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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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zweimal pro Woche das Bett.
    Und manchmal serviere ich ihm das Frühstück.«
    Gabriel starrte mich fassungslos an.
    Das amüsierte mich noch mehr. »Ich bin ehrenamtliche Helferin in Julian Brights Obdachlosenasyl. Dort wimmelt es von solchen ›schillernden‹
    Gestalten.«
    »Haben welche von denen auch normale Namen?«, wollte Gabriel wissen.
    »Wahrscheinlich schon. Aber sie wollen lieber mit ihren Spitznamen angesprochen werden.«
    »Ist Blinker einfach so zu Ihnen gekommen, um sich die Zeit zu vertreiben, oder hatte es eine besondere Bewandtnis für seine Offensive?«
    »Das wird Ihnen gefallen«, sagte ich und bedeutete ihm, mir zu folgen. Als wir eine Minute später vor dem Woolery’s Café standen, zeigte ich mit dem Kinn auf die blitzblank polierte grüne Tür des cremefarbenen georgianischen Gebäudes auf der anderen Straßenseite. »Blinker hat mir berichtet, dass Miss Beacham dort gearbeitet hat. Außer am Wochenende ist sie täglich durch diese grüne Tür ein – und aus gegangen.«
    Gabriel erstarrte vor Ehrfurcht. »Gott im Himmel«, brachte er matt hervor.
    »Was für ein Glück, dass ich solche schillernde Freunde habe, was?«, grinste ich. »Ohne Blinker hätten wir womöglich nie …«
    »Lori«, unterbrach mich Gabriel mit einem merkwürdigen Lächeln. »Lesen Sie mal das Mes-singschild neben der Tür.«
    Ich folgte seinem Blick, und plötzlich kroch mir eine Gänsehaut über die Arme.
    Auf dem matt glänzenden Metall prangten in eleganter Kursivschrift die eingravierten Worte: Pratchett & Moss  Rechtsanwälte

12
    »SIE … SIE hat hier gearbeitet?«, keuchte ich.
    »Wenn man Blinker glauben kann«, meinte Gabriel.
    »Ich habe keinen Grund, an ihm zu zweifeln«, erklärte ich. »Überlegen Sie doch nur: Das Haus steht genau dort, wo es konsequenterweise sein sollte – am Ende des Weges, den Sie auf dem Stadtplan eingezeichnet haben. Und wenn Miss Beacham in Oxford gearbeitet hat, dann kann das nur eine Anwaltskanzlei gewesen sein, richtig?
    Aber ich wäre nie und nimmer darauf gekommen, dass Mr Moss ihr Chef gewesen sein könnte.« Ich richtete den Zeigefinger anklagend auf die Tür.
    »Warum hat der alte Mistkerl mir das verschwiegen?«
    Eilig drückte Gabriel meinen Arm nach unten.
    »Ich kann Ihre Empörung ja verstehen, Lori, aber wir sollten hier besser nicht so auffallen.«
    »Hmm«, brummte ich. Mein Zorn war noch längst nicht verraucht. »Mr Moss hätte uns viel Zeit und Mühe ersparen können, wenn er mir kurz mal verraten hätte, dass Miss Beacham bei ihm angestellt war. Jede Wette, dass da drinnen in der Registratur eine Sekretärin sitzt, die jede gewünschte Information über Kenneth ausspucken kann.«
    »Wenn Miss Beacham nicht nur seine Angestellte war, sondern auch eine geschätzte Mandantin, wäre Mr Moss in einer heiklen Lage, was Vertraulichkeit betrifft. Wir werden natürlich reingehen müssen, aber …« Gabriel rieb sich nachdenklich das Kinn, dann ergriff er mich unvermittelt am Ellbogen und lotste mich ins Café. »Wir entwerfen unsere Strategie beim Mittagessen.«
    Das Woolery’s hätte ich selbst eher nicht fürs Mittagessen ausgewählt. Bei meinen hämmernden Kopfschmerzen hätte sich eine dunkle Höhle mit von ätherischen Ölen geschwängerter Luft weit besser geeignet. Das Woolery’s war abscheulich hell und fröhlich und hatte noch dazu eine riesige Fensterfront, die auf die hektische Straße ging. Ich wählte einen Tisch mit Blick auf die Kanzlei Pratchett & Moss, während Gabriel die Selbstbedienungstheke nach etwas Essbarem absuchte. Bald kam er mit zwei Gläsern Mineralwasser und komplizierten Sandwiches zurück, die alles mögliche Gemüse und mehrere verschiedene Käsesorten enthielten.
    »Schlechte Nachrichten«, meldete er. »Mr Woolery ist vor sechs Wochen nach Australien ausgewandert. Das Café ist von einem neuen Pächter übernommen worden, und das alte Personal ist nicht mehr da. Von den Neuen kann niemand was mit dem Namen Beacham anfangen.«
    »Dann haben wir Blinkers Tipp gerade noch rechtzeitig gekriegt«, meinte ich und biss herzhaft in mein Sandwich. Schlagartig ließen meine Kopfschmerzen nach, dafür wuchs meine Verwunderung. Als ich die letzte Krume meines Vollkornbrots gegessen hatte, murmelte ich: »Miss Beacham hat für Pratchett und Moss gearbeitet. Ich fass es nicht.«
    »Sie können da jetzt aber nicht rein«, warnte Gabriel.
    »Warum nicht?«
    »Weil wir raffiniert vorgehen müssen.«
    »Ich kann sehr wohl raffiniert sein!«,

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