Tanz der Hexen
da.
»Ich wette, Sie haben absolut recht!« sagte sie. »Es war John Knox mit seinen Reformatoren! Donnelaith war bis zu dem verfluchten Brand eine mächtige Hochburg der Katholiken geblieben. Nicht einmal der böse Heinrich VIII. hatte Donnelaith bezwingen können.«
Die Frau begann sich zu wiederholen; weitschweifig erzählte sie, wie verhaßt ihr die politischen und religiösen Mächte waren, die Kunst und Bauwerke zerstörten. »All die prachtvollen bunten Glasfenster – denken Sie nur!«
»Ja. Schönes Glas.«
Aber jetzt hatte er alles bekommen, was sie zu geben hatte.
Als es Abend wurde, gingen sie wieder hinaus. Er war schweigsam gewesen, hatte keinen Hunger und keine Lust auf Sex gehabt, aber er hatte sie auch nicht aus den Augen g e lassen. Jetzt ging er vor ihr her über die grasbewachsene Ebene, bis sie zur Kathedrale kamen. Ein großer Teil der Au s grabungsarbeiten im südlichen Querschiff lag hinter ve r schlossenen Türen unter einem großen, behelfsmäßigen Holzdach. Er zerschlug eine Fensterscheibe, öffnete eine Tür von innen und trat ein. Sie standen in den Ruinen einer Kape l le. Die Studenten hatten die Mauer wieder aufgerichtet. Rings um einen Sarkophag in der Mitte war die Erde entfernt wo r den. Oben in den Deckel war die Gestalt eines Mannes gehauen; sie war so abgeschliffen, daß sie beinahe geisterhaft aussah. Er starrte die Gestalt an und blickte dann hinauf zu den teilweise wiederhergestellten Fenstern. Rasend vor Wut begann er, mit den Fäusten gegen die Holzwand zu hämmern.
»Hör auf, sonst kommt noch jemand!« rief sie, aber dann wich sie zurück und dachte: Sollen sie doch kommen. Sollen sie ihn doch wie einen Verrückten in eine Zelle sperren. Er sah ihren verschlagenen Blick, den Haß, den sie einen Moment lang nicht mehr verhehlen konnte.
Als sie wieder im Gasthaus waren, begann er, sich seine To n bänder anzuhören. Dann schaltete er den Recorder ab und wühlte in seinen Unterlagen. »Julien, Julien, Julien Mayfair«, sagte er.
»Du erinnerst dich nicht an ihn, nicht wahr?«
»Was?«
»Du erinnerst dich an gar nichts mehr – wer Julien war oder Mary Beth oder Deborah oder Suzanne. Du hast schon die ganze Zeit Dinge vergessen. Erinnerst du dich an Suzanne?«
Er starrte sie an, bleich und in stummer Wut.
»Du erinnerst dich nicht«, spottete sie. »Du hast in Paris ang e fangen, zu vergessen. Jetzt weißt du nicht mehr, wer sie w a ren.«
Er kam zu ihr und fiel vor ihr auf die Knie. Er schien in wilder Erregung zu sein; seine Wut mündete in eine überschwengl i che Begeisterung.
»Ich weiß nicht, wer sie waren«, sagte er. »Ich weiß nicht mal sicher, wer du bist! Aber ich weiß jetzt, wer ich bin!« Nach Mi t ternacht weckte er sie mit einem Akt der Vergewaltigung, und als er fertig war, wollte er abreisen, ehe jemand käme, um sie zu suchen. »Diese Mayfairs müssen clevere Leute sein.«
Sie lachte erbittert.
»Und was für ein Monster bist du?« fragte sie. »Du bist nichts, was ich ins Leben gerufen habe. Das weiß ich jetzt. Ich bin nicht Mary Shelley.«
Er hielt den Wagen an, zerrte sie hinaus ins hohe Gras und schlug sie wieder und wieder. Er schlug so fest, daß er ihr fast den Kiefer gebrochen hätte. Sie schrie ihn warnend an; der Schaden würde irreparabel sein. Er hörte auf zu schlagen und blieb mit geballten Fäusten über ihr stehen.
»Ich liebe dich«, sagte er weinend, »und ich hasse dich.«
»Ich weiß genau, was du meinst«, antwortete sie dumpf. Ihr Gesicht tat so weh, daß sie dachte, er habe ihr vielleicht doch Nase und Kiefer gebrochen. Aber sie hatte Glück gehabt. Schließlich richtete sie sich auf.
Er hatte sich neben ihr auf Knie und Ellenbogen fallen lassen und begann sie mit seinen großen, warmen Händen zu liebkosen. Völlig verwirrt schluchzte sie an seiner Brust.
»O mein Gott, mein Gott, was sollen wir nur tun?« fragte sie. Er streichelte sie, bedeckte sie mit Küssen, trank wieder an ihr – alle seine alten Tricks, seine bösen Tricks.
Das nächste Mal wurde er wütend, als sie an einer Tankstelle anhielten und sie in die Nähe einer Telefonzelle schlenderte. Er fing sie ein, und da begann sie hastig einen alten Vers au f zusagen, den ihr ihre Mutter beigebracht hatte.
Ach weh, ach weh, die arme Miss Mackay,
Ihre Messer und Gabeln sagten ade.
Wenn Löffel und Tassen nun auch noch gehen,
Das ist weiß Gott nicht vorauszusehen.
Wie sie erhofft hatte, schüttete er sich aus vor Lachen. Er fiel sogar auf
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