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Tante Julia und der Kunstschreiber

Tante Julia und der Kunstschreiber

Titel: Tante Julia und der Kunstschreiber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Julia und ich hielten uns an den Händen gefaßt und sahen uns in die Augen. Hin und wieder flüsterte ich ihr ins Ohr, daß ich sie liebe. Als es dunkel wurde, kamen wir nach Tambo de Mora, und vom Strand aus sahen wir, wie eine Feuerscheibe unter einem wolkenlosen Himmel im Meer versank, in dem Myriaden von Sternen aufgingen. Wir gingen die zwei Dutzend Stroh- und Lehmhäuser ab, aus denen das Dorf bestand, zwischen an Land geholten Booten und Fischernetzen hindurch, die zur Reparatur über Stangen ausgebreitet waren. Wir rochen nach frischem Fisch und nach Meer. Halbnackte kleine Schwarze umringten uns, fraßen uns mit ihren Fragen beinahe auf: wer wir seien, woher wir kämen, was wir kaufen wollten. Endlich fanden wir die Hütte des Bürgermeisters. Seine Frau, eine Schwarze, die mit einem Strohfächer eine Feuerstelle in Gang hielt und sich den Schweiß mit der Hand von der Stirn wischte, sagte, ihr Mann sei fischen gegangen. Sie sah zum Himmel auf und fügte hinzu, er müsse gleich zurücksein. Wir warteten an dem kleinen Strand auf ihn, hockten auf einem Baumstamm und sahen eine Stunde lang, wie die Fischerboote von der Arbeit zurückkamen, und beobachteten das komplizierte Verfahren, mit dem sie die Boote auf den Strand zogen, und wie die Frauen der gerade Angekommenen, von gierigen Hunden umringt, schon am Strand den Fischen die Köpfe abschnitten und ihnen die Eingeweide herausnahmen. Martin kam als letzter zurück. Es war dunkel, und der Mond war aufgegangen.
    Er war ein grauhaariger Neger mit einem gewaltigen Bauch, sehr witzig und redselig, der trotz der Kühle der Nacht nur eine alte Hose trug, die an seinem Körper klebte. Wir begrüßten ihn wie ein vom Himmel herabgestiegenes Wesen, halfen ihm, sein Boot festzumachen, und begleiteten ihn zu seiner Hütte. Auf dem Weg, im schwachen Licht der Feuerstellen aus den türlosen Hütten, erklärten wir ihm den Grund für unseren Besuch. Er lachte und zeigte dabei ein paar gewaltige Pferdezähne: »Kommt überhaupt nicht in Frage, Freunde, suchen Sie sich einen anderen Dummen, der Ihnen diesen Braten brät«, sagte er mit tiefer, musikalischer Stimme. »Für einen ähnlichen Scherz hätte ich beinahe meinen Abschuß gekriegt.«
    Er erzählte uns, daß er vor ein paar Wochen, dem Bürgermeister von Chincha zu Gefallen, ein Pärchen getraut habe, ohne das Aufgebot zu bestellen. Vier Tage später war der Mann der Braut – »ein Mädchen aus dem Dorf von Cachiche, wo alle Frauen einen Besen haben und nachts durch die Luft fliegen«, sagte er, das bereits seit zwei Jahren verheiratet war – wild vor Wut bei ihm erschienen und hatte gedroht, diesen Kuppler umzubringen, der es gewagt hatte, die Vereinigung der Ehebrecher zu legalisieren.
    »Mein Herr Kollege aus Chincha kennt alle Schliche, der wird gen Himmel fliegen, so schlau ist der«, spottete er und schlug sich auf den von Wassertropfen glänzenden dicken Bauch. »Jedesmal, wenn irgend etwas faul ist, schickt er es dem Fischer Martin als Geschenk, und der Schwarze hat nachher die Leiche im Keller. Das ist ein Schlaumeier!«
    Es gab keine Möglichkeit, ihn zu erweichen. Er wollte nicht einmal einen Blick in die Papiere werfen, und meine Argumente und die von Javier – Tante Julia blieb stumm, hin und wieder lächelte sie gezwungen über den gerissenen Humor des Schwarzen – beantwortete er mit Spaßen, lachte über den Bürgermeister von Chincha oder erzählte uns noch einmal lauthals lachend die Geschichte des Mannes, der ihn umbringen wollte, weil er die kleine Hexe von Cachiche mit jemand anderem verheiratet hatte, ohne daß der Mann tot oder geschieden war. Als wir zu seiner Hütte kamen, fanden wir in seiner Frau eine unerwartete Verbündete. Er selbst erzählte, was wir wollten, während er sich das Gesicht, die Arme und den breiten Körper abtrocknete und mit Appetit in die Pfanne, die auf der Feuerstelle stand, schnupperte.
    »Trau sie doch, herzloser Schwarzer«, sagte seine Frau und deutete mitleidig auf Tante Julia. »Sieh dir die Arme an, man hat sie geraubt, und nun kann sie nicht heiraten, sie muß bei alldem furchtbar leiden. Was macht es dir aus, oder ist dir der Ruhm zu Kopf gestiegen, weil du Bürgermeister geworden bist?« Martin ging mit seinen quadratischen Füßen auf dem erdigen Boden der Hütte auf und ab und sammelte Gläser und Tassen ein, während wir mit unserer Geschichte anfingen und ihnen alles anboten, von unserer ewigen Dankbarkeit bis zu einer Entschädigung, die vielen

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