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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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saß bestimmt schon über eine Stunde hier, im Haus hatte sich immer noch nichts gerührt.
    Es war nur Johann zu verdanken, dass der Abend nicht im Streit geendet hatte. Natürlich war sie nach seiner Schnellanalyse in Hausfrauenpsychologie beleidigt gewesen. Wobei sie insgeheim zugeben musste, dass er in einigen Punkten recht hatte. Nur nicht in allen. Und so einfach, wie er es darstellte, war das Ganze auch wieder nicht.
    Auf dem Rückweg hatte er aber versöhnlich gesagt, dass es ihm egal war, ob er ihr den Schubs gebe oder Tante Inge. Christine hatte einfach geschwiegen.
    Im Haus klingelte das Telefon. Christine zuckte zusammen, so frühe Anrufe bedeuteten meistens schlechte Nachrichten. Sie stand auf und setzte sich sofort wieder, als sie hörte, dass sich ihr Vater meldete. Das Fenster war gekippt, außerdem hörte ihr Vater nicht besonders gut, weshalb er selbst ebenfalls laut redete.
    »Ah, Walter, du bist das. Es ist aber noch sehr früh ... Du, das kenne ich, senile Bettflucht, und die Vögel sind ja auch so furchtbar laut. Wie? ... Das Wetter ist schön. Gestern hatten wir 2.5 Grad ... ja, denk mal, und wir haben erst Mai ... Das Wasser? ... Nein, das hat so 15 Grad ... Ist nicht warm, nein, aber ich war schon drin ... ja.«
    Christine schüttelte den Kopf. Wann kam Walter endlich zum Thema ?
    »Du, der läuft noch, gerade habe ich ihn in der Inspektion gehabt... Ja ... Was war das? 256 Euro ... Das ist eben Sylt... Ehrlich? Zwanzig Euro weniger?... Ja, aber ich kann ja nicht nach Dortmund zu deiner Werkstatt fahren, bei den horrenden Benzinpreisen ... Stimmt, aber da steckt man ja nicht drin ... Habe ich gesehen ... Ja, vor allen Dingen das letzte Tor. Du, den hätte er halten müssen, das ging ganz klar auf seine Kappe ... Genau.«
    Christine biss sich auf die Fingerknöchel, um nicht ins Haus zu stürmen und ihrem Vater den Hörer zu entreißen. Als ob Onkel Walter sich im Moment ernsthaft mit Autoinspektionen, Wassertemperaturen oder der Bundesliga beschäftigen wurde.
    »Inge?«
    Na also. Blieb zu hoffen, dass Heinz nicht fragte, welche Inge.
    »Nein, sie war gestern hier, zum Kaffee ... Rhabarberkuchen mit Streusel ...Ja. Nö, Sodbrennen kriege ich da nicht so von. Nur, wenn zu viel Sahne drauf ist.«
    Christine sah ihre Beherrschung schwinden.
    »Nein, es geht ihr gut.« Jetzt schlug Heinz einen sehr harmlosen Ton an: »Sag mal, wann kommst du mal wieder? Inge meint, du hast so viel zu tun ... Aber macht Spaß, oder? ... Aha ... Sag bloß ... Sonst ist hier nichts Besonderes ... Bei euch auch nicht, oder, ahm, bei dir, meine ich. Soll ich Inge was ausrichten? ... Du hast mit ihr telefoniert, das ist ja gut. Und was sagt sie?... Ich meine, nur so. War noch was?... Gut, also dann, danke für den Anruf und bis bald mal, tschüss,Walter.«
    Der Hörer wurde aufgelegt. Kurze Zeit später hörte Christine die Haustür und Schritte auf dem Gartenweg. Sie beugte sich vor und sah ihrem Vater entgegen, der mit gesenktem Kopf langsam auf sie zukam.
    »Erschrick nicht, ich sitze hier.«
    Heinz machte fast einen Satz nach vorn. »Himmel, willst du mich umbringen? Was machst du so früh auf?«
    »Ich konnte nicht mehr schlafen. Willst du auch einen Tee ?«
    Christine rutschte zur Seite, er setzte sich neben sie und schaute in ihre Tasse. »Die ist leer.«
    »Ja, ich kann aber noch einen kochen.« »Lass mal. Dann weckst du noch das ganze Haus.«
    »Wenn die nicht vom Telefonklingeln wach geworden sind, dann macht der Wasserkocher auch nichts.« Christine wollte aufstehen, Heinz zog sie am Arm zurück.
    »Hast du das gehört?«
    »Natürlich, ich saß ja hier. Und das Fenster ist offen. Was wollte Onkel Walter denn?«
    »Tja«, Heinz kratzte sich am Knie, »er wollte sich wohl nur unterhalten. Er schläft nicht gut, hat er gesagt, er hat es so im Rücken. Na ja, er ist auch schon 65, da ist der Lack ab.«
    »Papa! Hat er denn was gesagt, wegen Tante Inge? Hatten sie Streit?«
    »Er hat nur gefragt, ob sie schon hier war.«
    »Und?«
    »Und was für einen Kuchen es gab, wollte er wissen. Habe ich ihm gesagt. Rhabarber.«
    Christine zog ihr Bein hoch, es fing schon wieder an, einzuschlafen. »Hat er denn irgendwas davon erzählt, dass Tante Inge ihn verlassen hat?«
    Ungehalten fuhr ihr Vater hoch. »Sie hat ihn doch gar nicht verlassen. Sie hat doch mit ihm telefoniert, hat er gesagt, das klang alles ganz normal. Na, wie auch immer, das wird schon wieder. Sie ist im Moment nur ein bisschen komisch. Das war sie

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