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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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wurde. Ich habe sie natürlich gefragt, was sie denn hätte, aber sie hat nur gemeint, es wäre nichts. Sie wolle die Adressen nur sicherheitshalber.«
    »Sicherheitshalber?« Charlotte runzelte die Stirn. »Verstehe ich nicht. Sie sieht doch aus wie das blühende Leben.«
    »Ja, das finde ich ja auch. Und dann habe ich sie gestern Vormittag aus der Praxis von Dr. Fiedler kommen sehen, das ist ein Internist in Keitum. Sie machte so ein ernstes Gesicht, sah irgendwie ... unsicher aus. Ich habe noch gerufen, aber sie stieg sofort in ein Taxi und war weg.«
    Christine war plötzlich etwa eingefallen. »Wo hat euer Hausarzt seine Praxis?«
    »In der Paulstraße. Dr. Christiansen«, antwortete Anika.
    »Dann war sie das doch!« Christine wedelte mit den Blumen. »Ich war vorgestern doch in Westerland einkaufen und habe bei dem Italiener in der Paulstraße noch einen Kaffee getrunken. Die Praxis liegt gegenüber, oder?« Als Anika nickte, fuhr Christine fort: »Ich habe gelesen, und als ich kurz hochguckte, meinte ich, Tante Inge aus der Tür kommen zu sehen. Sie war aber sofort weg, auch im Taxi, ich dachte, ich hätte sie verwechselt.«
    Charlotte beugte sich vor. »Du hast die Karte aus dem Strauß geschüttelt. Pass doch ein bisschen auf. Nicht dass die aus der Folie rutscht. Ich verstehe das nicht: Wenn Inge hier mal was hat, geht sie doch immer zu unserem Arzt. Der ist bei uns um die Ecke, Inge kennt ihn gut.«
    Johann zuckte mit den Achseln. »Ihr könnt sie gleich fragen. Es gibt bestimmt eine ganz simple Erklärung dafür.«
    Unauffällig versuchte Christine erneut, durch die Folie die Unterschrift auf der Karte zu entziffern.
    "Vielleicht hat Inge irgendetwas Ernstes und will nicht, dass wir es erfahren. Wer ist denn Mark Kampmann?« Die Karte hatte sich jetzt gedreht.
    »Was?« Charlotte dachte noch über etwas anderes nach.
    »Mark Kampmann. Müssen wir den kennen?«
    »Nur, wenn ihr in Schwierigkeiten steckt.« Heinz' Stimme ließ alle vier zusammenzucken. »Das ist ein Anwalt in Westerland. Kenne ich vom Namen. Was ist mit ihm?«
    »Nichts.« Christine und ihre Mutter antworteten im Chor. »Gar nichts.«
    »Dann würdet ihr doch nicht über ihn reden.« Heinz beugte sich über die Blumen. »Donnerwetter. Da hat sich aber jemand in Unkosten gestürzt. Von wem sind die denn?«
    »Kann man nicht erkennen.« Christine zog den Strauß weg. Ihr Vater zog ihn zurück.
    »Du musst ein bisschen schütteln, dann fällt die Karte aus der Folie. Die ist doch nicht zugeklebt.«
    »Papa.«
    Sie zogen beide ein bisschen, und noch bevor Charlotte eingreifen konnte, fiel die Karte durch einen Schlitz in der Folie, genau vor Renates Füße. Sie bückte sich am schnellsten, stieß aber auf dem Weg nach unten mit Christines Kopf zusammen. »Aua«, mit schmerzverzerrtem Gesicht sah sie Christine böse an und griff nach der Karte. Heinz half Renate beim Hochkommen. »Haben Sie sich wehgetan? Das tut mir leid. Kommen Sie.«
    Christine kauerte noch am Boden und rieb sich die Schläfe, als die Tür aufging und der Arzt mit der Schwester herauskam.
    »So. Sie können wieder ins Zimmer gehen. Wir sind fertig.«
    »Und?« Heinz klammerte sich am Arm des Arztes fest, mit der anderen Hand hielt er noch Renates Ellenbogen. » Können Sie uns schon etwas sagen?«
    »Alles in Ordnung.« Sanft befreite sich der Arzt aus der Umklammerung, im Gegensatz zu Renate, die mit derselben Dramatik guckte wie ihr neuer Galan. Charlotte dachte sehnsüchtig an die Schokolade.
    »Wenn sie will, kann Frau Müller nach Hause gehen.«
    »Und die ganzen Blumen?« Christine war immer wieder überrascht, was ihr Vater im Leben wichtig fand. »Die kann man doch nicht mitnehmen. Ich meine, das macht man nicht. Das heißt, man kommt wieder. Oder? Charlotte?«
    Mit resigniertem Gesichtsausdruck sah die an die Decke. Renate nahm der überraschten Christine schnell die Blumen aus dem Arm, schob sich an allen vorbei und stürmte ins Zimmer. Sie wedelte mit der Karte.
    »Das sind ja schöne Neuigkeiten, Inge, du kannst nach Hause. Und sieh mal, diesen wunderschönen Blumenstrauß hast du von Mark Kampmann bekommen. Ist das nicht derjenige ...«
    »Den kannst du den Schwestern geben, für die freundliche Betreuung.« Inge hatte bereits ihre Hose und Bluse an und hielt eine Strickjacke in der Hand. »Aber die Karte will ich haben. Ich nehme den Strauß von Till mit. Dass ihr auch alle solche Massen an Blumen herschleppt. Als wenn ihr zur  Beerdigung wolltet.«

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