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Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Titel: Tante Dimity und die unheilvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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die blauen Schriftzeichen auf der Seite sich langsam auflösten, dann legte ich das Tagebuch in die Schublade zurück und machte mich für die Nacht fertig.
    Erst als ich unter meinen Decken lag und schläfrig in die vom Mond durchdrungene Dunkelheit spähte, drang mir ein Geräusch ins Bewusstsein, das ich vorher nicht wirklich wahrgenommen hatte. Das regelmäßige Rauschen und Dröhnen der Brandung. Es klang, als schlüge immer wieder eine gewaltige Faust gegen das Felsgestein.
    Es hätte ein beruhigendes Geräusch sein sollen, doch das war es nicht. Eine Welle der Einsamkeit schwappte über mich hinweg, und ich griff nach Reginald. Mein pinkfarbener Stoffhase war vielleicht nicht der perfekte Ersatz für Bill, aber zur Not würde er genügen, bis ich wieder mit dem Original zusammen war.
    Selbst mit Reginald in den Armen hätte ich eigentlich bis in die frühen Morgenstunden wach im Bett liegen müssen, verfolgt von Visionen von Abaddon, wie er mit einem Messer zwischen den Zähnen zu meinem Fenster hochkletterte. Ich hätte mich hin und her werfen müssen, gequält von den erstickten Schreien der massakrierten Mönche. Tatsächlich verfiel ich in tiefen Schlaf, begleitet nur von Gedanken an Bruder Cieran.
    War er noch immer durch seine Schuldgefühle an diesen einsamen Zufluchtsort gekettet? Was, sinnierte ich, würde ihn je von seiner Wache erlö sen?

8
    ALS ICH AUFWACHTE, fiel das Sonnenlicht in breiten Streifen auf mein Bett. Ich blinzelte zu den Maßwerkfenstern hinüber und starrte dann benommen den Kamin an. Es dauerte eine Weile, bis die Erinnerung einsetzte und ich wieder wusste, wo ich war und wie es mich hierher verschlagen hatte.
    Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass es sieben Uhr war. Eine ganze Weile betrachtete ich schläfrig die Deckenbalken und fragte mich, was die Leute in Finch wohl dazu sagten, dass über Nacht Fremde in mein Cottage eingezogen waren. Als leidenschaftliche Klatschbasen, die sie samt und sonders waren, zerrissen sie sich bestimmt längst das Maul darüber und erfanden fleißig jede Menge von Geschichten, weil unsere überstürzte Abreise ja irgendwie erklärt werden musste. Es erfüllte mich durchaus mit einigem Stolz, zu wissen, dass ich ihnen eine so reiche und nie versiegende Quelle der Unterhaltung bot.
    Im Vergleich zu ihren Mutmaßungen würde die wahre Geschichte wahrscheinlich glatt durchfallen.

    Mit einem leisen Kichern platzierte ich Reginald auf dem Nachtkästchen und griff nach Tante Dimitys Tagebuch. Ich brannte darauf zu erfahren, was sie – wenn überhaupt – in der Zeit, in der ich friedlich geschlummert hatte, über Bruder Cieran herausgefunden hatte. Ich lehnte mich gegen einen Berg von Kissen und klappte das Tagebuch in meinem Schoß auf.
    Bevor ich den Mund öffnen konnte, flog Tante Dimitys zierliche Schreibschrift bereits über die Seite.
    Du musst Damian von dem Licht in Kenntnis setzen .
    Ich richtete mich auf. »War es nicht Bruder Cieran?«
    Garantiert nicht . Vieles von dem , was Sir Percy Dir über Bruder Cieran erzählt hat , ist wahr , aber seine arme Seele hat die Insel schon vor Jahrhunderten verlassen . Er ist dort nicht mehr
    » ansässig «, wie Du das so taktvoll ausgedrückt hast . Ebenso wenig übrigens der alte Earl . Ich weiß nicht , wodurch das Licht , das Du gesehen hast , erzeugt wurde , und es gefällt mir nicht , dass ich im Dunkeln tappe . Falls Abaddon sich auf Cieran ’s Chapel verbirgt …
    »Wie könnte das sein?«, unterbrach ich sie.
    »Woher soll er wissen, wo wir sind? Und selbst wenn er es herausgefunden hätte, wie hätte er uns so schnell folgen können? Wir sind noch keine vierundzwanzig Stunden hier, Dimity! Und wie um alles auf der Welt hätte er zu diesem gottverlassenen Felsen gelangen können?«
    Jeder kann ein Boot mieten , Lori . Und eine E-Mail kann von überall abgeschickt werden . Vielleicht war Abaddon schon in Schottland , als er anfing , Bill seine gemeinen Mitteilungen zu senden . Wie er Deinen gegenwärtigen Aufenthalt in Erfahrung gebracht haben könnte , weiß ich auch nicht , aber Du darfst auf keinen Fall davon ausgehen , dass ihm das nicht gelungen ist . Du musst Damian von dem Licht erzählen . Lass ihn der Sache nachgehen . Vielleicht hat es ja nichts mit Abaddon zu tun , aber es ist sicher besser zu wissen , woran wir sind .
    Ich stützte das Kinn auf die Hand und schnitt eine Grimasse. »Damian wird schrecklich sauer auf mich sein, weil ich ihm nicht gleich die Wahrheit gesagt

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