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Tanz auf dem Regenbogen

Tanz auf dem Regenbogen

Titel: Tanz auf dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kinky Friedman
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Hawaii der Makai Strings war längst vergangen. Missionare, Amerikaner, Japaner, Zuckerbarone, Ananaskönige, Lepra, Masern, Pocken, Grippe und die grausamste und schonungsloseste Krankheit überhaupt – die Zeit – hatte die Kinder des Regenbogens dezimiert oder assimiliert, und nur Gott weiß, welches das schlimmere Schicksal ist. Die Schönheit des alten Hawaii lebte, wenn auch nur in den ungeschliffenen, verträumten Augen von vier alten Haoles, die einst schöne, lebendige Menschen gewesen waren und jetzt stoisch – nein heiter – in der Hotelbar spielten, die grauen Häupter voller Erinnerungen und jeder mit beiden Händen an den Saiten und mit einem Fuß im Grab.
    Das erste Set der Makai Strings endete ganz passend mit »Aloha Oe«, dem Song, den Queen Liliukalani im Gefängnis für ihren toten Mann King Kalakaua geschrieben hatte. »My love be with you till we meet again.« Aber einige unter uns treffen sich nie mehr. Ich dachte an Robert Louis Stevenson, der unter dem Banyanbaum Geschichten erzählte für Ka‘iulani, die kindliche Prinzessin von Hawaii, die letzte Prinzessin Hawaiis, die Prinzessin, die nie Königin werden sollte weil ihr Reich verloren war wie eine Burg im Sand, die Prinzessin, die jünger als Hank Williams, aber älter als John Keats starb, die Prinzessin, die von ihrem Volk geliebt wurde und um die die königlichen Pfauen in ihrer Sterbeminute weinten, und deren liebreizendes und anziehendes Porträt jetzt durch die Touristen des Royal Hawaiian Hotel hindurchsieht, mit Augen voll von Unfug und Tragik, zeitlos wie der tropische Regen.
    Ich dachte an den prophetischen Vers, den Stevenson Ka’iulani in ihr kleines rotes Poesiealbum geschrieben hatte, bevor sie nach England aufbrach, um dort zur Schule zu gehen. Der Banyanbaum wurde ziemlich vorhersehbar im Namen der städtischen Erschließung gefällt, aber ein Ableger wurde gerettet und wieder eingepflanzt und blüht jetzt auf dem Pausenhof der Princess Ka’iulani Grundschule in Honolulu. Unter dem Baum befindet sich ein Messingschild, auf dem der Vers eingraviert ist. Also leben in dieser Welt Baum und Vers weiter. Der Vers lautet:
     
    Forth from her land to mine she goes,
    The island maid, the island rose,
    Light of heart and light of face:
    The daughter of a double race.
    Her islands here, in Southern sun,
    Shall mourn their Ka‘iulani gone,
    And I, in her dear banyan shade,
    Look vainly for my little maid. *
     
    »A fond embrace«, sang die Band gerade, »until we meet again.« Dann war »Aloha Oe« verklungen und ich bemerkte eine Träne in Stephanies Augen. Ich könnte nicht sagen, ob nicht auch in meinen Augen eine Träne stand. Es könnte am Sog der Geschichte gelegen haben, der Zeit und der Augenblicke, die über Geschichte und Zeit hinausgehen. Denn alles Gute, Große und Schöne passiert immer in einem Augenblick. Deswegen hält es für ewig.
    Kurze Zeit später, als ich der Kellnerin signalisierte, das Beil fallen zu lassen, merkte ich, daß Hoover immer noch von den Nachtwanderern redete. Er schien eine fast klinische Erinnerung an bestimmte obskure Themen zu haben. Die Ka ‘ai und die Nachtwanderer gehörten dazu.
    »… und wenn man sie sieht, ist die einzige Überlebenschance«, sagte Hoover gerade, »daß man in direkter Linie von den Alii abstammt. Und selbst dann ist man wahrscheinlich totes Fleisch. Wenn man kein direkter Nachkomme ist, gibt es nur eine einzige Möglichkeit – und das denke ich mir nicht aus –, es ist nämlich eine überlieferte Kapu, etwas, das man nicht sehen darf. Was man tun muß, wenn man wirklich das Pech hat, die Nachtwanderer zu sehen, ist, man muß sich all seiner Kleidung entledigen und sich splitterfasernackt ausgestreckt hinlegen, den Bauch ganz fest auf den Boden gedrückt.«
    »Auf daß Stephanie Nachtwanderer sehen möge«, sagte ich. »Auf daß Friedman sie nicht sehen möge«, sagte sie.

 
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    »Als du sagtest, du würdest uns zum Essen einladen«, sagte McCall eine Stunde später, »habe ich nicht mitgekriegt, daß du die Don Ho Show meintest.«
    »Es gibt auch Essen«, sagte ich, während ich auf die altersmäßig vorgerückten Touristen in farblich abgestimmten Haole Hemden um uns herum zeigte, die gerade von einer großen Schar Kellner identische Gummihuhngerichte serviert bekamen.
    »Du mußt das schon Kinky überlassen«, sagte Rambam, »er hat Stil.«
    »Was ist schlecht daran zur Don Ho Show essen zu gehen?« sagte ich. »Unter demographischen

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