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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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war immer noch von gleichm ä ßigem, fahlem Licht überflutet, und er kannte den Weg; er kümmerte sich nicht um den vorgeschriebenen Weg, sondern lief am Fuße der Burg quer über den Hang hinunter.
    Endlich erreichten sie das Städtchen selbst, die ausgegrabenen Fundamente der Mauern und Befestigungen, die Tore und die kleine Hauptstraße, alles mit Seilen abgesperrt und ma r kiert, und dort vorn, dort ragte die ungeheure Ruine der Kathedrale empor, neben der alle anderen Gebäudereste winzig aussahen. Vier Mauern standen noch, und eingestürzte Bögen reckten sich wie Arme in die Höhe und umschlossen den tiefhängenden Himmel.
    Er sank im Gras auf die Knie und starrte in das langgestreckte, dachlose Kirchenschiff. Man sah den Halbkreis dessen, was einst eine Fensterrosette hoch oben in der Wand gewesen war.
    Er richtete sich auf, packte sie und zerrte sie mit sich an der Absperrung und den Schildern vorbei, bis sie in der eigentlichen Kirche standen und an den Bögen zu beiden Seiten vorbei in die Höhe schauten, hinauf zum bewölkten Himmel und zu einem Mond, der nur eine spöttische Andeutung von Licht durch formlose Wolken sandte. Die Kathedrale war g o tisch gewesen, riesig und für eine solche Gegend vielleicht übertrieben groß, es sei denn, es hätte hier in jenen Tagen große Scharen von Gläubigen gegeben.
    Er zitterte am ganzen Leibe. Er legte die Hände an den Mund, und dann gab er dieses Summen von sich, dieses Singen, und wiegte sich auf den Füßen vor und zurück.
    Verbissen, und ganz gegen seine eigene Stimmung, ging er an der Mauer entlang und deutete dann zu einem hohen, schmalen, leeren Fenster hinauf. »Da, da!« rief er. Dann klang es, als spreche er andere Worte, und gleich darauf war er erschöpft und erregt. Er sank zu Boden, zog die Knie an und umarmte sie fest; er legte seinen Kopf an ihre Schulter, senkte ihn dann hinunter zu ihren Brüsten. Grob schob er den Pull o ver hoch und begann zu saugen. Sie sank hintenüber, und alle Willenskraft verließ sie. Sie starrte zu den Wolken hinauf, sehnte sich nach Sternen, aber da waren keine Sterne, nur das diffuse Licht des Mondes und die wunderbare Illusion, daß es nicht die Wolken waren, die sich bewegten, sondern die hohen Mauern und die leeren Spitzbogenfenster.
    Als sie am nächsten Morgen erwachte, war er nicht im Zimmer! Aber ein Telefon war auch nicht da, und als sie das Fe n ster öffnete, sah sie, daß es bis zum Gras unten mindestens fünf Meter senkrecht hinunterging. Und was wollte sie auch machen, wenn sie dort unten ankäme? Er hatte die Aut o schlüssel. Er trug sie immer bei sich. Würde sie zu anderen Leuten laufen und sie um Hilfe bitten, ihnen erklären, daß er sie gefangenhielt? Und was würde er dann tun?
    Ihre Gedanken gingen wie Karussellpferde im Kreis herum, bis sie aufgab.
    Sie wusch sich, zog sich an und schrieb ihr Tagebuch. Wieder führte sie all die Kleinigkeiten auf, die sie beobachtet hatte: daß seine Haut reifer wurde, daß sein Kinn jetzt fest war, aber nicht seine Schädeldecke. Vor allem aber schrieb sie auf, was passiert war, seit sie nach Donnelaith gekommen waren, und berichtete auch, wie eigenartig er auf die Ruinen reagiert ha t te.
    Nachher fand sie ihn unten im großen Gastraum; er saß mit dem alten Gastwirt am Tisch, in ein schnelles Gespräch ve r tieft. Der Mann erhob sich respektvoll, als sie kam, und zog einen Stuhl für sie zurück.
    »Setz dich«, sagte Lasher zu ihr. Man richte ihr gerade das Frühstück; er habe ihre Schritte oben gehört, als sie aufg e standen sei.
    »Das glaube ich«, sagte sie grimmig.
    »Reden Sie weiter«, sagte er zu dem alten Mann.
    Der Wirt war kaum im Zaum zu halten; er nahm den Faden offensichtlich sofort wieder auf und erzählte, das archäologische Projekt werde seit neunzig Jahren – und beide Kriege hindurch – mit amerikanischem Geld finanziert. Irgendeine Familie in den Staaten sei am Clan von Donnelaith intere s siert.
    Aber erst in den letzten Jahren waren echte Fortschritte gemacht worden. Als man erkannt hatte, daß die Anfänge der Kathedrale bis in das Jahr 1228 zurückreichten, hatte man die Familie um Aufstockung der Mittel gebeten. Erstaunlicherwe i se war die alte Stiftung daraufhin vergrößert worden, und jetzt war schon seit zwanzig Jahren eine ganze Truppe aus Edinburgh hier, die verstreute Steine einsammelte und die ko m ple t ten Fundamente nicht nur der Kirche selbst, sondern eines Klosters und eines älteren Dorfes gefunden hatte, die

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