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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wahrscheinlich aus dem achten Jahrhundert stammten. Aus der Zeit des ehrwürdigen Beda, erläuterte er – eine Art Kultstätte. Einzelheiten wußte er nicht.
    »Daß es Donnelaith gab, wußten wir schon immer«, sagte der alte Mann. »Aber die Earls waren in der großen Feuersbrunst von 1689 gestorben; danach war von der Stadt nicht mehr viel da. Als das archäologische Projekt begann, kam mein Vater her und baute dieses Gasthaus. Ein netter Gentleman aus den Vereinigten Staaten hat ihm das Grundstück verpachtet.«
    »Wer war das?« fragte Lasher völlig verblüfft.
    »Julien Mayfair. Die Stiftung heißt Julien-Mayfair-Trust«, sagte der alte Mann. »Aber eigentlich sollten Sie sich mit den jungen Burschen vom Projekt unterhalten. Sie sind eine wohlerzogene, ernsthafte Truppe, diese Studenten. Sie verhindern, daß die Touristen Steine und sonst was aufsammeln und d a mit verschwinden.«
    »Julien Mayfair«, wiederholte er und starrte den Alten an. Er sah hilflos aus, verdutzt und wachsam. Und als ob ihm dieser Name nichts sagte. »Julien Mayfair…«
    Bis zum Nachmittag hatten sie mehrere Studenten zum Essen eingeladen, und das Bild hatte sich vervollständigt; außerdem hatten sie Stapel von Broschüren, die von Zeit zu Zeit g e druckt und öffentlich verkauft worden waren, um Geld zu sammeln.
    Der Mayfair Trust wurde heute in New York geführt, und die Stifterfamilie war überaus großzügig.
    Die älteste Projektmitarbeiterin, eine blonde Engländerin mit einer Ponyfrisur und einem fröhlichen Gesicht, die in ihrer Tweedjacke und den Lederstiefeln ziemlich rundlich aussah, hatte nichts dagegen, all ihre Fragen zu beantworten. Sie a r beitete hier seit 1970. Zweimal hatte sie mehr Geld beantragt, und die Familie hatte sich überaus entgegenkommend g e zeigt.
    Ja, ein Familienmitglied sei auch einmal zu Besuch dagew e sen. Eine Lauren Mayfair, ziemlich steif. »Man hätte sie niemals für eine Amerikanerin gehalten.« Die alte Dame wollte sich ausschütten vor Lachen. »Aber hier hat es ihr nicht gefallen, wissen Sie. Sie hat ein paar Fotos für die Familie gemacht und ist gleich nach London abgereist. Ich erinnere mich, daß sie sagte, sie wolle nach Rom. Sie liebte Italien. Die meisten Leute werden kaum beide Arten von Klima mögen – die feuchten Highlands und das sonnige Italien.«
    »Italien«, flüsterte er. »Das sonnige Italien.« Seine Augen fül l ten sich mit Tränen. Hastig wischte er sie mit seiner Serviette ab. Die Frau hatte nichts bemerkt. Sie redete und redete.
    »Aber was wissen Sie über die Kathedrale?« fragte er. Zum ersten Mal in seinem kurzen Leben, wie Rowan es kannte, sah er erschöpft aus, beinahe gebrechlich. Sie sah, daß er vor einem Zusammenbruch stand.
    »Das ist es eben; wir haben uns in bezug darauf schon einmal geirrt, und jetzt veröffentlichen wir nicht mehr viele Theorien. Ohne Zweifel wurde der großartige gotische Bau um 1228 erbaut, aber im Kern stand eine ältere Kirche, die mögliche r weise Buntglasfenster hatte. Und das Kloster war ein Ziste r zienserkloster, zumindest eine Zeitlang. Dann waren hier Franziskaner.« Er starrte sie an.
    »Es scheint eine Schule zur Kathedrale gehört zu haben, vie l leicht sogar eine Bibliothek. Oh, der Himmel allein weiß, was wir noch finden werden. Wir haben erst kürzlich die Ruinen des südlichen Querschiffs aus dem dreizehnten Jahrhundert ausgegraben – und eine Kapelle, von deren Existenz wir nichts gewußt hatten, mit einer Grabkammer. Es handelt sich ohne Zweifel um einen Heiligen, aber wir können ihn nicht identifizieren. Sein Bildnis ist in den Grabdeckel gemeißelt. Wir diskutieren noch: Wagen wir es, das Grab zu öffnen? Wagen wir es, darin zu suchen?«
    Er sagte nichts. Die Stille ringsumher war plötzlich bedrü c kend.
    »Wodurch wurde die Kathedrale zerstört?« fragte Rowan.
    Er funkelte sie wütend an, als habe sie nicht das Recht zu sprechen.
    »Das weiß ich nicht genau«, sagte die alte Frau. »Aber ich habe eine Ahnung. Es gab einen Krieg zwischen den Clans.«
    »Falsch«, sagte er leise. »Suchen Sie tiefer. Es waren die Pr o testanten. Bilderstürmer.«
    Hingerissen klatschte sie in die Hände. »Oh, Sie müssen mir sagen, was Sie auf diesen Gedanken bringt.« Und sie begann eine Tirade über die protestantische Reformation in Schottland und die Hexenverbrennungen, die über ein Jahrhundert g e dauert hatten bis zum Ende der Geschichte von Donnelaith, grausame, so grausame Verbrennungen.
    Er saß benommen

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