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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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nicht so schlecht, wie alle annehmen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das glauben soll.«
    Mickey schaute zu Boden.
    »Was willst du damit sagen?«
    Er schüttelte den Kopf und sah mich nicht an.
    »Was ist?«
    »Gleason ist ein toller Arzt, aber er kann nicht immer genau zwischen meinem Wahnsinn und meinem Kummer wegen meines Wahnsinns unterscheiden.«
    »Was soll das heißen? Ich verstehe dich nicht.«
    Mickey hob seine trüben, traurigen Augen. »Ich habe Angst, dich zu verlieren … Ich weiß einfach nicht, wie ich ohne dich zurechtkommen sollte. Und im Moment wird
das
als verrückt interpretiert.« Er sah mir jetzt fest in die Augen. »Ich wünschte, ich wäre stärker und besser in solchen Dingen.« Er küsste meine Handflächen. »Bin ich aber nicht. Gleason kann mich bis zum Sanktnimmerleinstag mit Pillen bewerfen, das wird gar nichts ändern. Es kann nichts daran ändern, was mit dir geschieht. Mit uns.«
    Darauf hatte ich keine Antwort, und das stand mir anscheinend ins Gesicht geschrieben, denn Mickey hob sacht mein Kinn an. »Sprich mit mir, Lu.«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Sag, dass du mich verstehst.«
    »Tue ich aber nicht. Du warst da mit einer anderen Frau.«
    »Nein, war ich nicht. Nicht so, wie du es meinst – nichts, was wirklich zählt. Das weißt du doch.«
    »Du hattest alle deine Pillen geschluckt. Du hast versucht, dich umzubringen.«
    Mickey schwieg.
    »Stimmt das? So war es doch, oder?«
    »Ich weiß nicht. Das ist schwer zu erklären. Vielleicht. Jedenfalls ist das sicher der Grund für die vielen starken Medikamente und zusätzlichen Therapiestunden.«
    »Mickey, was uns gerade widerfährt, ist schwer und ungerecht, aber wir müssen irgendwie damit umgehen. Weil hier etwas noch Wichtigeres auf dem Spiel steht. Kannst
du
das nicht verstehen?«
    Sein Gesicht verschwamm im Halbdunkel, und ich hoffte, dass das auch für mein Gesicht galt, denn er sollte meine Enttäuschung nicht sehen.
    »Die Sache neulich Abend hat mich sehr verwirrt, und ich brauche eine ehrliche Antwort. Was ist passiert? Hast du wirklich versucht, dich umzubringen?«
    »Ja«, sagte er. »Ich weiß, dass das kein guter Zeitpunkt gewesen wäre, aber ich wollte wirklich sterben. Ich konnte nichts dagegen tun – ich hatte nicht die Kraft, das aufzuhalten.«
    Ich starrte ihn an. Irgendetwas an dieser allzu raschen Antwort kam mir falsch vor. Sie ging ihm zu mühelos über die Lippen, zu geübt. Während ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass nicht nur mit seinen Worten etwas nicht stimmte. Ich war ja so dumm! Natürlich – zu keinem Zeitpunkt hatte ich den Tod in Mickeys Nähe gespürt. Wenn die Liebe meines Lebens wirklich hätte sterben wollen, dann hätte ich das ganz sicher gewusst! Er hatte eine Überdosis genommen, aber es hatte keine Vorahnung, keine Warnung von
ihr
gegeben. Wenn ich sie gespürt hätte, wäre ich niemals nach Hawaii geflogen.
    Ich löste die Hände von Mickeys und faltete sie im Schoß, entließ ihn jedoch nicht aus meinem forschenden Blick. Ich musterte sein stoppeliges, müdes, schrecklich gequältes Gesicht.
    »Da stimmt etwas nicht. Du lügst mich an.«
    »Wie bitte?«
    »Du lügst, Mickey, und ich will wissen, warum. Ich weiß nicht, was du in dieser Nacht wirklich vorhattest, aber ich glaube nicht, dass du sterben wolltest. Was für ein Spiel treibst du hier?«
    Mickey stieß ein Seufzen aus. »Glaub mir oder lass es bleiben, Lucy. Aber es ist, wie es ist.«
    »Nein, ist es nicht. Was ist mit dem Baby?«
    Ein Schluchzen brach aus Mickey hervor, und einen Moment lang konnte er nicht sprechen. Seine Schultern bebten, und ich sah ihm an, wie verzweifelt er war. »Ich liebe das Baby«, krächzte er. »Und ich hasse es. Aber ohne dich …« Er schlug die Hände vors Gesicht. »Verstehst du das denn nicht? Es ist egal! Ich kann das nicht!«
    »Mickey, dir bleibt gar keine andere Möglichkeit.«
    »Hör auf damit, Lucy! Du hörst mir nicht zu. Ich habe eine andere Möglichkeit. Und die habe ich neulich Abend zu nutzen versucht.«
    Ich stand auf. Mickey hockte da so zerknautscht, schlaff und gequält, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. In Gedanken hörte ich mir seine Worte noch einmal an, und mir stockte der Atem. Ich war wirklich dumm! Jetzt, da ich richtig hinsah, stand es ihm klar und deutlich ins Gesicht geschrieben. Wie hatte ich das übersehen können?
    In einem Winkel von Mickeys Geisteskrankheit versteckte sich ein rationaler Mann. Seine einzige Aufgabe bestand

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