Tante Julia und der Kunstschreiber
und ungeduldig auf die Uhr sah. Schließlich brachte der Sekretär sie und sah sie unwillig durch. Als er sie auf den Schreibtisch legte, murmelte er in bürokratischem Ton: »Hier sind sie, Herr Bürgermeister. Es gibt da ein Hindernis wegen des Alters des jungen Mannes, ich sagte es Ihnen schon.«
»Hat irgend jemand Sie etwas gefragt?« sagte Pascual und machte einen Schritt auf ihn zu, als wollte er ihn erwürgen. »Ich tue nur meine Pflicht«, antwortete der Sekretär. Und sich wieder an den Bürgermeister wendend, fuhr er säuerlich fort und deutete auf mich: »Er ist erst achtzehn Jahre alt und legt keine notarielle Heirats erlaubnis vor.«
»Wie kannst du einen solchen Idioten als Assistenten haben, Vetter!« brach es aus Pascual heraus. »Worauf wartest du noch, warum schmeißt du ihn nicht raus und holst dir jemanden mit etwas mehr Grütze im Kopf.“
»Ruhe, dir ist der Alkohol zu Kopf gestiegen, und du wirst aggressiv«, sagte der Bürgermeister und räusperte sich, um Zeit zu gewinnen. Er verschränkte die Arme und sah Tante Julia und mich sehr ernst an. »Ich war bereit, die Sache mit dem Aufgebot zu übersehen, um Ihnen einen Gefallen zu tun, aber das hier ist ernster. Es tut mir leid.«
»Was ist?« fragte ich völlig überrascht. »Wollen Sie sagen, Sie hätten am Freitag nichts von meinem Alter gewußt?« »Was ist das für eine Farce«, intervenierte Javier. »Sie und ich hatten verabredet, daß Sie sie ohne weiteres trauen würden.“
»Verlangen Sie von mir, daß ich etwas Ungesetzliches tue?« erboste sich der Bürgermeister seinerseits und fuhr beleidigt fort: »Außerdem, schreien Sie mich nicht an, die Menschen verständigen sich sprechend und nicht schreiend.« »Aber, Vetter, bist du verrückt geworden«, sägte Pascual außer sich und schlug auf den Schreibtisch. »Du warst einverstanden, du wußtest das Alter, du hast gesagt, es mache nichts aus, spiel jetzt nicht den Vergeßlichen oder den Gesetzeskrämer. Trau sie endlich und laß den Mist.«
»Keine Schimpfworte vor einer Dame und trink nicht soviel, du hast sowieso nichts im Kopf«, sagte der Bürgermeister ruhig. Er wandte sich wieder an den Sekretär, und mit einer Geste deutete er an, er möge sich zurückziehen. Als wir allein waren, senkte er die Stimme und lächelte uns komplizenhaft an: »Merken Sie nicht, daß dieses Subjekt ein von meinen Feinden geschickter Spion ist? Jetzt, wo er drauf gestoßen ist, kann ich euch nicht mehr trauen. Man würde mir einen gewaltigen Skandal machen.“
Es gab keine Möglichkeit, ihn umzustimmen. Ich schwor, daß meine Eltern in den Vereinigten Staaten lebten und daß ich darum keine notarielle Erlaubnis vorlegen könne. Niemand in meiner Familie würde wegen einer Trauung Ärger machen. Tante Julia und ich würden sofort nach der Hochzeit für immer ins Ausland gehen.
»Wir hatten alles abgesprochen, Sie können uns jetzt nicht einen solchen Streich spielen«, sagte Javier. »Sei nicht so gemein, Vetter«, Pascual nahm ihn beim Arm. »Wir sind extra aus Lima gekommen.«
»Ruhig, macht mich hier nicht zum Sündenbock, ich habe eine Idee, ich hab's«, sagte schließlich der Bürgermeister. Er stand auf und zwinkerte mit den Augen: »Tambo de Mora! Der Fischer Martin! Fahrt sofort hin! Sagt ihm, ihr kommt von mir. Der Fischer Martin, ein sympathischer Mischling. Er wird euch herzlich gern trauen. Es ist besser so, ein kleines Nest, kein großes Aufheben. Martin, der Bürgermeister Martin, ihr gebt ihm ein Trinkgeld, und schon ist alles klar. Er kann kaum lesen und schreiben, er wird die Papiere gar nicht ansehen.« Ich versuchte, ihn zu überreden mitzukommen, machte Witze, schmeichelte ihm und bat ihn, aber es war nichts zu machen, er hatte Verabredungen, Arbeit, seine Familie erwartete ihn. Er begleitete uns bis zur Tür und versicherte uns, in Tambo de Mora sei die Trauung nur eine Frage von Minuten. Direkt vor der Tür des Bürgermeisteramtes nahmen wir ein altes Taxi mit zusammengeflickter Karosserie, das uns nach Tambo de Mora bringen sollte. Während der Fahrt sprachen Pascual und Javier über den Bürgermeister. Javier meinte, er sei der schlimmste Zyniker, den er je gesehen habe. Pascual versuchte ihn zu verteidigen und schob dem Sekretär die Schuld in die Schuhe, und plötzlich steckte der Chauffeur seine Nase in die Angelegenheit und begann ebenfalls Frösche und Schlangen gegen den Bürgermeister von Chincha zu speien. Er lebe nur von Geschäften und Schmiergeldern. Tante
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