Tanz auf Glas
hinter der Tür brachte Mickeys bleiernes, totes Gewicht uns beinahe zu Fall. Plötzlich war Priscilla bei mir. Sie zog Mickeys Arm von mir und schob ihre Schulter in seine Achselhöhle. Ich nahm ihr die Brieftasche ab, die sie sich unter den Arm geklemmt hatte. Wieder wollte die Frau danach greifen, doch diesmal baute sich Lily vor ihr auf und sagte ihr aus nächster Nähe ins Gesicht: »Wir haben Ihnen schon gesagt, was Sie zu tun haben. Rufen Sie Charlotte Barbee an.«
Unten ließ Ron Mickey in einen Sessel rutschen, holte seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und sagte: »Ich fahre vors Haus.« Dann bemerkte er im selben Moment wie ich, dass Lily uns nicht gefolgt war. Rasch eilte er zurück zur Treppe, doch da war sie schon auf dem Weg nach unten.
»Was ist los?«, fragte er und ging ihr entgegen. »Alles in Ordnung?«
»Ja. Sie wollte mir nur noch etwas sagen.« Lily sah mich an. »Sie hat mir versichert, dass sie nicht miteinander geschlafen haben. Sie wollte, dass du das weißt, Lu. Es ist nichts passiert.«
»Na klar«, schnaubte Priscilla.
»Ich weiß«, sagte ich erschöpft. »Lily, bring die Brieftasche bitte Cory. Er soll sie ihr zurückgeben.«
»Was? Woher willst du wissen, dass das stimmt?«, fragte Lily verblüfft, als ich ihr die Brieftasche reichte. Meine gesamte Familie starrte mich an.
»Ob ihr es glaubt oder nicht, das ist eine Grenze, die Mickey niemals überschreiten würde. Er hat diese Tabletten geschluckt, um genau dafür zu sorgen. Sie waren sein Sicherheitsnetz für alle Fälle.« Ich schüttelte den Kopf. Unbesonnene Promiskuität ist typisch für viele Manisch-Depressive, aber ich hatte das große Glück, nicht mit solch einem verheiratet zu sein. Nein, die Frau war meine geringste Sorge – vielmehr würden meinen Mann seine Dummheiten womöglich das Leben kosten, wenn wir uns nicht beeilten. Ich starrte Mickey an, der im Sessel zusammengesackt war. Ich hatte diese Katastrophe kommen sehen, aber nichts tun können, um sie zu verhindern.
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23
Unbek. Datum – diktiert, für Gleason
I ch habe mir dabei zugesehen, wie ich die Tabletten geschluckt habe. Eine nach der anderen, manchmal auch zwei auf einmal, heruntergespült mit Wein, den ich nicht trinken sollte. Ich habe mich selbst mit vollkommen rationalem Verstand beobachtet. Ich habe mir zugeschaut, aber ich konnte mich nicht davon abhalten. Natürlich nicht. Ich musste irgendetwas beweisen, da war ich mir sicher. Aber je mehr Tabletten ich nahm, desto schwerer fiel es mir, mich daran zu erinnern. Gehörte alles zum Plan. Welchem Plan? Das Baby. Richtig. Das Baby. Ein Baby? Alles lief zusammen und vermischte sich. Lucy ist wieder krank. Es wenigstens versuchen. Keine Abtreibung. Noch eine Tablette, noch ein Schluck Wein. Nur schmelzen. Was für eine gute Idee von mir, den Schmerz einfach wegzuschlafen. Mich auflösen. Einfach schmelzen. Noch eine Tablette, noch mehr Wein. Es war fast vorbei, dachte ich. Ich war fast vorbei. Dann die Panik. Was? Schmelzen. Warte. Schmelzen.
Lieber Gott, dachte ich, hilf mir. Was habe ich …
Und das ist der letzte Gedanke, an den ich mich erinnern kann.
Als ich endlich zu meinem Mann durfte, horchte ein Arzt, den ich noch nie gesehen hatte, ihn ab. Sobald er fertig war, hängte er sich das Stethoskop um den Hals und stellte sich mir vor. Dr. Harwood sah müde aus, aber er hatte ein nettes Lächeln. Er erklärte mir, dass Mickeys Blut hohe Konzentrationen von Benzodiazepinen und Alkohol aufwies, und dass Clonazepam auch in hohen Dosen allein nicht direkt lebensbedrohlich war, die Kombination aber tödlich sein konnte. Ich nickte – das wusste ich. Ich verstand nur nicht, weshalb Mickey so etwas getan haben sollte. Er hatte bisher nur einmal versucht, sich das Leben zu nehmen, und da war er so psychotisch gewesen, so verzweifelt in seinem Wahn, dass er nur noch Erleichterung gesucht hatte. Doch das war heute Abend nicht der Fall, und ich konnte nicht glauben, dass er tatsächlich sterben wollte.
Falls doch, so hatte er sich Dr. Harwood zufolge eine gute Methode ausgesucht. Mickeys Überdosis hatte sein Zentralnervensystem so stark betäubt, dass der Atemreiz ausgeschaltet war. Er wurde künstlich beatmet, damit er nicht erstickte. Der Arzt war jedoch zuversichtlich, dass Mickey wieder selbständig würde atmen können, wenn sein Körper die Toxine ausgeschieden hatte. Er hatte Infusionen und einen Katheter angeordnet, damit das möglichst schnell geschah.
Sobald Mickey
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