Tanz auf Glas
Priss zog sich eine Holzkiste heran, die eigentlich der Präsentation von Kissen diente, doch die Damen schienen nichts dagegen zu haben.
»Schließ die Augen. Und nur ja nicht linsen. Du auch, Priscilla. Also gut, Wandy, du kannst kommen!«, flötete Muriel.
Ich hörte leises Rascheln und leises Gezwitscher von meinen Freundinnen, dann sagte Wanda Murphy: »Okay, Augen auf.«
Es war natürlich ein Quilt. Eine wunderschöne rosafarbene Babydecke.
»Oh!«, stieß Priscilla aus. »Ich glaube, das ist das Schönste, was ich je gesehen habe.« Der Quilt war ein Puzzle aus Stoffstücken in jeder denkbaren Rosaschattierung, zusammengesetzt zum Bild einer Frau mit einem kleinen Mädchen an der Hand. In einer Ecke leuchtete eine pinkfarbene Sonne, und ich musste meiner Schwester recht geben – er war wunderschön.
»Gefällt er dir?«
»Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
»Wir werden ihn in zwei Wochen für einen landesweiten Wettbewerb einreichen. Danach gehört er dir«, erklärte Muriel. »Was sagst du?«
»Ich bin begeistert! Und von dir auch.« Ich küsste Muriel und Wanda, zwei der besten Freundinnen meiner Mutter. In diesem Moment erschien Oscar Levine in Khakishorts und einem blauen Pullover mit einem Tablett voller Hotdogs und einer Flasche Wein am Stand. Priss und ich standen auf, um zu gehen, doch Oscar bestand darauf, dass wir noch blieben. Er sagte, Lily hätte uns hier drüben gesehen und zwei Hotdogs für uns gemacht, genau so, wie wir sie am liebsten mochten. Was blieb uns also anderes übrig? Wir setzten uns also wieder. Selbst Priscilla, die normalerweise nicht viel von unserer Kleinstadtvertraulichkeit hielt, schien sich nach zwei Pappbechern Wein sehr wohl zu fühlen.
Mein Handy klingelte, und Priscilla blickte zu mir auf, als ich dranging. »Hallo?«
»Lucy? Tut mir leid, wenn ich störe. Hier ist Jared.«
»Hallo.« Ich hörte Musik im Hintergrund, und der fröhliche Lärm vieler Gäste sagte mir, dass im Partners Hochbetrieb herrschte.
»Ich glaube, du kommst besser her. Mickey ist doch hier. Ich habe ihn erst vor ein paar Minuten entdeckt. Er hat ziemlich viel getrunken, ist offenbar in bester Partystimmung, und da ist eine Frau, die ihn einfach nicht in Ruhe lässt. Ich habe ihr schon gesagt, dass sie sich verziehen soll, aber sie rührt sich nicht. Also komm lieber. Und bring vielleicht Ron mit.«
Ich schluckte und starrte Priscilla in die Augen. »Danke, Jared. Ich komme sofort.« Ich legte auf. Es war lange her, seit man mich zuletzt gerufen hatte, damit ich meinen Mann einsammelte. Normalerweise reichten die Anwesenheit und das freundliche Zureden von Menschen, die Mickey kannten, um ihn zur Vernunft zu bringen – zumindest in der Öffentlichkeit.
»Wir müssen los«, sagte ich und stand auf. Ich umarmte meine lieben Freundinnen und bedankte mich noch einmal überschwenglich in der Hoffnung, sie damit von eventuellen Fragen abzulenken.
Sobald wir außer Hörweite waren, nahm Priscilla mich beim Arm. »Was ist?«
»Er ist im Club. Mit irgendeiner Frau.«
Priscilla blieb stehen und schüttelte den Kopf. »Das soll wohl ein Witz sein? Dieser dämliche …«
»Priss, ich brauche deine Hilfe, aber
das
kann ich nicht gebrauchen.« Sie hob die Hände, als ergebe sie sich, doch ihre Augen blieben hart. Meine Nackenhaare sträubten sich, denn ich erwartete eine bissige Bemerkung.
»Priss, das ist in Wahrheit nicht Mickey. Das weißt du doch. Er hat einfach unglaubliche Schwierigkeiten mit unserer Situation. Mit allem.«
Priscilla seufzte. »Wir auch«, sagte sie, und diese Resignation war ich von ihr nicht gewohnt.
Die ersten Aussteller fingen schon an, ihre Stände für heute zu schließen. Wir fanden Ron an dem Müllcontainer neben seinem Stand. Er grinste uns entgegen.
»He, vielen Dank für eure Hilfe heute Abend. Hier war die Hölle los, und Lily und ich sind euch sehr dankbar, dass ihr mal ausgeholfen habt.« Als er meinen Gesichtsausdruck sah, hörte er auf zu witzeln. »Lucy, was ist passiert?«
»Mickey. Kannst du mit mir zum Club fahren?«
Er zögerte keinen Augenblick. Das tut er nie. »Lass mich nur schnell abschließen. Was hat er angestellt?«
»Das weiß ich noch nicht, aber eine Frau ist bei ihm.«
Er schüttelte den Kopf. »Das ist nicht gut.«
»Er ist in letzter Zeit so unberechenbar«, sagte ich. »Ich weiß nicht, was uns da erwartet.«
Lily beugte sich aus dem Fenster der Würstchenbude und nickte. Sie hatte unsere Unterhaltung gehört. »So
Weitere Kostenlose Bücher