Tante Inge haut ab
>...<
Heute, empfangen um 22.18: Wo seid ihr denn? Ruf an!<
Heute, empfangen um 22.25: >...<«
Christine zuckte zusammen, als Johann ihr plötzlich auf die Schulter tippte.
»Katastrophen?«
Sie reichte ihm das Handy. »Mein Vater hat weder den Anrufbeantworter abgehört, auf den ich gesprochen habe, noch den Zettel meiner Mutter gesehen. Jetzt gerät er in Panik.«
»Und das heißt?«
»Zwölf Nachrichten auf meiner Mailbox. Ich muss hin.«
»Nein, ruf ihn an ...«, Johann suchte bereits die gespeicherte Telefonnummer, »sag ihm, wo sie ist und dass wir da jetzt nicht helfen können.« Er hielt ihr das Handy hin, aus dem sich nach dem ersten Freizeichen eine Männerstimme meldete.
»Ja, bitte?«
»Papa, ich bin es.«
»Pia?«
»Nein.« Christine stöhnte und lehnte die Stirn an Johanns Schulter. »Hier ist Christine, (üb mir mal meinen Vater. Und, Walter, melde dich nächstes Mal vernünftig.«
»Apropos melden, hast du eine neue Handynummer? Wir haben den ganzen Abend versucht, dich anzurufen.«
»Habe ich gemerkt. Ich war im Kino, (üb mir mal ...«
»Heinz, willst du mit deiner Tochter sprechen?«
Erschrocken riss Christine das Handy vom Ohr weg, denn Walter brüllte, als wäre Heinz am anderen Ende der Straße.
Im Hintergrund war Kallis Lachen zu hören, dann Heinz, der etwas murmelte. Dann wurde das Telefon fallen gelassen. Christine zuckte bei dem Lärm zusammen. »Ja? Christine? Bist du es?«
»Hallo Papa. Hast du den Anrufbeantworter nicht abgehört? Und den Zettel nicht gesehen?«
»Ach, Kind, jetzt mach doch keine Ratespiele. Was willst du denn? Wir spielen hier Skat, da kann ich nicht so lange wegbleiben und mich mit dir unterhalten.«
»Ich denke, du suchst Mama.«
»Die ist bei deinem Bruder in Hamburg. Das müsstest du doch wissen, du hast sie doch zum Bahnhof gefahren.«
»Und wieso rufst du dann dauernd an? Wenn du es doch weißt?«
»Ich habe nur dreimal angerufen, die anderen Male waren das Walter und Kalli. Das hat sich auch erledigt.«
»Hast du denn jetzt mit Mama telefoniert?«
»Sicher. Ihr geht es gut, alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen. So, ich bin jetzt dran. Tschüss.«
Langsam ließ Christine das Handy sinken und sagte zu Johann: »Komm, ich muss an die Bar.«
Sie saßen in einer ruhigen Ecke der Bar, vor sich eine Flasche Rotwein und zwei Gläser, und Christine spielte Johann ihre Mailbox vor. Er lauschte mit konzentriertem Gesichtsausdruck, der immer wieder von einem Grinsen abgelöst wurde. Als Christine dann noch mal das Telefonat mit ihrem Vater wiedergab, brach er in schallendes Gelächter aus.
»Es ist nicht zu fassen«, sagte er und wischte sich die Lachtränen weg, »so was kann man sich überhaupt nicht ausdenken. Die drei machen sich jetzt eine schöne Zeit, das kannst du glauben.«
»Kalli fährt ja morgen oder übermorgen wieder. Er will doch mit dem Zug zurück.«
»Niemals.« Johann griff nach seinem Glas und versuchte, ernst zu bleiben. »Die lassen doch nicht ihren dritten Mann beim Skat ziehen. Gerade jetzt, wo im Haus Platz ist.« Christine sah ihn nachdenklich an. »Wahrscheinlich hast du recht. Und wenn Walter anfängt, ihm günstige Zugverbindungen rauszusuchen, dauert das sowieso ein paar Tage.«
»Oder Wochen«, Johann grinste noch breiter. »Zumindest haben wir hier unsere Ruhe. Wir werden höchstens ab und zu nach dem Rechten schauen. Nicht wahr?«
Schweigend griff Christine zu den Nüssen, die in einer kleinen Schale vor ihr standen. Johann rutschte mit dem Stuhl näher an den Tisch, so dass sich ihre Knie berührten.
»Sag mal«, fing er an, »wie würdest du es denn finden, wenn ich nach Hamburg ziehen würde?«
Überrascht hob sie ihren Kopf. »Du willst in Bremen kündigen? Warum das denn auf einmal?«
"Vielleicht, um mit dir zusammenzuleben?«
»Johann!« Sie verschränkte ihre Hand mit seiner. »Bist du dir so sicher, dass das klappt?«
»Ja.« Er sah sie ernst an, dann lächelte er. »Ich trainiere hier ja bereits unter Extrembedingungen. Und mir geht es immer noch gut dabei. Außerdem brauchst du sowieso eine neue Wohnung. Hast du vergessen? Euer Haus wird saniert. Zwei Jahre Krach, Dreck...«
Ungeduldig winkte Christine ab. »Ja, ich weiß.«
»Weißt du, heute Mittag hat mich die Zentrale angerufen. In Hamburg geht ein Kollege in den Ruhestand, er hat mich als seinen Nachfolger vorgeschlagen.«
Sie sah ihn mit großen Augen an. »Und wann?«
»Zum ersten September. Ich habe drei Monate Zeit, die Wohnung in
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