Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
Vom Netzwerk:
väterlicher Freund erschienen, ein Gauner und Betrüger zwar, aber nur gegen Fremde, und jedenfalls der verlässliche Anführer unserer kleinen Truppe, der für alles sorgte … Wenn er auch gelegentlich Schwächen hatte, zum Beispiel den Hang zum Alkohol, wie es sich in den letzten Tagen unseres gemeinsamen Weges gezeigt hatte. Nun aber trat eine unleidlich herrische Art zu Tage. Ich spürte, dass er Wesenszüge besaß, von denen ich nichts geahnt hatte.
    Manchmal hatte ich mich ihm sehr nahe gefühlt. Jetzt war er mir fremd. Fast wurde er mir unheimlich.
    Er steckte voller Widersprüche. Das wusste ich schon lange. Er führte fromme Reden und spottete im nächsten Augenblick über die Religion. Er tat Zauberei als Unfug ab und konnte dennoch heillos abergläubisch sein.
    Eines erriet ich, ohne dass er es zugab: Hinter seiner Schroffheit verbarg sich Angst.
    »Und der Skorpion?«, fragte er ungeduldig. »Hast du ihn noch?«
    »Ja. Natürlich. Wollt Ihr ihn zurückhaben?«
    Er schien nachzudenken. Dann entschied er: »Nein. Behalte ihn noch. Ich werde dir sagen, wenn du ihn zurückgeben sollst.«
    Er zog sich mühsam die Stiefel aus, forderte mich aber nicht auf,ihm zu helfen. Dann sieh alleine, wie du zurechtkommst, dachte ich.
    Aber die Ungewissheit war unerträglich. Ich fasste mir ein Herz und fragte: »Warum geschieht dies alles? Wieso werden wir verfolgt? In der Herberge … Das waren doch keine gewöhnlichen Räuber …«
    Er musterte mich scharf, als wolle er herausfinden, wie viel ich bereits wusste. Dann brummte er ablehnend und schüttelte den Kopf. »Man soll besser nicht fragen, wenn man den Antworten nicht gewachsen ist.«
    »Aber ich bin mit in Gefahr, wie wir alle! Warum darf ich nicht wissen wieso?«
    »Dir wird nichts geschehen.«
    »Dann finde ich es selbst heraus!«
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Steck deine Nase in nichts hinein«, brummte er und begann seinen Rock auszuziehen.
    »Der Schwarze Hund«, stieß ich hervor. »Was ist mit dem? Warum ist er hinter uns her?«
    Er knurrte ärgerlich, aber dann sprach er doch. »Das betrifft nicht dich«, sagte er. »Es geht um mich! Ich habe mächtige Feinde in Köln, verstehst du? Aber er ist nur ihr Werkzeug. Das muss dir fürs Erste genügen.«
    Es genügte mir nicht, aber wie konnte ich ihn zwingen? Er grinste entwaffnend und fügte hinzu: »Nimm es doch einmal so: Wir sind die Guten und die sind die Bösen.«
    »Ist es so einfach?«
    »Nein, so einfach ist es nie. Manchmal zweifle ich, ob es das Gute überhaupt gibt.«
    »Aber das Böse?«
    Er schwieg eine Weile, ehe er brummte: »Ja, das gibt es schon.«
    Ich wusste, dass er mir nicht mehr sagen würde. Er ließ sich ächzend auf sein Bett nieder, als leide er Schmerzen. Sein Körper wirkte kraftlos. Ich hatte ihn niemals vorher so alt gesehen. Aber es lag ein Funkeln in seinen Augen.Der Dachboden hatte wie in den meisten Häusern, die ich kannte, eine hölzerne Luke, die den Blick auf die Stallungen, einige zerfallene Anbauten und auf einen winterlichen Weingarten freigab. Dahinter lagen stattliche Gebäude, die offenbar eine Hauptstraße säumten, und jenseits von diesen erhob sich der Umriss einer Kirche, die, wie ich hörte, dem heiligen Severin geweiht war, ein bläulicher Schatten mit einem hohen Turm, dessen Helmspitze seltsam gestutzt aussah. Sie erinnerte mich an die Formen eines großen Schiffes, das aufs weite Meer hinaussegelt.
    Pietro lag auf einer Strohschütte und wollte nicht mit mir reden. So legte ich mich ebenfalls nieder, verschränkte die Arme unter dem Kopf und blickte durch die Luke in den Himmel hinauf. Es herrschte ein wechselhaftes Wetter, wie man es sonst nur im April kennt: Eben noch strahlte der Abendschein, und im eisigen Blau türmten sich mächtige Wolkengebilde, schiefergrau, rot und golden. Da kam Pietros Stimme, anfangs in einem Tonfall, als rede er nur mit sich selbst, dann immer deutlicher an mich gewandt, so dass ich erkannte: Jetzt sucht er das Gespräch.
    »Er war von Anfang an gegen sie …«, sagte er. » Madonna, wie böswillig er sein kann!«
    »Du meinst Ahasver und Rosanna?«
    »Sie hat uns schließlich gerettet.«
    »Wann?«
    »Als die Räuber uns überwältigt hatten. Da warst du schon auf und davon. Sambo hat einem die Kinnlade zerschlagen und einem den Arm gebrochen. Aber es waren zu viele. Sie haben uns überwältigt und mit Stricken gefesselt. Ich hätte keinen Heller mehr auf unser Leben gewettet.«
    »Hast du eine Ahnung, weshalb

Weitere Kostenlose Bücher