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Tante Lisbeth (German Edition)

Tante Lisbeth (German Edition)

Titel: Tante Lisbeth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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geschlossen, und in Anbetracht des Zustandes, in dem wir uns befinden, haben Sie weder von ihrer noch von meiner Seite einen Fluchtversuch zu befürchten.«
    Beide Beamte kamen dem im Befehlston ausgesprochenen Wunsche des Staatsrates nach.
    »Komm, ich will mit dir sprechen, elende Lakaienseele!« sagte Hulot leise zu Marneffe, faßte ihn am Arm und zog ihn zu sich heran. »Ich wäre der Mörder nicht, sondern du! Sag an, willst du Kanzleidirektor werden und Ritter der Ehrenlegion?«
    »Vor allen Dingen das erstere!« antwortete Marneffe.
    »Du sollst alles werden, beruhige deine Frau, und schicke die Herren weg!«
    »Nein!« versetzte Marneffe scharf. »Die Herren müssen das Protokoll auf frischer Tat aufnehmen, denn was könnte ich ohne dieses Aktenstück, der Basis meiner Klage, ausrichten? Die hohe Verwaltung hat ihr Wort nicht gehalten. Sie haben mir meine Frau gestohlen, Herr Baron, und mich nicht zum Kanzleidirektor gemacht. Ich gebe Ihnen nur zwei Tage, um die Sache in Ordnung zu bringen. Ich habe hier Briefe ...«
    »Was für Briefe?« rief der Baron, indem er Marneffe unterbrach.
    »Nun, Briefe, die beweisen, daß das Kind, das meine Frau kriegen wird, von Ihnen ist. Sie verstehen! Sie müssen meinem andern Sohn eine Rente aussetzen, die dem Anteil gleichkommt, den ihm das illegitime Kind nehmen wird. Ich will bescheiden sein, denn die Sache ist mir ziemlich Wurst. Ich habe keinen Vaterschaftskoller, beim Teufel nicht! Zweitausend Francs Rente sollen genügen. Morgen früh will ich aber Coquets Nachfolger sein und in die Liste derer eingetragen, die anläßlich des Julifestes zu Rittern der Ehrenlegion vorgeschlagen werden oder... das Protokoll wird mit meiner Klage bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Ich bin ein guter Kerl, nicht?«
    »Gott, die hübsche Frau!« sagte der Friedensrichter zum Polizeikommissar. »Es wäre wirklich schade, wenn sie wahnsinnig würde.«
    »Sie ist nicht wahnsinnig«, antwortete der Polizeikommissar bestimmt. Ein Polizeimensch ist immer der verkörperte Zweifel.
    »Der Herr Baron von Hulot ist in eine Falle gegangen«, fügte der Polizeikommissar laut genug hinzu, um von Valerie verstanden zu werden.
    Valerie schleuderte dem Kommissar einen Blick zu, der ihn getötet hätte, wenn Blicke das Gift hätten, das sie ausdrücken. Der Kommissar lächelte; auch er hatte seine Falle gestellt. Valerie war hineingegangen.
    Marneffe forderte seine Frau auf, in das Schlafzimmer zurückzugehen und sich daselbst anständig anzukleiden. Er hatte sich mit dem Baron über alle Punkte geeinigt. Hulot zog einen Schlafrock an und kam in das erste Zimmer zurück.
    »Meine Herren«, sagte er zu den beiden Beamten, »ich brauche Sie nicht erst um Verschwiegenheit zu bitten.«
    Die beiden Beamten verneigten sich. Der Polizeikommissar klopfte zweimal leicht an die Tür. Sein Schreiber trat ein, setzte sich an den Tisch und fing an, nach seinem leisen Diktat zu schreiben. Valerie fuhr indessen fort, heiße Tränen zu vergießen. Als sie mit Ankleiden fertig war, ging Hulot ins Schlafzimmer und zog sich auch an. Währenddem wurde das Protokoll aufgenommen. Marneffe wollte darauf mit seiner Frau weggehen; aber Hulot, der glaubte, er sähe sie zum letzten Male, erbat durch eine Gebärde die Gunst, mit ihr sprechen zu dürfen.
    »Herr Marneffe, die gnädige Frau kommt mir teuer genug zu stehen, so daß Sie mir wohl erlauben können, ihr Lebewohl zu sagen ... in Ihrer Gegenwart natürlich.«
    Valerie erschien, und Hulot sagte leise zu ihr:
    »Es bleibt uns nur noch die Flucht übrig; aber wie sollen wir bis dahin unsern Briefwechsel bewerkstelligen? Wir sind verraten worden.«
    »Ja, durch Regina!« antwortete Valerie. »Mein geliebter Freund, nach diesem Skandal dürfen wir uns nicht wiedersehen. Ich bin entehrt. Zudem wird man dir Schändlichkeiten über mich hinterbringen, und du wirst sie glauben.«
    Der Baron machte eine abwehrende Bewegung.
    »Du wirst sie glauben, und es ist vielleicht gut so, denn dann wirst du dich nicht nach mir sehnen.«
    »Er soll doch nicht als simpler Sekretär abfahren!« sagte Marneffe höhnisch zum Staatsrat, als er zurückkam, seine Frau zu holen, zu der er roh sagte: »Genug, Frau, wenn ich dir gegenüber auch schwach bin, so will ich doch für andere nicht das dumme Luder sein!«
    Valerie verließ das Crevelsche Nest, wobei sie dem Baron noch einen letzten, so sinnlichen Blick zuwarf, daß er sie für rasend verliebt hielt. Der Friedensrichter reichte Frau Marneffe

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