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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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aus Edinburgh, gebündelt und verschnürt! Und meine Bücher, aye, eines war noch da, und das wollte sie gerade ins Feuer werfen, als ich sie rief.
    Ich richtete all meine Kraft darauf, es zu verhindern. Sie fuhr herum, als habe ein Haken sie erfaßt, und hatte das Buch noch in der Hand, und als sie mich anstarrte, benommen und verwirrt von der Kraft, die sie festgehalten hatte, erhob sich ein Windstoß, erfaßte das Buch und trug es flatternd und wirbelnd in die Flammen!
    Ich schnappte nach Luft. Meine Flüche hatten keine Silben. Die furchtbarsten Flüche. Alles wurde schwarz.
    Als ich erwachte, war ich in meinem Zimmer, und Richard, mein lieber junger Freund, war bei mir. Und Stella – sie hielt meine Hand.
    »Mama mußte all die alten Dinge verbrennen«, sagte sie.
    Ich sagte nichts. Tatsächlich hatte ich einen winzigen Schlaganfall erlitten und konnte eine Zeitlang überhaupt nicht mehr sprechen, aber das wußte ich nicht. Ich glaubte, mein träumerisches Schweigen sei meine eigene Entscheidung. Erst am nächsten Tag, als Mary Beth zu mir kam, merkte ich, wie schwerzüngig meine Worte klangen und daß ich nicht die richtigen finden konnte, um meinem Zorn Ausdruck zu verleihen.
    Es war spätabends, und als sie sah, wie es um mich stand, war sie zutiefst bestürzt und zitierte auf der Stelle Richard herbei, als sei das alles seine Schuld. Er kam auch, und zusammen halfen sie mir die Treppe hinunter, als wollten sie sagen, wenn ich aufstehen und gehen könne, dann könne ich auch nicht sterben.
    Ich saß im Wohnzimmer auf dem Sofa.
    Ah, wie habe ich diesen langen Doppelsalon geliebt. Habe ihn geliebt, wie Sie ihn lieben, Michael.
    Mary Beth redete stundenlang. Stella kam und ging wieder. Der Kern des Ganzen war, daß meine Zeit und meine Anschauungen vorbei seien.
    »Wir betreten ein Zeitalter«, sagte sie, »da die Wissenschaft selbst vielleicht bald den Namen dieses Geistes kennen wird und uns sagen kann, was er ist.« Sie redete und redete, von Spiritualisten und Medien und Séancen und Geistführern, von der naturwissenschaftlichen Erforschung des Okkulten und von Dingen wie Ektoplasma.
    Ich war angewidert. Ektoplasma? Das Zeug, aus dem Medien ihre Geister heraufgeschworen? Ich würdigte das alles keiner Antwort. Ich versank in Verzweiflung. Stella kuschelte sich neben mich und hielt meine Hand, und schließlich sagte sie:
    »Mama, sei doch still. Er hört kein Wort von dem, was du redest, und du langweilst ihn.«
    Ich äußerte mich weder dafür noch dagegen.
    »Ich kann weit sehen«, sagte Mary Beth. »Ich sehe eine Zukunft, in der unsere Worte und Gedanken nichts mehr bedeuten. Ich sehe unsere Unsterblichkeit in unserem Clan. Solange wir leben – wir alle hier -, wird Lasher seinen letzten Sieg nicht erringen. Aber es wird geschehen, und niemand wird soviel Wohlstand von ihm haben wie wir. Wir werden die Mütter des Wohlstandes sein.«
    »Hoffnungen und Optimismus.« Ich seufzte. »Was ist mit dem Glen, was ist mit dem rachsüchtigen Geist? Was mit den Wunden, die in alten Zeiten zugefügt wurden und nie verheilt sind? Dieses Wesen war einst gut. Ich habe seine Güte gefühlt. Aber jetzt ist es böse!«
    Und dann war ich wieder krank, sehr krank. Sie brachten mir Kissen und Decken herunter. Ich konnte die Treppe erst am nächsten Tag wieder hinaufsteigen, und ich hatte noch nicht vollends beschlossen, es zu tun, als mich etwas veranlaßte, mich noch einmal aufzuraffen.
    Es kam so.
    Ich lag in der Hitze des Tages auf dem Sofa und spürte den Wind vom Fluß, der durch ein Seitenfenster hereinwehte. Ich bemühte mich, den Geruch des Feuers nicht wahrzunehmen, in dem so viel verbrannt war. Ich hörte Carlotta streiten – ihre leise, säuerliche Stimme wurde immer wütender, während sie ihre Mutter schmähte.
    Schließlich kam sie herein und funkelte mich an. Sie war damals ein dünnes, hochgewachsenes Mädchen von fünfzehn Jahren. Ich sagte nichts; es war nicht meine Art, unfreundlich zu Kindern zu sein, ganz gleich, wie unfreundlich sie zu mir waren. Ich nahm keine Notiz von ihr.
    »Und du regst dich über dieses Feuer auf«, sagte sie in ihrer kalten, selbstgerechten Art, »und läßt zu, daß sie mit dem Kind tun, was sie getan haben, obwohl du weißt, daß es nur aus Angst vor Mutter geschieht. Aus Angst vor dir und Mutter.«
    »Wovon redest du? Welches Kind?« fragte ich.
    Aber sie hatte sich zornig und verzweifelt abgewandt und stolzierte hinaus. Bald darauf erschien Stella, und ich erzählte ihr

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