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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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so viel kann. Bücher verkaufen, Bücher lesen, Bücher verschicken, Bücher bestellen, das ist eine geniale Mischung, die Firmen werden sich um mich prügeln.«
    »Werd doch nicht gleich sarkastisch. Du hast dich noch nicht einmal umgehört. Du kannst doch nicht sagen, du findest nichts Neues, wenn du es noch gar nicht versucht hast.«
    »Ich will nicht aus Hamburg weg.«
    »Aha.« Sie hörte den ironischen Unterton, schwieg aber dazu. »Und warum nicht?«
    »Weil ich nicht woanders leben will.«
    Johann stützte sein Kinn auf die Hand und betrachtete sie nachdenklich. »Dabei hast du mir mal erzählt, dass du kurz davor warst, Marleen zu fragen, ob du als ihre Partnerin in ihrer Pension auf Norderney einsteigen könntest. Und als wir Silvester bei meiner Tante auf Norderney waren und die er zählt hat, dass der >Seesteg< eine Hausdame sucht, hast du gesagt, du hättest durch die Pension deiner Großmutter auf Sylt und Marleens Kneipe massig Erfahrung, und hättest dich fast beworben.«
    Christine dachte daran, dass sie vor lauter Aufregung beinahe kollabiert war und sich am liebsten sofort und auf der Stelle in dem Hotel beworben hätte, wenn nicht...
    Ja, warum eigentlich nicht?
    Johann konnte anscheinend ihre Gedanken lesen. »Warum hast du das nicht gemacht?«
    Sie antwortete schneller, als sie eigentlich wollte: »Das hatte mit dir zu tun. Ich hätte dann auch am Wochenende Dienst gehabt, wir hätten uns nur selten gesehen ...«
    Ihr Essen kam, so dass Christine einen Moment Zeit hatte, über das zuletzt Gesagte nachzudenken. Gut, Johann war ein Grund, es gab aber noch genug andere. Ihr graute vor einem Umzug, einer neuen Umgebung, neuen Kollegen, neuen Wegen. Sie war wirklich unfassbar feige.
    Geschickt hatte Johann begonnen, seine Scholle zu entgräten. »Du hasst Veränderungen, nicht wahr?«
    »Die meisten.«
    »Und deswegen schiebst du auch die Entscheidung, was wir mit unserer Fernbeziehung machen sollen, immer weiter auf, stimmt's?«

»Ach, nein, das ist im Moment nur schwierig zu planen, mit meinem Job und so. Ich muss da ein bisschen abwarten. Und wo sollten wir auch zusammenleben? In Bremen finde ich doch keinen Job.«
    Natürlich könnte er jetzt fragen, ob sie es schon versucht hatte. Zum Glück tat er es nicht, sondern widmete sich weiter konzentriert seinem Fisch. Er wirkte entspannt, vielleicht konnte sie das Thema erst mal umschiffen.
    »Hast du Lust, morgen in die Strandsauna nach List zu fahren? Das ist einer meiner Lieblingsplätze.« »Können wir.« Seine Stimme war sehr ruhig. Dann sah er hoch und fragte lächelnd: »Kann es eigentlich sein, dass du dir so viele Gedanken um deine Tante Inge machst, weil sie in ihrem Alter was tut, was du dich einfach nicht traust?«
    Christine verschluckte eine winzige Gräte, musste husten und zwei Gläser Wasser trinken.
    »Unsinn. Und überhaupt wissen wir ja gar nicht, was sie vorhat. Vielleicht fährt sie nächste Woche wieder zurück nach Dortmund und bringt Onkel Walter eingeschweißten Aal als Entschuldigung mit.«
    »Das hoffst du.« Johann hatte wieder diese ruhige, milde Stimme. Eigentlich konnte es Christine nicht leiden, wenn man in dem Ton mit ihr sprach. Als wäre sie nicht ganz bei Trost. Ihre Antwort fiel deshalb schnippischer aus, als sie es wollte.
    »Wieso soll ich das hoffen?«
    Es ging tatsächlich noch milder. »Weil du, mein Schatz, im Moment einen Haufen Probleme an der Hacke hast, die gelöst werden müssten. Dein Job, wir beide, hast du nicht auch erzählt, dass das Haus, in dem du wohnst, verkauft werden soll ? Und dass dann jede Menge Baulärm und Dreck auf dich zukommt? Und sicher auch eine Mieterhöhung?«
    Christine nickte beklommen, die Sache mit ihrer Wohnung verdrängte sie seit Wochen. Das kam ja auch noch auf sie zu.
    »Siehst du. Und du sagst bloß, ich kriege keinen Job, ich will nicht aus Hamburg weg, und alles ist schwierig. Und deshalb muss das mit uns beiden erst mal zurückstehen. Nur nichts überstürzen. Und dann kommt Tante Inge mit ihren 64 Jahren, die sich nie beklagt hat, und verändert plötzlich ihr Leben. Sie macht es einfach. Das muss für dich doch wie ein Schlag in die Magengrube sein. Sie kann es und du nicht. Und deshalb hoffst du, dass es sich nur um eine vorübergehende Spinnerei handelt und alles beim Alten bleibt.« Christines Bein war eingeschlafen. Sie streckte es aus, mittlerweile war auch der restliche Tee kalt geworden. Es war inzwischen hell. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war. Sie

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