz toll«, beruhigte ich ihn und musste an ein weiteres Motto von Finch denken: »Nur jetzt nicht nachlassen.«
    Die nächsten drei Stunden waren gefüllt mit faszinierendem Geplauder über die Wehwehchen von Hunden, die Marotten von Nachbarn und die Triumphe von Enkelkindern, erbrachten aber nicht das Geringste über Kenneth. Auch wenn die Geschäftsleute nur zu bereitwillig von Miss Beacham erzählten, waren ihre Geschichten denen, die wir bereits von Mr Mehta und Father Musgrove gehört hatten, auffällig ähnlich.
    Jedem von ihnen hatte Miss Beacham auf persönliche und einfallsreiche Weise geholfen und nach ihrem Tod Beträge in jeweils verschiedener Höhe hinterlassen. Sie alle schwärmten von ihrem Rosinenbrot. Und es gab keinen, der über die Nachricht von ihrem Tode nicht aufrichtig bestürzt war und nicht den Wunsch äußerte, am Gedenkgottesdienst in der St. Paul’s Church teilzunehmen.
    Irgendwelche Informationen über Kenneth hatte hingegen keiner beizusteuern, und als Gabriel sich nach Miss Beachams Beruf erkundigte, erntete er überall denselben verständnislosen Blick.
    »Irgendwas muss sie ja gearbeitet haben«, meinte Mr Jensen, der bärtige Inhaber des Computergeschäfts. »Außer an den Wochenenden ist sie immer zweimal am Tag an meinem Fenster vorbeigekommen, in der Früh und am Abend. Hat mir jedes Mal zugewinkt, und manchmal ist sie auf einen Plausch zu mir rein. Da ist es eigentlich naheliegend, dass sie irgendwo gearbeitet haben muss, nur dass ich keine Ahnung habe, wo. Komisch, dass ich vorher nie an so was gedacht habe, aber sie war keine von der Sorte, die übermäßig viel über sich selber erzählt.«
    »Vielleicht war sie ja eine Spionin«, brummte Gabriel, als wir Mr Jensens Laden verließen. »Vielleicht war es ihr verboten , über sich zu reden.«
    »Genau«, pflichtete ich ihm bei. »Beacham muss ein Pseudonym gewesen sein.« Abrupt blieb ich stehen und zwickte mich in die Nasenwurzel.
    »Fehlt Ihnen was?«, fragte Gabriel besorgt.
    »Ich merke, dass Kopfschmerzen im Anmarsch sind. Das liegt an dem vielen Lärm und dem Verkehr. Ich bin das nicht gewöhnt.«
    Gabriel zog mich in eine dunkle, schmale Passage zwischen dem Computergeschäft und dem Café an der Ecke. »Sie brauchen eine Pause. Ich übrigens auch. Zum Glück …« – er warf einen Blick auf unsere Liste – »… ist das Woolery’s Café unsere letzte Anlaufstelle. Dorthin schaffen wir es gerade noch.« Dann tätschelte er die Mauer des Etablissements gegenüber Jensens Laden. »Ich habe hier schon so oft gegessen, aber mich nie mit dem Besitzer unterhalten.«
    »Dafür wird er heute entschädigt«, lächelte ich und wollte schon die Passage verlassen, als mich zwei kräftige Hände von hinten an der Schulter fassten und in die Dunkelheit zurückrissen.
    »Hey!«, rief ich erschrocken.
    »Hey!«, schrie jetzt Gabriel, und bevor ich in Panik geraten konnte, hatte er meinen Angreifer gepackt, knallte ihn gegen die Ziegelmauer und klemmte ihn mit dem Unterarm quer über der Kehle fest. »Was zum Teufel machst du da?«, herrschte er ihn an.
    »G-g-gar nix, Mister«, stammelte mein Angreifer. »W-wo-wollte ihr nix Böses.«
    »Drum gehst du auch von hinten auf Frauen los, oder was?«, bellte Gabriel.
    »Ich geh nich’ auf Frauen los«, verteidigte sich der Mann. »Wo-wo-wollte bloß zur Missus.«
    Das letzte Wort ließ mich hellhörig werden. Als
    »Missus« wurde ich eigentlich nur von bestimmten Leuten angesprochen. Ich spähte an Gabriel vorbei, auf die zerlumpten Kleider und die verängstigten Augen des Mannes, und erkannte schließlich eines von Julian Brights Schäfchen. »Blinker?«, rief ich.

    »J-j-ja, Missus, ich bin’s, Blinker.«
    »Gabriel«, sagte ich, »lassen Sie ihn los.«
    Gabriel starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Kennen Sie diesen Gauner etwa?«
    »Er ist kein Gauner«, sagte ich. »Er ist ein Freund. Und furchtbar schüchtern. Sie können ihn wirklich loslassen.«
    »Komm bloß nicht auf dumme Gedanken!«, knurrte Gabriel und gab Blinker zögernd frei.
    Blinker fiel sofort wieder in sich zusammen und nahm seine gewohnte unterwürfige, leidende Haltung an. Sein Kopf war in ständiger Bewegung und drehte sich von einer Seite zur anderen, als hielte er nach Feinden Ausschau, und seine wässrigen Augen zuckten panisch bei jeder Bewegung.
    »Blinker«, sagte ich sanft, »das ist mein Freund Gabriel

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