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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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verkomplizieren.
    »Komm, noch mal von Anfang an, ich höre dir jetzt auch zu. Irgendwie stehe ich im Moment neben mir.«
    »Ich weiß.«
    Christine hatte keine Ahnung, ob diese Antwort ironisch gemeint war. Sie stand auf und schob ihre Hand durch seinen Arm. Und sie war froh, dass Johann sich das gefallen ließ.
    Inge versuchte sich vor dem riesigen Spiegel von hinten zu mustern.
    »Also, ich weiß nicht...«
    Die Verkäuferin legte den Kopf schief. »Doch.« Sie nickte bekräftigend. »Es steht Ihnen hervorragend. Wie für Sie gemacht. Die Rocklänge ist wunderbar, Sie haben wirklich sehr schöne Beine, es sitzt perfekt in der Taille, fällt schön, also ich könnte jetzt keiner anderen Kundin dieses Kleid verkaufen.« Inge hatte ein bisschen gelächelt, an der Stelle mit den Beinen, wurde aber schnell wieder ernst.
    »Aber es ist lila. Ein lila Kleid hatte ich noch nie. Man sagt doch immer, das ist der letzte Versuch.« Über den Preis mochte sie gar nicht nachdenken.
    »Mauve«, korrigierte die Verkäuferin, »es ist mauve. Eine absolute Trendfarbe.«
    Sie hatte moow gesagt, trotzdem war es für Inge lila. Unauffällig versuchte sie, das Preisschildchen zu entziffern. Ohne Brille war das unmöglich.
    »Frau Andresen?«
    »Ich komme sofort. Wie gesagt: mauve.« Die Verkäuferin nahm einen Schal aus einem Regal und legte ihn Inge um. Dann trat sie einen Schritt zurück und nickte zufrieden. »Das ist das i-Tüpfelchen, damit...«
    »Frau Andresen!«
    »Ja, doch, ich komme ja. Lassen Sie das Kleid mit dem Schal wirken und entschuldigen Sie mich für eine Minute, ich bin gleich wieder für Sie da.«
    Ihre Absätze klackten durch den Laden.
    Inge wandte sich wieder ihrem Spiegelbild zu. Der Schal war aus sehr feinem silbrigen Material, wirklich sehr elegant. Aber lila ? Auch wenn es mauve hieß?
    Dass es Frau Andresen gefiel, war ja klar, schließlich wollte sie es verkaufen. Apropos: Inge nutzte die Gelegenheit und suchte in der Handtasche nach ihrer Brille. Sie blickte auf das Preisschild: 429 Euro. Sie hielt die Luft an. Walter würde Stiche kriegen. Andererseits hatte ersieh vor zwei Monaten einen neuen Computer gekauft. Weil er ins Internet wollte. Wegen der Aktienmärkte. In Wirklichkeit guckte er sich aber nur die Sportmeldungen an und übte ab und zu Doppelkopf. Weil Günther immer gewann. Entschlossen nahm Inge die Brille ab und steckte sie ins Etui, genau in dem Moment, in dem ihr Handy klingelte. Zwei Kundinnen drehten sich nach ihr um, schnell ging Inge in Richtung Umkleidekabine und nahm das Gespräch an.
    »Ja?« Sie hatte etwas verschämt geflüstert.
    »Hallo? Wer?«
    »Inge Müller.« Sie flüsterte immer noch.
    »Inge? Hier ist Renate. Ich kann dich kaum verstehen.«
    »Renate!« Das brach so laut aus ihr heraus, dass sich Frau Andresen erschrocken umdrehte. Inge hob beschwichtigend die Hand, ging in die Umkleide und schloss den Vorhang hinter sich.
    »Renate, stell dir vor, ich stehe in einer Westerländer Boutique, habe ein lila Kleid an und weiß nicht, ob ich es nehmen soll. Die Verkäuferin ist ganz begeistert.«
    »Das ist ja auch ihr Job. Lila ist aber eine Altweiberfarbe. Du kennst doch den Spruch: >Lila ist der letzte Versuche« Renate hatte eine Stimme wie ein Reibeisen. »Da gibt es jetzt eine neue Farbe. Mauve. Hat mir meine Tochter geschenkt, eine Bluse, todschick. Frag mal nach dem Ton, der steht dir bestimmt. Aber weswegen ich anrufe: Rate mal, wo ich bin.«
    »Keine Ahnung. Wo?«
    »Im >Ulenhof<.«
    Inge ließ sich auf den kleinen Samthocker sinken. »In Wenningstedt? Wirklich?«
    Ein sattes Lachen kam aus dem Hörer. »Genau. Da staunst du, was? Ich habe mir gesagt, was soll der Geiz? Ich mache mir einfach ein paar flotte Tage auf der Königin aller Inseln und kümmere mich um meine Freundin Inge. Nicht, dass du vor lauter Familie wieder zur kleinen Dortmunder Hausfrau wirst. Ist das nicht gut?«
    »Ja«, Inge stand vorsichtig auf, um das Kleid nicht zu zerknittern, »das ist eine Überraschung. Aber schön, ich kann es noch gar nicht glauben. Es gibt nur ein Problem ... ach was, das erzähle ich dir später. Pass auf, ich komme gleich zu dir, in einer Viertelstunde bin ich da, ich nehme ein Taxi. Bis gleich.« Als sie mit dem Kleid über dem Arm zur Kasse ging, stellte sie sich die nächsten Tage in Renates Gesellschaft vor. Das würde spannend werden. Sie lächelte Frau Andresen an.
    »Und die Farbe heißt wirklich mauve?« •
     Christine versuchte mit geschlossenen Augen

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