Tanz der Engel
nicht von sich, sondern hielt mich in seinen Armen, bis mein Beinahe-Blackout sich abgeschwächt hatte.
»Wenigstens kann ich dich noch berühren«, flüsterte er und drückte mich an sich.
Aron nahm sich nicht die Zeit anzuklopfen. Er verdrehte die Augen, als er uns eng aneinandergeschmiegt beisammen sah.
»Ich will nicht behaupten, dass es für mich einfacher wäre, wenn ihr zwei auf Abstand bleiben müsstet. Aber bitte, gebt euch Mühe und hebt das Rumgeknutsche für später auf.«
Ich schlüpfte aus Christophers Umarmung. Aron lag mal wieder völlig falsch. Doch als ich ihn darüber aufklären wollte, kam Christopher mir zuvor.
»Es ist ein wenig komplizierter – was dir sicher gefallen wird: Mehr als in den Arm nehmen geht nicht. Selbst wenn ich alles unter Kontrolle habe, kippt sie um.«
Zu meiner Überraschung grinste Aron dieses Mal nicht. Im Gegenteil, er wurde nachdenklich.
»Sanctifer stellt bereits Nachforschungen an, und selbst die entlegensten Winkel Kanadas sind irgendwann erreichbar. Bevor unser kleines Geheimnis bekannt wird, muss sie wieder hier sein – und du ein wenig zurückhaltender, wenn du sie begleitest. Denk dir eine gute Geschichte für ihre Eltern aus. Ihr werdet sie morgen besuchen.«
Aron steckte mir eine altmodische Brosche an die Bluse. Ich kam mir vor wie fünfzig.
»Muss das sein? Hast du nicht was Hübscheres?«, beschwerte ich mich.
»Warum? Magst du Harfen nicht?«
»Doch. Wenn sie groß sind und Töne hervorbringen, aber nicht als schnörkelige Silberbrosche. So was würde nicht mal meine Oma tragen.«
» So was dürfte sie auch gar nicht besitzen. Die Brosche ist einWächterband. Sie ermöglicht es dir, in deine Welt zu wechseln, um deine Eltern zu besuchen.«
Das eigenartige Gefühl, das mich überkam, wenn ich mir vorstellte, meine Eltern in die Arme zu nehmen, war wieder da. Was, wenn ich austickte? Wenn ich doch noch nicht so weit war und mein Schattenwesen die Kontrolle an sich riss?!
»Es wird nichts passieren. Du hast alle Prüfungen bestanden. Selbst Christopher hast du nicht angegriffen, obwohl du alles an ihm wahrnehmen konntest. Und schließlich begleitet er dich nicht ohne Grund.«
Ich stöhnte leise. Für meinen Geschmack kannte Aron meine Gedanken ein wenig zu gut, und dass Christopher meinen Bodyguard spielen sollte, behagte mir auch nicht. Abgesehen davon, dass er in meiner Nähe war, konnte durchaus etwas schiefgehen: Mein Wunsch, ihn zu küssen, könnte überhandnehmen, meine Eifersucht sich zurückmelden.
»Oder wäre es dir lieber, wenn ich mitgehen würde?«
Noch in Gedanken über das Wenn und Aber, fiel meine Antwort ziemlich rüde aus. »Dich?! Da könnte ich mir gleich einen Sandsack auf den Rücken binden. Du hast doch nur Spaß daran, mir eine reinzuwürgen.«
Arons Miene blieb reglos. Nichts verriet, was er dachte – und gerade darum wurde mir klar, was ich mit ein paar Worten angerichtet hatte.
»Aron. Es tut mir leid. Ich … ich hab das nicht so gemeint. Es ist nur …«, ich begann die herumliegenden Kleider aufzusammeln. Auge in Auge Abbitte zu leisten fiel mir schwer. »Du hast es mir nicht gerade leichtgemacht. Und, um ehrlich zu sein, den Sklaventreiber hast du prima hingekriegt. In dir jetzt wieder den gutmütigen Schutzengel zu sehen, fühlt sich … sonderbar an.« Falsch wollte ich nicht sagen, auch wenn das besser gepasst hätte.
»Da kann ich dich beruhigen. Ich werde dich auch in Zukunftum den See hetzen – und nicht nur das«, erklärte Aron mit einem drakonischen Zug um den Mund.
Wir grinsten beide. Aron nahm mir meinen Ausbruch nicht übel. Er wusste, was ich durchgemacht hatte. Aus einem Impuls heraus drückte ich ihm einen Danke-dass-du-nicht-nachtragend-bist-Kuss auf die Wange – ein eigenartiger Impuls und ein noch blöderes Timing!
Für einen kaum wahrnehmbaren Moment durchzuckte helles Jadegrün Christophers Augen, als er mein Zimmer betrat. Vielleicht täuschte ich mich auch. Der Rest jedenfalls zeigte eine andere Reaktion.
»Aron, bitte verrate mir, wie du es schaffst, dass sie dir diese Schinderei nicht krummnimmt. Ich muss nur jemand anders anschauen, und für die nächsten drei Tage ist sie sauer wie ein unreifer Apfel.«
»Weil du nicht Aron bist«, erklärte ich. »Wenn er mich im Stich lässt, werde ich feiern – dir würde ich hinterherjagen, um dir den Kopf abzureißen.«
»Weshalb ich das niemals tun werde.« Christopher war ernst geworden. Vorsichtig nahm er mich in die Arme und strich
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