Tanz der Hexen
Geheimnis war. Und ich fürchtete auch diese Gelehrten aus Amsterdam.
Und als mein Professor mir aus Edinburgh schrieb, die Talamasca habe ihn bedrängt, ihnen seine Briefe an mich zu zeigen, ermahnte ich ihn sogleich, ihnen nichts zu offenbaren. Ich verdoppelte deshalb sogar sein Einkommen. Er sicherte es mir zu. Und ich zweifelte nie an ihm.
Es ergab keinen Sinn, wissen Sie, wie diese Gelehrten sich verhielten. Oder wie der Geist sich vor ihnen benahm.
In den letzten Jahren schließlich zog ich mich in mein Dachzimmer zurück und nahm eine der herrlichsten unter den neuen Erfindungen mit: das tragbare, aufziehbare Victrola. Ich verehrte es. Und wenn die Musik spielte, konnte Lasher natürlich nicht in meinen Kopf kommen, was er allerdings ohnehin immer seltener tat.
Er hatte jetzt Mary Beth und die kleine Stella, die ihn zufrieden stellten. Beide betete er auf unterschiedliche Art an; aus beiden zog er seine Kraft. Ja, seine glücklichsten Augenblicke waren die, in denen er Mutter und Tochter zusammen hatte.
Ich brauchte Lasher inzwischen nicht mehr. Überhaupt nicht. Ich schrieb an meinen Büchern und verwahrte sie unter dem Bett; ich hatte meinen Liebhaber, Richard Llewellyn, einen bezaubernden jungen Mann, der den Boden anbetete, auf dem ich ging, und mit dem ich stets ein Herz und eine Seele war – allerdings wagte ich um seiner eigenen Sicherheit willen nie, mich ihm anzuvertrauen.
Auch in anderer Hinsicht hatte ich ein erfülltes Leben. Mein Neffe Clay wohnte damals bei uns und Rémys Tochter Millie; meine Söhne wuchsen kerngesund heran, und man unternahm Schritte, die Anwaltskanzlei Mayfair und Mayfair zu vergrößern, die alle Unternehmungen der Familie führen sollte.
Als Carlotta zwölf war, versuchte ich schließlich doch, mich ihr anzuvertrauen. Ich versuchte ihr die Geschichte zu erzählen. Ich zeigte ihr die Bücher. Ich versuchte sie zu warnen. Ich erzählte ihr, daß Stella den Smaragd erben und der Liebling des Dämons sein würde; ich schilderte ihr, wie verschlagen der Dämon war – ein Geist sei er, der schon einmal gelebt habe und nur ein Ziel kenne: wieder zu leben.
Ich werde nie vergessen, wie sie reagierte und mit welchen Namen sie mich überhäufte, mit welchen Flüchen. »Du Teufel, Hexenmeister, Zauberer. Ich habe immer gewußt, daß dieses Böse hier überall lauert. Jetzt gibst du ihm einen Namen und eine Geschichte!«
Sie werde sich an die katholische Kirche wenden, damit sie das Ding vernichte, kündigte sie an, »an die Macht Christi und Seiner Heiligen Mutter und aller Heiligen«.
Wir führten ein schreckliches Wortgefecht. »Siehst du denn nicht«, rief ich, »daß das auch nur eine Form von Hexerei ist?«
»Und was willst du mich lehren, du böser alter Mann? Daß ich Verkehr mit dem Teufel haben soll? Daß ich ihn kennen lernen muß, um ihn zu besiegen? Ich werde ihn zertreten! Ich werde die Erblinie zertreten!« rief sie. »Wart’s nur ab, und du wirst es sehen. Ich werde dafür sorgen, daß das Vermächtnis keine Erbin findet. Ich werde dafür sorgen, daß es zu Ende ist.«
Ich war verzweifelt. Ich flehte sie an, mir zuzuhören, meinen Rat anzunehmen und sich nicht einzubilden, daß derlei möglich sei. Wir waren inzwischen eine riesige Familie! Aber sie hatte all diese Geheimnisse genommen und ihr katholisches Füßchen draufgestellt, und sie vertraute auf ihren Rosenkranz und ihre Messen, die sie schon retten würden.
Später meinte Mary Beth, ich solle auf ihre Reden nichts geben. »Sie ist ein trauriges Kind«, sagte sie. »Ich liebe sie nicht. Ich habe mich bemüht, aber ich liebe sie nicht. Ich liebe Stella; Carlotta weiß das, und sie weiß auch, daß sie den Smaragd nicht erben wird. Das hat sie immer gewußt, und sie wird von Haß und Eifersucht gequält.«
»Aber sie ist die Schlaue, siehst du das nicht? Nicht Stella. Ich liebe Stella auch, aber Carlotta ist diejenige mit dem eigenen Kopf.«
»Es ist alles festgelegt, schon seit vielen Jahren«, sagte Mary Beth. »Carlottas Seele ist mir verschlossen. Sie ist auch ihm verschlossen, und er wird sie hier nicht dulden – außer als Dienerin für die Sache der Familie, im Schatten.«
»Ah, aber du siehst, wie er die Dinge inzwischen lenkt. Wie kann Carlotta der Sache der Familie dienen? Wie dienen ihr die Gelehrten in Amsterdam? Hier gibt es ein Rätsel, das ich entwirren muß. Dieses Wesen kann alle töten, die es nicht leben lassen will.«
»Du denkst einfach zuviel für einen alten Mann«, sagte
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