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Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Titel: Tante Dimity und die unheilvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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auf die Landspitze hatte sich komplett verwandelt. Schnell heranziehende Nebelbänke hüllten das zentrale Tal der Insel ein und breiteten einen schweren Mantel über das Meer, der sogar das Tosen der Brandung zu dämpfen schien. Wie eine Inselgruppe mitten in einem Ozean aus wei ßer Watte ragten die Spitzen der Klippen aus dem Nebel heraus.
    »Die Taschenlampe bleibt ausgeschaltet«, wies mich Damian an. »Wir wollen uns schließlich nicht ankündigen.«
    Ich widersprach nicht, zumal wir uns auch so zurechtfanden. Der Vollmond badete den versunkenen Pfad in ein silbernes Licht, und die hüfthohe Böschung würde uns davor bewahren, vom Weg abzukommen.
    Über uns regte sich kaum ein Hauch, und die Abendluft war drückend und feucht. Schwere Wassertropfen sammelten sich auf meinem Gesicht und meinen Händen, setzten sich in meine Haare und rannen wie eisige Finger mein Genick hinunter, bis mir einfiel, dass ich die Kapuze meiner Jacke über die Schirmmütze ziehen konnte. Das tat ich dann auch, nur um sie hastig wieder abzunehmen, als ich Damian irgendetwas vor sich hinbrummeln hörte.
    »Dummkopf«, knurrte er. »Hirnloser, egoistischer, unreifer Idiot.«
    Ich schloss zu ihm auf. »Meinen Sie Peter?«, flüsterte ich.
    »Wieso ist der Junge allein aufgebrochen?«, fragte Damian mit gedämpfter Stimme. »Da ist er schon davon überzeugt, dass es auf Erinskil von gefährlichen Banditen wimmelt, und dann zieht er alleine los. Wenn ich nur daran denke, in was für einem Zustand Cassie jetzt ist … in was für einer Gefahr Peter jetzt vielleicht schwebt …
    wie viele Regeln ich verletzt habe, weil ich Ihnen erlaubt habe mitzukommen …« Damian presste die Zähne aufeinander. »Wenn ihm die Einheimischen nicht den Hals umgedreht haben, dann nehme ich ihnen diese Mühe gerne ab.«
    »Ich weiß ja, dass Sie sich um ihn sorgen, Damian«, beschwichtigte ich ihn. »Ich bin genauso beunruhigt, aber ich bin mir gar nicht ganz sicher, ob das wirklich nötig ist. Peter hat uns alles über seinen Verdacht mitgeteilt, und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass außer uns niemand auf Erinskil Bescheid weiß. Wie, glauben Sie, sollten es die Leute denn herausgefunden haben?«
    »Mrs Muggoch«, antwortete Damian kurz angebunden. »Sie ist die Wirtin, und es gehört zu den Pflichten einer Wirtin, an Schlüssellö chern zu lauschen. Wenn sie seine Gespräche mit Cassie belauscht hat, können Sie davon ausgehen, dass sie ihr Wissen nicht für sich behalten hat.«
    »Sie hätte sie auch über das Kloster reden hö ren können«, fiel es mir siedend heiß ein. »Dann hätte sie bestimmt irgendjemandem verraten, dass er zur Ruine wollte.«
    »Ich habe sogar den Verdacht, dass sie mehr als nur eine Person informiert hat.« Damian warf einen Blick auf seine Armbanduhr und beschleunigte seine Schritte. »Es kann sein, dass sie bloß mit ihm plaudern wollen, Lori, mit der Absicht, ihn in die Enge zu treiben und durch Einschüchterung dafür zu sorgen, dass er den Mund hält.
    Ihm damit zu drohen, dass sonst Cassie was passieren könnte, würde genügen. Und mit seinem Alleingang hat er ihnen die Arbeit ganz gewiss erleichtert, zumal er sie schutzlos zurückgelassen hat.«

    »Aber er ist ja noch so jung«, meinte ich begü tigend.
    »Er ist ein Trottel«, knurrte Damian und stapfte noch schneller durch den Nebel.
    Kurz darauf hielten wir an. Während ich noch keuchte, spähte Damian in die trübe Brühe, wie um sich zu orientieren. Er nickte einmal kurz, dann drehte er sich zu mir um und beugte sich dicht zu meinem Ohr.
    »Folgender Plan, Lori«, flüsterte er. »Wir verlassen hier den Pfad, weil nicht auszuschließen ist, dass sie am Schlachtstein einen Posten aufgestellt haben. Wenn wir hier hochklettern, müssten wir das Plateau erreichen, auf dem das Kloster steht. Es ist das höchste von insgesamt dreien, wissen Sie noch? Danach sehen wir weiter. Bleiben Sie dicht hinter mir und schalten Sie die Taschenlampe erst ein, wenn ich es Ihnen sage. Ab jetzt wird nicht mehr gesprochen, nicht mal geflüstert. Verstanden?«
    Ich nickte.
    Wir schwangen uns über die Böschung des ausgetretenen Pfades und begannen den Aufstieg.
    Der Hügel war steil und das hohe Gras fürchterlich glitschig, aber auch wenn ich mehrmals ausrutschte und mit den Knien gegen halb unter der Erde verborgene Steine prallte, schaffte ich es, mein Schweigegelübde zu bewahren. Und wichtiger noch: Ich hielt mit Damian, der nicht minder leichtfüßig als Peter war,

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