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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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wurden zu Schutzengeln oder Geistdämonen, je nachdem, welcher Anteil sich nach ihrem Tod durchsetzte. Unser Blut war schwächer, so dass es bald viel mehr Dämonen als Engel gab – was nicht schlimm gewesen wäre.« Coelestins Finger strichen seine Narben entlang, weshalb ich bezweifelte, dass das stimmte.
    »Doch die Geistdämonen waren anders als ihre Eltern. Habgierig. Machtbesessen und unbarmherzig. Sie töteten ihre vermeintlich schwachen Eltern und drängten in die Welt ihrer Kinder. Überredeten sie, einen Blutbund einzugehen, damit sie unbeschadet unter Menschen leben konnten.«
    Coelestin bemerkte, wie ich zusammenzuckte. In mir floss Dämonenblut?! War ich ein Nachfahre von ihnen? Er wandte sich ab – und mir wurde schlecht.
    »Sie begingen den Fehler, sich nicht nur an einen oder zwei Menschen zu binden. Das schwächte sie und wurde zu ihrem Verhängnis. Wir vernichteten alle und sorgten dafür, dass sie nicht wieder zurückkehrten. Die Totenwächter, die sich selbst vor ihren bösartigen Verwandten fürchten, kümmern sich seitdem darum, dass keine Menschenseele als Geistdämon wiedergeboren wird.«
    Kälte legte sich auf mich wie der Staub der Dämonen, umschloss mich und zehrte an meinen Kräften. Ich wusste, was alsNächstes kam: Ich war der Prüfung der Totenwächterin entkommen.
    »Racheengel hingegen kontrollieren die Engel. Sie spüren es, wenn der vorhandene Dämonenanteil bei den Wiedergeborenen zu mächtig wird.«
    »Und ich? Bin … bin ich ein Geist… Geistdämon?« Es fiel mir schwer, das Wort über die Lippen zu bringen. Ich wollte so etwas nicht sein. Doch ich wusste, dass ich so war: Meine Habgier, Christopher allein für mich zu besitzen, hatte meine Eifersucht geweckt, meine Unbarmherzigkeit den Dolch gegen Aron geführt.
    »Das kann ich dir nicht sagen. Allerdings …« Coelestin zögerte. »Allerdings kann ich es auch nicht ausschließen.«
    Coelestins Eingeständnis nahm mir meine Zuversicht. Verzweifelt schloss ich die Augen. Niemand konnte mir helfen – nicht einmal Christopher.
    »Aber«, fuhr Coelestin fort, »um als Geistdämon wiedergeboren zu werden, müsstest du erst einmal sterben.«
    Ich sah zu ihm auf. »Doch das bin ich nicht!«
    »Das wissen wir nicht.«
    Aber ich wusste es. Ich war nicht gestorben – zumindest ich hätte das ja wohl mitbekommen!
    »Als du in den Katakomben warst, hat Aron deine Spur verloren.«
    Mein Blut sackte ab. Ich war in einem Grab erwacht, nachdem Sanctifer mich betäubt hatte – oder getötet. Die Angst, etwas Böses zu sein, wurde stärker.
    »Und … und wann zeigt sich, was … was ich bin?«
    »Auch diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten. Wenn du noch menschlich bist, wird deine Seele aufbegehren. Doch die Tatsache, dass du manchmal frierst, reicht als Beweis nicht aus. Allerdings müsste es dir inzwischen schon um einiges schlechter gehen.« Coelestins Blick verlor sich irgendwo zwischenOrangensaft und Marmelade. Es schien ihm schwerzufallen, mir in die Augen zu schauen.
    »Wenn es sich herausstellt, dass du ein Geistdämon bist, dann …« Er brach ab, doch ich wusste auch so, was das bedeutete: mein Todesurteil. »Und wenn nicht, wird sich dein Leben dennoch verändern.«
    Aron saß auf einem der antiken Louis-quatorze-Stühle und unterhielt sich mit der hochgewachsenen Sekretärin. Er verstummte, als die Tür aufging und ich aus Coelestins Büro trat.
    Mit gestrafften Schultern und erhobenem Haupt lief ich an ihm vorbei. Ich schaffte es nicht, ihn oder jemand anderen anzusehen. Alles, was ich war, was ich glaubte zu sein oder zu werden, war in sich zusammengefallen wie ein marodes Gebäude. Was blieb, war flüchtiger Staub: Dämonenstaub.
    Ohne aufzuschauen, verließ ich das Verwaltungsgebäude und blendete meine Umgebung aus: die grellgelbe Sonne, die viel zu hell am Himmel schien, den Wind, der Wellen auf dem glitzernden See hinterließ und die Blätter an den Bäumen zum Rascheln brachte. Meine Freunde, Susan und Paul, die gerade aus der Mensa kamen, und Christopher, dessen Blick mich verfolgte – er wartete am Eingang zum Schloss.
    Ich ließ ihn stehen, stieg die Treppe nach oben und betrat mein Zimmer. Erst dort brach ich zusammen. Schluchzend lehnte ich mich gegen die Tür, sackte zu Boden und verbarg mein Gesicht zwischen den Knien. Ich wollte niemanden sehen – und niemand sollte mich sehen.
    Es war Aron, der nicht aufgab, an die Tür zu klopfen und mich zu bitten, aufzumachen. Am Abend fand er mich,

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