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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Augenblick lang verharrte ich. Modriger Gestank erfüllte das Stiegenhaus. Dieses Gemäuer musste länger als nur ein paar Monate leer gestanden haben. Bierdunst. Anscheinend eine alte Brauerei. Was gab es hier zu suchen? Weshalb sollte jemand hierher gehen? Ob der Mann, den ich verfolgte, nicht doch nur eine Abkürzung genommen und diesen baufälligen Komplex auf der anderen Seite längst wieder verlassen hatte? Andererseits – und das war eine Möglichkeit, die mein Herz schneller klopfen ließ –, vielleicht war ausgerechnet hier ein Treffpunkt unserer Feinde, der eben deshalb gewählt worden war, weil er eine heimliche Zusammenkunft ermöglichte! Dazu passte auch die Zeit: Gerade schlugen in der Ferne die Glocken zum Abendgebet. Ich sah hinaus. Bald würde es dunkel sein.
    Stimmen in der Gasse! Zwei Männer in weiten Mänteln gingen am Haus vorbei und bogen in den Torweg ein.
    »Also noch zwei«, murmelte ich. »Ob es wahr ist …?«
    Ich tastete mich auf Händen und Füßen in die Finsternis des oberen Geschosses vor. Es war baufällig, dieses Haus! Da öffnete sich eine Galerie seitlich unter dem Dach, durch die Licht hereinfiel. Ihre Brüstung musste sich geradewegs über dem inneren Hof befinden. Also schlich ich auf allen vieren dort hinüber und wagte einen Blick hinunter. Im ersten Augenblick glaubte ich, mich umsonst abgemüht zu haben. Niemand war zu sehen, nur ein leerer Hof, mit Gras überwuchert und von verwitterten Gebäuden mit eingefallenen Dächern umgeben. Aber dann bemerkte ich auf der rechten Seite, wo schwarze Fässer aufgestapelt waren, im Schatten zwei Männer. Sie redeten leise miteinander. Die Neuankömmlinge betraten gerade den Hof. Ich hörte ihre Stimmen; dann wurden sie zu meinen Füßen sichtbar. Die beiden, die im Dunkel gestanden hatten, traten ins Licht der untergehenden Sonne, das schräg einfiel. Mein Atem stockte. Einer der beiden Wartenden war Ohrring. Das überraschte mich nicht. Aber sein Begleiter, der die Ankommenden nun mit einem knappen Kopfnicken begrüßte – den hatteich keineswegs erwartet: Ahasver! Und während ich noch vom Erschrecken über seine Gegenwart erfüllt war, fiel mein Blick auf die beiden, die gerade erst eingetroffen waren. Auch von ihnen war zumindest einer kein Unbekannter für mich. Ich wusste es gleich, obwohl er mir den Rücken zuwandte: der Mann mit der Armbrust. Der vierte gab mir zunächst noch ein Rätsel auf. Er stand ganz im Schatten.
    Mir schwirrte der Kopf. Was mochte dieses Treffen bedeuten? Ich hockte mich auf den Boden der Galerie, spähte durch das lückenhafte Brüstungsgitter und versuchte mitzubekommen, was dort unten gesprochen wurde. Es gelang mir nur bruchstückhaft. Das Gurren der Tauben, die sich im Dachgebälk zur Nacht versammelt hatten, übertönte das meiste.
    Jedenfalls gewann ich den Eindruck, dass Ahasver die beiden Neuankömmlinge kannte. Er und sie schienen verschiedener Meinung zu sein. Auch Ohrring stellte sich jetzt offenbar gegen Ahasver. Der Mann mit der Armbrust hingegen hielt sich heraus. Das war deutlich zu sehen. Nach einiger Zeit wurde der Disput heftiger. Damit hoben sich auch die Stimmen, und ich konnte einiges verstehen.
    »Wie kommst du darauf, du könntest das alleine entscheiden?« Es war der vierte Mann, der das zornig ausrief, der Mann, über den ich mir bisher nicht im Klaren gewesen war. Nun aber wusste ich, woher ich ihn kannte: aus dem Haus mit dem Löwen. Er war mir zusammen mit dem Schwarzen Hund und dem Vermummten an Herrn Arndts Leiche begegnet. Es war der, den ich für einen Offizier gehalten hatte, der mit der herrischen Stimme.
    Ahasver starrte ihn grimmig an. »Was willst du gegen mich tun?«
    »Du nimmst den Mund sehr voll! Du bist einer gegen drei!«
    »Weil du diesen Kerl da herbestellt hast, ohne mir vorher etwas zu sagen? Was hat er hier zu suchen? Er gehört nicht zu uns! Und was hat er in meiner Herberge herumzuschnüffeln? Dieses verflixte Ding stammt wohl von dir?«
    Damit warf er seinem Gegenüber etwas zu, das der achtlos fallen ließ. Ich glaube, es war die Garnspinne.
    »Es sollte dir zeigen, was wir von dir halten! Es ist das Urteil über den Verräter!«
    »Ich scheiße drauf!«, schrie Ahasver. »Und du«, damit zeigte er auf Armbrust, »du wirst dich jetzt entscheiden müssen, auf wessen Seite du stehst!«
    Ich bemerkte, dass Ohrring, der offenbar zu Ahasvers Gegnern gehörte, unauffällig zur Seite trat und damit fast in dessen Rücken stand. Pass auf!, dachte ich. Aber

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