Tante Inge haut ab
jemand rein, der mich nur kurz angucken will. Und er steht da hinter und lächelt. Ich werde hier noch wahnsinnig. Und das mit meinen Kopfschmerzen. «
»Wo ist er denn jetzt?« Johann hatte sich leicht vorgebeugt. »Wir können ihn wieder mit nach Hause nehmen.«
»Das ist lieb von euch, aber Charlotte hat zum Glück noch Verstand. Sie hat ihn am Kragen gepackt und rausgeschleppt. Sie geht mit ihm einmal um den Block und kauft mir auf dem Rückweg Schokolade. Für die Nerven, hat sie gesagt und sich entschuldigt.«
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, die eine Sekunde später aufgerissen wurde. Hinter dem riesigen Blumenstrauß ertönte eine Stimme: »Inge, um Himmels willen, ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen, als ich das gehört habe. Ich dachte, du bist auf dem Festland und ... ach, guten Tag, du hast ja schon Besuch.«
Renate, ganz in Schwarz, drückte Christine den Strauß mit den Worten: »Hier, besorgen Sie doch mal eine Vase« in den Arm, bevor sie sich vor lauter Mitgefühl fast aufs Bett warf.
»Ich wollte dir noch eine Kleinigkeit vorbeibringen, bevor du abreist, da hat mir diese Petra die Schreckensnachricht mitgeteilt. Du, mir war ganz übel. Ich bekam zittrige Knie, Schweißausbrüche, also nein, was da alles hätte passieren können, du hättest tot sein können. Hattest du denn
Wertgegenstände im Apartment? Ich schließe ja immer alles in den Tresor, anders geht es gar nicht, das siehst du ja jetzt. Die Welt ist schlecht, da denkt man, auf Sylt ist noch alles in Ordnung, und dann das. Ist dir irgendetwas aufgefallen? Hat die Polizei den Täter schon? Was ist denn gestohlen worden?«
Es klopfte schon wieder. Christine, die immer noch Renates Blumen im Arm hatte, schloss den Mund, während Renate sich zur Tür umdrehte. »Hallo. Wer sind Sie denn? Frau Müller hat schon Besuch.«
Inge stöhnte gequält.
»Hallo Mama, hallo Papa, ich hole nur schnell eine Vase.« Christine ging an ihren Eltern vorbei, nicht ohne einen Blick auf ihren Vater zu werfen, der Renate mit aufgerissenen Augen anstarrte.
»Tag. Sind Sie von der Polizei?«
Renate hielt kurz inne, dann warf sie mit Schwung ihr Haar zurück, wobei eine Strähne Charlotte im Gesicht streifte, und lachte laut auf.
»Polizei? Sehe ich wie eine Polizistin aus? Ich bitte Sie.« Zur Bekräftigung lehnte sie sich lasziv an Inges Bettgestell und streckte Heinz die Hand entgegen. »Sie müssen Inges Bruder sein. Ich bin Renate. Freut mich sehr.«
Heinz schüttelte ihr mit Inbrunst die Hand und antwortete mit seiner charmantesten Stimme. »Sehrangenehm. Wir haben ja schon viel Gutes von Ihnen gehört. Sind Sie das erste Mal auf Sylt?«
Christine kam mit einem Plastikeimer im Arm zurück, in den sie die Blumen gestopft hatte. Sie schob sich umständlich an Heinz und Renate vorbei und stellte den Eimer auf den Boden. »Für so einen Strauß gibt es hier keine Vasen.«
Renate musterte missbilligend das Arrangement. »Das kann ja wohl nicht sein. Ich werde gleich das Personal fragen.« Sie drehte sich mit Augenaufschlag zurück zu Heinz. »Nicht das erste Mal, aber es ist lange her. Zu lange.« Sie lächelte. Inge hatte sich aufgesetzt. »Renate, darf ich dir auch noch meine Schwägerin Charlotte vorstellen, die Ehefrau meines Bruders? Charlotte, das ist Renate, wir haben uns in der Kur kennengelernt.«
Renate nickte knapp, dann sagte sie mit einem langen Blick auf Christine: »Ich werde mal eine richtige Vase organisieren. Für so einen Putzeimer waren die Blumen wirklich zu teuer.« Sie verschwand und hinterließ eine Parfümwolke. Heinz schnupperte ihr hinterher.
»Ach übrigens«, Johann war aufgestanden und setzte sich nun auf die Fensterbank, »hier sind Stühle. Wollt ihr euch nicht setzen?«
»Och, nein«, Heinz lehnte sich lässig an die Wand, »ich kann auch stehen. Vielleicht wollen Mama und die Renate sitzen. Oder, Charlotte?«
»Die Renate will bestimmt gleich tanzen.« Seine Frau nahm Platz und legte eine 500-Gramm-Tafel Schokolade auf den Nachttisch. »Komm, Inge, mach mal auf, ich brauche das jetzt auch.«
»Also, Inge«, Heinz ging überhaupt nicht auf seine Frau ein, -die habe ich mir ja ganz anders vorgestellt, deine Freundin. Die ist ja sehr nett.«
Mit einem brutalen Knacken brach Inge die Tafel in der Mitte durch und hielt sie Charlotte hin. »Nimm ordentlich«, sagte sie, »es hilft.«
Gleichzeitig stopften sie sich große Stücke in den Mund, als es schon wieder klopfte.
Till, an der Hand seiner
Weitere Kostenlose Bücher