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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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in ihrer Entschlossenheit so mächtig und so erfolgreich gewesen, daß es schien, als sei die große, konkrete Realität der Familie alles.
    Das Wissen über Lasher behielt sie für sich, und mir befahl sie, meine Bücher, in denen ich alles notiert hatte, niemandem zu zeigen. Sie wollte Lasher zu einem Gespenst, zu einer Legende machen – und damit bedeutungslos selbst unter den Unseren, die jetzt allgemein von allen Geheimnissen ausgeschlossen blieben.
    Und schließlich – als sie zwei Kinder von Daniel geboren hatte, die ihren Zwecken beide nicht genügten – denn das zweite, Lionel, war ein Junge und noch weniger geeignet als Carlotta -, da tat ich, was sie wollte und was Lasher wollte. Und aus dieser Vereinigung – eines alten Mannes mit seiner Tochter – entsprang meine schöne Stella.
    Stella war die Hexe; sie sah Lasher. Ihre Begabung war groß, ja, aber von früher Kindheit an zeigte sie eine Liebe zum Spaß, die alle anderen Leidenschaften überlagerte. Sie war unbekümmert, liederlich und fröhlich, und sie tanzte und sang gern. Es gab Zeiten, da ich mich fragte, wie, um alles in der Welt, sie die Bürde der Geheimnisse überhaupt würde tragen können und ob sie nicht einfach nur geschaffen sei, um mir Glück zu bringen.
    Stella, meine schöne Stella. Sie trug die Geheimnisse wie leichte Schleier, die sie nach Belieben abstreifen konnte. Aber sie zeigte keinerlei Anzeichen des Wahnsinns, und das war genug für Mary Beth. Dies war ihre Erbin, dies war Lashers Bindeglied zu der Hexe, die ihn eines Tages wieder in die Welt bringen würde.
    Zur Jahrhundertwende war ich so alt!
    Die ganze Welt veränderte sich. Vorbei war es mit dem ländlichen Paradies von Riverbend, vorbei mit denen, die mit bösen Zaubersprüchen und Kerzen und Gesängen ihre magischen Werke taten, vorbei.
    Nur noch die große und reiche Familie gab es, eine Familie, der niemand etwas anhaben konnte und in der die Geschichte ins Reich der Ammenmärchen verwiesen worden war, mit denen man kleine Kinder ängstigte.
    Natürlich genoß ich diese Jahre. Ja, durchaus. Keinem in der langen Reihe der Mayfairs ist es besser gegangen als mir. Ich habe nie so hart gearbeitet wie Mary Beth. Ich habe nie persönlich für so viele gesorgt.
    Allerdings gründete ich die Kanzlei Mayfair und Mayfair mit meinen Söhnen Cortland, Barclay und Garland. Mary Beth und ich arbeiteten dabei zusammen, während das Vermächtnis immer umfangreichere juristische Formen annahm. Aber ich ging ganz in meinen Vergnügungen auf.
    Ich belog meine Söhne in jenen Jahren. Ich belog sie, was meine Sünden anging, meine Ausschweifungen, meine Fähigkeiten, Mary Beth und ihre Stella. Ich bemühte mich, ihren Blick auf die Welt zu richten, auf die praktischen Dinge, auf die Wahrheiten, die in der Natur und in den Büchern zu finden waren, die ich gelesen hatte, als ich so klein war. Ich wagte nicht, meine Geheimnisse an sie weiterzugeben, und als sie erwachsen wurden, merkte ich auch, daß keiner von ihnen als Empfänger solchen Wissens geeignet war. Sie waren alle so solide, meine Jungen, so gut. So versessen darauf, Geld zu machen und die Familie zu versorgen. Mit ihnen hatte ich drei Motoren des Guten in mir geschaffen. Ich wagte nicht, ihnen auch das Schlechte anzuvertrauen.
    Und jedesmal, wenn ich versuchte, Stella etwas zu erzählen, schlief sie entweder ein oder fing an zu lachen. »Du brauchst mir mit all dem keine Angst zu machen«, sagte sie einmal. »Mutter hat mir von deinen Phantasien und Träumen erzählt. Lasher ist mein liebster Geist und wird immer tun, was ich ihm sage. Nur darauf kommt es an. Weißt du, Julien, es ist schon eine tolle Sache, ein eigenes Familiengespenst zu haben.«
    Es verschlug mir die Sprache. Das war ein Mädchen der modernen Zeit. Sie wußte ja nicht, was sie da redete! Ah, da hatte ich nun so lange gelebt, nur um zu sehen, wie die Wahrheit am Ende auf diese beiden hinauslief: auf Carlotta, die ältere, ein bösartiges, kirchlich gesinntes Ungeheuer, und dieses funkelnde Kind, das die ganze Sache nur köstlich fand, obwohl sie den Geist doch mit eigenen Augen sehen konnte! Ich werde wahnsinnig, dachte ich.
    Und während ich in Komfort und Luxus weiterlebte, während ich meine Tage damit verbrachte, von den Freuden des neuen Zeitalters zu kosten, mein Automobil zu fahren und meinem Victrola zu lauschen, graute mir vor der Zukunft.
    Ich wußte, daß der Dämon böse war. Ich wußte, daß er log. Ich wußte, daß er ein tödliches

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