Tanz der Aranaea (German Edition)
feiern wir ein Fest, das wir Gerwol nennen. Gerwol ist ein Heiratsmarkt und noch viel mehr ein Liebes- und Schönheitsfest. Das Fest dauert sieben Tage und bedeutet für uns, den Höhepunkt des Jahres. Alle ziehen sich die schönsten Kleider an, und viele bieten ihre Waren zum Verkauf an. Die jungen Mädchen schmücken sich, und gegenseitig machen sie sich die Frisur schön. Unser Haar wird in der Mitte gescheitelt. Zuerst kommt im Bereich des Genicks ein kleines Zöpfchen, von da
an beginnt ein Mittelscheitel bis kurz an der Stelle, wo sich die Stirn befindet. Da lassen wir dann ein Haarbüschel stehen, der aber nicht die ganze Stirn bedeckt, denn man soll noch die Tatauierung, wie ich sie auf der Stirn habe, sehen. Die Haare seitlich werden zum Teil ausrasiert, und zum Teil ausgedünnt. Vor den Ohren fällt links und rechts, je ein langer Zopf herunter, der mit Bändern gehalten wird.«
»Das ist aber eine eigenartige Frisur, Pleasant. Deine Frisur mit den drei buschigen Zöpfchen, finde ich viel lustiger.«
»Zouzou, cher, es ist halt so die Tradition, bei uns Mädchen. Zum Gerwol Fest, machen sich die Männer schon viele Stunden vorher schön, für uns Frauen, und für das Fest. Sie schminken sich das Gesicht, und ihre Lippen malen sie mit schwarzer Farbe an. Von der Mitte der Stirn, bis zur Nasenspitze wird ein weißer Strich gezogen, der nur von der Oberlippe bis zur Unterlippe, unterbrochen wird, und dann am Kinn weitergeführt wird. Einige machen sich dann noch weiße Punkte ins Gesicht, andere stecken sich noch schöne bunte Federn ins Haar. Alle schmücken sich noch mit schönen Halsketten und Stirnketten. Dann Tanzen die Männer gegen die unterschiedlichsten Clans und versuchen die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich zu ziehen. Unsere Männer sind sehr groß, oft bis zu zwei Meter groß, und sie sind sehr schlank. Während des Tanzes machen sie allerlei Grimassen, um uns zu gefallen. Der größte und schlankste Mann, der auch die weißesten Zähne hat, und am besten mit den Augen rollen kann, und das weiß in den Augen zeigen kann, gewinnt das Gerwol Fest. Sieben Tage dauert unser Fest, und wenn ein Mann besonders gut und sympathisch ist, dann geht Mädchen auch zwischendurch, mit ihm hinter die Zelte, und sie küssen sich und so weiter. Wir Frauen legen sehr viel Wert auf ihre Ausstrahlung und ihren Charme, sowie auch auf ihr Auftreten und Benehmen. Die Männer haben aber auch die Möglichkeit, die Wahl eines Mädchen, die auf sie fällt, abzulehnen. Am sechsten Tag des Tanzes und der Festlichkeit, werden die drei schönsten Frauen des
einen Clan, zu den Tänzern des bewerbenden Clan, geführt. Die Frauen knien sich nieder und bedecken sich mit der linken Hand, die Augen. Nach einer Weile des Beobachtens, stehen sie auf und begeben sich zu den Männern, die zuvor als die schönsten ausgewählt wurden. Am siebten Tag tanzen dann alle Männer zusammen, die ganze Nacht hindurch, bis zum Ende des Gerwol Fest. Schade, dass ihr nicht bei uns
sein könnt, wenn wir das große Gerwol, feiern.«
Am frühen Morgen brachen wir auf, um den vor uns liegenden, größeren Rest der Wüste des Ténéré zu durchfahren. Bis in den Abend hatten wir vier uns bequatscht, und Geschichten aus unserem Leben erzählt.
Die zweistündige Wacheinteilung hatten wir, wie bisher, konsequent eingehalten. In der Ténéré schien es kein Leben zu geben, es gab nicht die kleinsten Spuren einer Vegetation, absolute Stille und eine unbeschreibliche Unendlichkeit. Gewaltige Dünenzüge gingen fließend in flache Sandflächen.
Viele Kilometer fuhren wir in hohem Tempo und oft genug in Geradeausfahrt. Immer wieder studierten wir unser Topographischen Karten, überprüften Positionsangaben, standen vor riesigen Sanddünen die uns den Weg versperrten, und umgingen diese Hindernisse, mit Hilfe einer Kompasstraverse. Sandpisten verschwanden, oder wurden zugeweht, tauchten dann wieder auf. Wieder Sandebenen, die wir mit hoher Geschwindigkeit durchfahren konnten. Und dann Agadez, die Heimat von Pleasant Zöpfchen Magouba!
***
Agadez am 10. Januar 1964.
Agadez war nach europäischen Verhältnissen, ein Rattennest. Alles andere als schön zu bezeichnen. Ein Knotenpunkt, der alle Wege aus allen Himmelsrichtungen anzog, und mit diesen Wegen alles was unter der Kategorie Mensch, zu finden war. Im Falaise D’Angamma hatten wir unsere Position nach
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