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Tante Julia und der Kunstschreiber

Tante Julia und der Kunstschreiber

Titel: Tante Julia und der Kunstschreiber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Ellenbogen auf ihn ein. Dort – gymnastische Anstrengungen auf dem Boden, die schließlich aussahen wie Umarmungen der Liebe – entdeckte er zu seiner größten Überraschung, erregt und ejakulierend, daß sein Gegner ein Mädchen war. Die Gemütsbewegung, die seine boxenden Berührungen mit jenen unerwarteten Schwellungen in ihm hervorrief, war so stark, daß sie sein ganzes Leben veränderte. Auf der Stelle, als er sich nach der Prügelei wieder mit ihr vertrug und erfuhr, daß sie Sarita Huanca Salaverria hieß, lud er sie ins Kino ein, Tarzan anzusehen, und eine Woche später machte er ihr einen Heiratsantrag. Sari-tas Ablehnung, seine Frau zu werden und sich auch nur von ihm küssen zu lassen, trieben Joaquïn in klassischer Weise in die Kneipen. In kurzer Zeit wurde aus dem Romantiker, der seinen Schmerz in Whisky ertränkte, ein unrettbarer Alkoholiker, der seinen afrikanischen Durst mit Kerosin stillen konnte. Was weckte in Joaqufn diese Leidenschaft für Sarita Huanca Salaverria? Sie war jung, hatte einen gerten schlanken Körper, eine von Wind und Wetter gegerbte Haut, einen tänzerischen Gang, und als Fußballspielerin war sie nicht schlecht. Nach der Art, wie sie sich kleidete, den Dingen, die sie tat, und den Menschen, mit denen sie umging, schien sie mit ihrer Rolle als Frau nicht einverstanden zu sein. War es das vielleicht – Laster der Originalität, Raserei der Extravaganz –, was sie für den Aristokratensohn so attraktiv machte? Als er Marimacho zum ersten Mal in das heruntergekommene Haus in La Perla brachte, sahen sich seine Eltern, nachdem das Paar gegangen war, angewidert an. Der ehemals reiche Mann formulierte die Bitterkeit seines Gemüts in einem Satz: »Wir haben nicht nur einen Dummkopf gezeugt, sondern auch noch einen sexuell Pervertierten.“
    Sarita Huanca Salaverria trieb Joaquïn zwar in den Alkohol, gleichzeitig war sie jedoch das Sprungbrett, das ihn von den Straßenspielen mit schlechtgestopften Bällen zu den Wettkämpfen im Nationalstadion beförderte.
    Marimacho beschränkte sich nicht darauf, die Leiden schaft des Aristokratensohns abzulehnen; es machte ihr sogar noch Vergnügen, ihn leiden zu lassen. Sie ließ sich ins Kino einladen, zum Fußball, zum Stierkampf, in Restaurants, nahm kostbare Geschenke an (für die der Verliebte die Trümmer des Familienbesitzes verschwen dete), erlaubte aber nicht, daß Joaquïn ihr von Liebe sprach. Kaum versuchte dieser – Schüchternheit des Jünglings, der errötet, wenn er einer Blume Komplimente macht –, ihr stammelnd zu sagen, wie sehr er sie liebe, stand Sarita Huanca Salaverria wütend auf, verletzte ihn mit Beleidigungen von der Niedertracht eines Landstreichers und ließ ihn stehen. Dann begann Joaquïn zu trinken, zog von Kneipe zu Kneipe, trank alles durcheinander, um eine schnelle und explosive Wirkung zu erzielen. Für seine Eltern war es ein ganz gewöhnliches Schauspiel, ihn zu nachtschlafender Zeit nach Hause kommen zu sehen, wie er die Füße über den Boden schleifend durch die Räume von La Perla ging und eine Spur von Erbrochenem hinter sich herzog. Wenn er sich bereits ganz im Alkohol aufzulösen schien, ließ ein Anruf von Sarita ihn wiederauf erstehen. Er faßte neue Hoffnung, und der Teufelskreis begann von neuem. Von Bitterkeit zermürbt, starben der Mann mit dem Tick und die Hypochonderin gleichzeitig und wurden im Mausoleum des Friedhofs Presbitero Maestro beigesetzt. Die zusammengeschrumpfte Villa von La Perla und auch die noch übriggebliebenen Güter wurden entweder unter die Gläubiger verteilt oder vom Staat beschlagnahmt. Joaquïn Hinostroza Bellmont mußte sich nun seinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Wenn man bedenkt, wer er war (seine Vergangenheit verlangte, daß er entweder an Auszehrung starb oder als Bettler endete), machte er das hervorragend. Welchen Beruf wählte er? Schiedsrichter beim Fußball! Vom Hunger oder von dem Wunsch getrieben, die spröde Sarita zu umwerben, verlangte er nach und nach ein paar Soi von den Straßenjungen, bei deren Spielen er Schiedsrichter sein sollte, und als er sah, daß sie zusammenlegten und ihm das Geld gaben, erhöhte er – zweimal zwei sind vier, und vier und zwei sind sechs – die Sätze und kam besser zurecht. Da seine außerordentliche Fähigkeit auf dem Fußballplatz bekannt war, erhielt er Verträge für Jugendwettkämpfe, und eines Tages meldete er sich klugerweise bei der Vereinigung der Schiedsrichter und Fußballtrainer und bat um Aufnahme.

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