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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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Schwindelig vor Angst nannte ich Priscillas Telefonnummer, in der Hoffnung, dass mich jemand hörte, und bat darum, dass meine Schwester angerufen wurde.
    Während ich hilflos dalag, stellte ich mir vor, dass ich mich um mein Baby zusammenkrümmte, meine kleine Tochter fest an mich drückte und sie im dünnen Schutz meines Körpers barg. Ich war so in dieses Bild vertieft, dass Dr. Matthews mich zweimal ansprechen musste, um mir zu sagen, dass ich es schon überstanden hatte. Erst jetzt wurde mir ein schweres Druckgefühl auf der Brust bewusst. Eis. Ich wurde schnell in einen anderen Raum geschoben. Ich schloss die Augen.
    »Haben Sie Schmerzen, meine Liebe?« Ich blickte in die warmherzigen Augen einer Frau, die vermutlich eine Krankenschwester war, und schüttelte den Kopf.
    »Können Sie sich aufsetzen? Ich habe hier ein Glas Saft für Sie.« Sie half mir auf und riet mir, tief durchzuatmen, damit ich nicht wieder ohnmächtig wurde. »Wann haben Sie zuletzt etwas gegessen, Liebes? Haben Sie Hunger?«
    Der Saft schmeckte köstlich. »Der genügt mir. Danke.«
    »Dann wenigstens ein paar Cracker.« Sie drückte mir ein paar salzige Cracker in die Hand. »Also, haben Sie Fragen?«
    »Wo soll ich anfangen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Sie Ärmste. Ich kann mir vorstellen, was Sie für einen Tag hinter sich haben.« Sie setzte sich und lächelte mich an. Auf ihrem Namensschild stand GAIL , und sie war etwa in Charlottes Alter, blond und vollbusig in einem blauen OP -Kittel. »Soweit ich weiß, hat Ihre Ärztin Sie mit ein paar Aufnahmen hierhergeschickt. Und ehe Sie sich’s versehen, machen wir eine Autopsie bei Ihnen.«
    »So ungefähr. Haben Sie etwas gefunden?«
    Gail schüttelte den Kopf. »Dr. Matthews hat zwei Biopsien vorgenommen, eine Feinnadelaspiration und eine Vakuumbiopsie aus einem kleinen Bereich im hinteren Teil Ihrer Brust. Er hat mehrere hundert Zellen entnommen, die jetzt untersucht werden. Er wird sich mit Ihrer Ärztin in Verbindung setzen.«
    »Warum zwei verschiedene?«
    »Er ist eben sehr gründlich. Und er muss Ihrer Ärztin einen großen Gefallen schuldig sein, dass er Sie so kurzfristig drangenommen hat. Sie sind in sehr guten Händen.«
    »Tja, das ist gut zu wissen.«
    »Aber sein Assistent … Ganz ehrlich, wir glauben ja, dass er batteriebetrieben ist.«
    Ich kicherte, und Gail half mir, meine Bluse anzuziehen.
    »Danke schön«, sagte ich und staunte darüber, wie es dieser Frau gelang, mein furchtsames Herz zu beruhigen. »Im Ernst. Vielen Dank.«
    »Essen Sie noch ein paar.« Sie drückte mir mehr Cracker in die Hand. »Und wenn Sie sich in zehn Minuten noch gut fühlen, dürfen Sie gehen.«
    Während ich in meinem mit Vorhängen abgeteilten Bett saß und Saft nippte, hörte ich draußen einen kleinen Aufruhr. Priscilla rief mit einem ulkigen, lauten Flüstern meinen Namen. Anscheinend suchte sie hinter den Vorhängen nach mir. Schließlich spähte sie zu mir herein.
    »Lucy, alles in Ordnung?«
    »Mir geht es gut, Priss.«
    »Was machst du hier? Was ist passiert?«
    »Charlotte hat etwas ertastet und beim Ultraschall einen Schatten gesehen, deshalb hat sie mich hierhergeschickt. Aber die Veränderung kommt wahrscheinlich nur von der Schwangerschaft. Es ist bestimmt nichts Schlimmes.« Ich hörte meine Stimme kippen und spürte, wie Charlottes Versprechen brach. Mit zitternder Unterlippe und Tränen in den Augen starrte ich meine Schwester an. Ich kam mir dumm und schutzlos vor.
    Priscilla schlang die Arme um mich. »Ist schon gut, Lu. Ich bin da.«
    Es fühlte sich so gut an, meine Qualen meiner Schwester zu überlassen, sie nur einen Moment lang meine Angst festhalten zu lassen, damit ich mich zusammenreißen konnte! Priss strich mir übers Haar, und ich drückte das Gesicht an ihre Seidenbluse und bemühte mich, nicht zu weinen. Ich war verängstigt und müde, aber jetzt, da sie hier war, ging es schon besser. Nach ein paar tiefen Atemzügen richtete ich mich auf und versicherte ihr, es gehe mir gut. Priscilla strich meine Bluse glatt und kämmte mir mit ihren langen Fingern die Haare.
    »Lucy, du siehst furchtbar aus.«
    »Ich weiß, und ich muss mich wieder fangen, ehe ich Mickey gegenübertrete.«
    Priscilla stöhnte. »O Gott, natürlich. Wo ist er? Ist er hier irgendwo?«
    »Nein, er weiß gar nichts davon.«
    »Na, großartig, Lucy. Wie stellst du dir das vor? Willst du einfach so tun, als sei alles in bester Ordnung? Was ist das nächste große Geheimnis, mit dem

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