Tante Inge haut ab
Dauert nur ein paar Tage.« »Dann kommt mal rein.«
Björne führte sie in die Küche, wo sie sich um den großen Tisch setzten, auf dem schon Tassen und eine Kaffeekanne standen. Mit einem Blick auf die Flasche in Kallis Hand öffnete Björne eine Schranktür und holte vier Schnapsgläser hervor.
»Da sollten wir wohl einen Bullenschluck haben, was?«
Kalli guckte auf die Uhr. »Es ist noch nicht mal halb zehn. Das kann ich ...«
»Das ist Medizin.« Björne goss die Gläser voll und schob sie ihnen zu. »Ich denke, du kommst auch von einer Insel.«
»Ja, aber ...« Kalli roch entsetzt an seinem Glas.
Heinz stieß ihn ungeduldig an. »Prost, Kalli! Björne, Walter ...« Er kippte ohne abzusetzen den Schnaps hinunter, schüttelte sich kurz und nickte Björne zu, der die Gläser wieder füllte.
»Auf einem Bein ...«, sagte der und wartete, bis Kalli ebenfalls ausgetrunken hatte und ihm das Glas mit angewidertem Gesichtsausdruck hinhielt, >*... kann man nicht stehen. Geht doch.«
Mit sichtlicher Mühe und viel Überwindung kippte Kalli auch den zweiten Schnaps und wischte sich dann mit dem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn.
»Schmeckt ja nicht schlecht. Also, der zweite war nicht mehr so schlimm wie der erste. Und du bist ein echter Insulaner? Oder zugezogen?«
»Schon hier geboren.«
Heinz griff zur Kaffeekanne. »Björne ist waschechter Sylter. Er hat als Tischler, auf dem Krabbenkutter, in einer Kneipe, bei der Marineschule, der Gemeinde und am Hafen, also schon überall gearbeitet. Warst du eigentlich jemals weg?«
»Ja, zwei Jahre. Beim Kommiss, Marine. War aber nicht schön. Ist auch ewig her.« Er hielt Heinz eine Tasse hin. »Was wollt ihr denn von mir?«
Walter schob sein leeres Schnapsglas zur Flasche. »Du, der hilft. Mein Hintern wird besser.« Er wartete, bis Björne den Deckel wieder abgeschraubt hatte, und fragte dann: »Kennst du einen Kampmann?«
Björne füllte Walters Glas und nickte dabei. »Es gibt nur noch einen Kampmann. Mark, der Sohn von Karsten Kampmann. Der Alte ist vor vier Jahren gestorben. Beim Segeln über Bord gegangen. War ein feiner Kerl. Anwalt. In Westerland.«
»Und der Sohn?« Walter nahm sein Glas in die Hand. »Wie alt ist der?«
»Mark?« Björne überlegte. »Der muss so alt wie meine Tochter sein ... und Maike ist jetzt ... Gott, wie alt ist die eigentlich? ...Warte mal, die wird 48. Im August. Die waren in einer Klasse.«
»So jung ist der?« Walter wurde blass und kippte den Schnaps runter. »Um Himmels willen.«
»So jung ist das ja nun auch nicht mehr.« Björne schaute Walter ungerührt an.
»Doch«, sagte Heinz, »zumindest, wenn die Freundin 64 ist.«
»Wieso 64?«, antwortete Björne. »Seine Freundin ist höchstens Mitte dreißig. Fischer heißt die, arbeitet in Westerland, macht Vermietungen und so.«
»Aha.« Walter guckte trotzdem verzweifelt. »Und was ist das so für ein Typ?«
»Die Freundin?«
»Nein.« Heinz schenkte seinem Schwager noch einen Schnaps ein. »Mark Kampmann.«
»Mark ...« Björne rührte sinnend in seiner Tasse. »Karsten hatte immer viel Ärger mit dem Jungen. Die Mutter ist weggelaufen, hat sich einen reichen Feriengast geangelt, der hat irgendwas beim Film gemacht. Sie hat ihre Koffer gepackt und ihren Mann und Sohn sitzengelassen. Da war Mark vielleicht zehn. Karsten hat ihn allein großgezogen, mit Haushälterin und so. Der Junge hat nur Probleme gemacht. Irgendwann flog er auch noch von der Schule. Danach kam er nach Kiel ins Internat, da wurde es wohl besser. Er hat später sogar studiert. Vor einigen Jahren ist er in die Kanzlei eingestiegen, warum Karsten das wollte, hat nie jemand verstanden. Die haben sich nur gestritten. Bis der Unfall passierte. Seither gehört Mark die Kanzlei."
»Ja, und wie ist der jetzt so?«
Walters Frage war immer noch nicht beantwortet. Björne sah ihn nachdenklich an. »Der ist nicht koscher, wenn du mich fragst. Er kommt ganz gut bei Leuten an, sieht auch gut aus und ist wohl ganz charmant. Aber irgendetwas ist da nicht in Ordnung: Es gibt Gerüchte, dass er in unsaubere Geschäfte verwickelt ist.«
Heinz schluckte. »Das klingt nicht gut.«
»Habt ihr Ärger mit ihm?«
Walter zuckte mit den Achseln. »Das wissen wir noch nicht. Aber wir müssen mit ihm reden. Wir waren schon in der Kanzlei und bei ihm zu Hause, aber da war er nicht.«
Björne erhob sich und suchte einen Zettel und einen Stift. »Karsten hat Vorjahren ein kleines Haus gekauft, das heißt, mehr so
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