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Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Titel: Tante Dimity und die unheilvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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ihn allein in sein Verderben gehen zu lassen, muss in meinen Augen wahre Blitze entfacht haben. Gut, ich konnte mitkommen, gab er mir endlich zu verstehen, aber nur, wenn er voranging. Ich nickte heftig.

    Damian hängte sich die Taschenlampe um den Hals und fädelte die Schlaufe, an der sie hing, so geschickt durch die Haken seiner Regenjacke, dass am Ende nur noch die Spitze des nach unten gerichteten verdeckten Scheinwerfers herausschaute. So war deutlich zu sehen, wie steil die Treppe war. Man konnte sie eigentlich nur bewältigen, wenn man rückwärts wie auf einer Leiter hinunterstieg.
    Jetzt verstand ich auch, warum Damian die Lampe mit dem Lichtkegel nach unten an der Jacke angebracht hatte, und folgte eilig seinem Beispiel. Als ich mich dann an den Abstieg machte, kam ich mir vor, als kletterte ich in einen Sarg hinab. Doch von Sarg konnte eigentlich keine Rede sein. Mit zunehmender Tiefe wurde der Gang immer runder und enger. Sehr viel dicker hätten wir nicht sein dürfen, denn spätestens auf halbem Weg wären wir stecken geblieben wie ein Korken in der Flasche.
    Die Steinstufen waren tief und in regelmäßigen Abständen in den Fels gehauen – aber leider waren es sehr viele. Meine Knie beschwerten sich bald, und ich sah uns schon auf dem Boden des Meeres gehen, als Damian mir mit einem Pochen gegen meine Schuhsohle signalisierte, dass wir unten angekommen waren.

    Ich bewältigte die letzten Stufen, und als ich den Boden berührte, umfasste er mich an den Hüften, als rechnete er bereits damit, dass meine Knie nachgeben würden. Das taten sie auch prompt, doch er half mir, mich auf einen Untergrund zu setzen, der sich wie ein weicher Sandhügel anfühlte.
    Ich hörte das entfernte Donnern der sich brechenden Wellen, und an meine Nase drangen die Gerüche von Salzwasser und Seetang, aber sehen konnte ich nur das, was sich im schmalen Lichtkegel meiner Taschenlampe befand. Meine Hände waren so klamm, dass es mir größte Mühe bereitete, das kleine Ding von den Haken meiner Regenjacke zu befreien. Im Gegensatz zu mir barg Damian seine Lampe mit Leichtigkeit und sondierte schon mal das Terrain.
    »Wir scheinen das Ganze hier für uns zu haben. Kein Zeichen von …« Er verstummte jäh.
    Ich nestelte immer noch an meiner Kordel.
    »Was entdeckt?«
    »Oh«, sagte er leise. »O Gott.«
    Sein merkwürdiger Tonfall ließ mich aufblicken. »Was ist?«
    Er gab keine Antwort. Sein Licht wanderte in einem weiten Bogen über den Boden und glitt langsam über eine Gruppe eigenartiger Gesteinsformationen, die mir merkwürdig bekannt vorkamen. Ich starrte sie gebannt an und folgte mit dem Kopf der Bahn des kreisenden Lichtkegels, bis schließlich in mein Bewusstsein sickerte, was meine sich weitenden Augen sahen.
    Und plötzlich bekam ich an beiden Armen von oben bis unten eine Gänsehaut. Hätte mein Haar nicht unter der Mütze gesteckt, hätte es mir zu Berge gestanden. Meine schmerzenden Knie zuckten, als wollten sie über die steilen Stufen gleich wieder nach oben fliehen, doch meine Beine weigerten sich loszulaufen. Ich stieß ein zittriges Stöhnen aus, ließ die Kordel an der Taschenlampe los und presste beide Hände an den Mund.
    Die Treppe hatte uns in eine allem Anschein nach natürliche Höhle geführt, die in etwa kreisrund war, einen mit Sand bedeckten Boden und eine kuppelförmige Decke aufwies. In den gezackten Wänden dieser Kammer gab es drei niedrige unregelmäßige Öffnungen, die zu weiteren Gängen oder vielleicht anderen Höhlen führten. Wo sie endeten, wollte ich aber gar nicht mehr so genau wissen. Meine ganze Wahrnehmung konzentrierte sich nur noch auf die Skelette.
    Sie lagen allesamt auf dem Rücken, den Kopf zur Wand und die Füße zur Mitte der Höhle gerichtet – hohläugige Schädel, schiefe Wirbel, winzige Finger-und Zehenknochen, alles säuberlich aufgereiht, als erwarteten sie den Leichenbeschauer. Als Damians Taschenlampe den Kreis vollendete, hatte sie die gruseligen Überreste von etwa vierzig Menschen beleuchtet.
    Während ich starr vor Entsetzen auf dem Boden kauerte, beugte sich Damian über ein Knochenarrangement, um es näher zu betrachten. Er rollte einen Schädel auf die Seite, betastete eine Rippe, einen Oberschenkelknochen, ein Schulterblatt. Genauso ging er mit dem nächsten Skelett vor, dem übernächsten und so weiter, bis er seine Runde durch das gesamte Beinhaus vollendet hatte. Schließlich erhob er sich und leuchtete in meine Richtung.
    »Sie hatten recht,

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