Tanz auf Glas
nicht, Mrs Chandler.«
Auf einmal bereute ich es, dass ich Mickey nicht mitgenommen hatte. Owen führte mich in einen weiteren Raum, deponierte mich hinter einem Vorhang und bat mich höflich, meine Bluse abzulegen und ein bereitgelegtes Krankenhaushemd anzuziehen. Dann war er wieder verschwunden, und ich brach in Schweiß aus.
In diesem Untersuchungszimmer wartete ich fast eine halbe Stunde lang und malte mir undenkbare Dinge aus. Als ich es nicht mehr aushalten konnte, beschloss ich, einfach zu gehen. Ich griff gerade nach meiner Bluse, als der Vorhang aufging und ein kleiner Mann im grünen OP -Kittel seinen Kopf hereinstreckte.
»Mrs Chandler?«
»Ja.«
»Ich bin Dr. Matthews.« Er kam auf mich zu, streckte mir die Hand hin, und ich drückte sie. »Dr. Barbee ist ein wenig besorgt und hat mich gebeten, Sie mir mal anzusehen. Würden Sie sich bitte hinlegen?«
»Oh, natürlich.«
Der Arzt senkte die Untersuchungsliege, bis ich in der passenden Position war, dann knetete er mit eiskalten Händen meine empfindlichen Brüste. Er war gründlich, das musste ich ihm lassen, aber alles andere als sanft, und auch er redete anscheinend nicht gern. Er schob mein angeschwollenes Brustgewebe scheinbar übertrieben lange mit kreisförmigen Bewegungen herum. Einmal entschuldigte er sich, als ich vor Schmerz das Gesicht verzog, aber er verringerte den Druck kein bisschen. Er schien sich auf die linke Brust einzuschießen, ganz hinten an den Rippen. Ich hatte nichts anderes zu tun, als mich auf seinen Atem zu konzentrieren und auf jedes Anzeichen von Besorgnis zu achten. Schließlich seufzte er und ließ meine Brust los.
»Hm. Ich verstehe, wo das Problem liegt.« Er setzte sich auf einen Hocker mit Rollen und ordnete offenbar seine Gedanken. »Wie geht es Charlotte?«
»Wie bitte?«, fragte ich verblüfft. »Gut. Es geht ihr gut. Sie ist eine wunderbare Ärztin.«
»Eine der besten. Wir haben zusammen Medizin studiert.« Er tippte sich ans Kinn. »Also, ich kann ihre Sorge nachvollziehen, angesichts Ihrer Krankengeschichte. Und ich gebe ihr recht, dass
scheinbar
nichts allzu Ungewöhnliches zu finden ist.«
Ich stieß eine Lunge voll Erleichterung aus.
»Aber wir dürfen nichts übersehen.« Dr. Matthews’ Haltung änderte sich kaum merklich. »Mrs Chandler, da Sie schon einmal hier sind, würde ich gern eine Biopsie vornehmen. Nur eine Feinnadelaspiration. Dann können wir sicher sein, dass kein Grund zur Sorge besteht.« Er stand auf. »Owen wird Sie vorbereiten, und wir sehen uns in ein paar Minuten wieder.«
Ich nickte stumm, während der Raum um mich immer enger wurde. Als er durch die Tür verschwand, war mir auf einmal eiskalt und ein wenig schwindelig.
Wie in Zeitlupe stieg ich von der Untersuchungsliege, ging zum Abfalleimer unter dem Waschbecken und übergab mich. Mein gesamter Mageninhalt schoss heiß aus mir hinaus, bis kein bisschen Kraft mehr in mir war, nichts in den Beinen, nichts in den Armen. Es war ein sehr seltsames Gefühl, beiseitezutreten und zuzusehen, wie ich zu Boden sackte, während der kalte, weiße Raum schwarz wurde bis auf einen winzigen hellen Fleck. Ich schloss einfach die Augen und ließ los.
Plötzlich waren Owen Peters und eine Frau bei mir, wahrscheinlich eine Krankenschwester. Sie redeten sehr laut, und ich atmete beißenden Ammoniakgestank ein. Die beiden halfen mir in einen Rollstuhl, und die Krankenschwester sagte mit sanfter, lieber Stimme: »Senken Sie den Kopf zwischen die Knie und atmen Sie ein paarmal tief durch. Fühlen Sie sich schon etwas besser? Alles in Ordnung?«
»Ich glaube schon. Es tut mir leid, ich weiß auch nicht, was passiert ist.«
»Nicht doch, kein Problem. Sie zittern ja. Hier.« Sie brachte mir eine warme Decke, und ich zog sie fest um mich. Dann reichte Owen mir ein Formular, das ich unterschreiben sollte. »Äh, ich bin schwanger, und ich will keine Medikamente, die meinem Baby schaden könnten«, sagte ich, als ich das Klemmbrett entgegennahm.
»Ich verstehe, Mrs Chandler«, sagte er, ohne mich anzusehen. Der roboterhafte Chefarzt-Assistent rollte mich in Operationssaal 1 und hielt mir einen beeindruckenden Vortrag über die Lokalanästhesie, die meine linke Brust betäuben würde. Sehr informativ.
Ich musste auf einen OP -Tisch steigen und wurde bis auf die linke Brust komplett zugedeckt. Ich stellte mir vor, wie ich von oben aussehen musste. Wie ich wirken musste, so vollständig auf diese eine Brust reduziert, weiter nichts.
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