Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
gefährlich… Nein. Es paßt alles nicht zu dem, was ich von meinem Orden und meinen Brüdern weiß. Überhaupt nicht.«
    »Was, um alles in der Welt, wollen Sie damit sagen?«
    »Sie haben viel Geduld mit mir. Ich weiß das zu schätzen. Aber unser Orden ist zu geschickt für all das. Die Ältesten wissen, wie man so etwas erledigt. Es hat etwas Grobschlächtiges, wie sich die Dinge ereignet haben. Es wäre für die Ältesten eine Kleinigkeit gewesen, mich zu beruhigen und auch Aaron zu beruhigen. Aber hier geschieht alles ungeschickt, hastig. Unhöflich. Ich weiß nicht – für mich ist das nicht die Talamasca.«
    »Yuri, der Orden hat absoluten Gehorsam von Ihnen erwartet. Er hat ein Recht dazu.« Zum ersten Mal zeigte der Mann einen Hauch von Ärger. Er warf seine Serviette auf den Tisch, unhöflich, neben die Gabel. Schmutzige Serviette auf dem Tisch. Zuckerbeschmierte Serviette, mit Kaffeeflecken. Yuri starrte sie an.
    »Yuri«, sagte Stolov. »In den letzten achtundvierzig Stunden sind mehrere Frauen gestorben. Dieser Arzt, Dr. Larkin, ist wahrscheinlich ebenfalls tot. Rowan Mayfair wird irgendwann in den nächsten Wochen sterben. Die Ältesten haben nicht damit gerechnet, daß Sie ihnen zu diesem Zeitpunkt Schwierigkeiten machen würden. Sie haben nicht erwartet, daß Sie ihre Last noch vergrößern würden, ebenso wenig wie sie Aarons unloyales Verhalten vorhersehen konnten.«
    »Unloyal?«
    »Das sagte ich doch. Er weigert sich, die Familie zu verlassen. Aber er ist ein alter Mann. Er kann gegen Lasher nichts tun. Er konnte es noch nie!« Wieder der Ärger.
    Yuri lehnte sich zurück. Er dachte eine ganze Weile nach, und dabei starrte er die Serviette an. Der Mann nahm sie auf, wischte sich den Mund ab und legte sie wieder hin. Yuri starrte sie an.
    »Ich möchte mit den Ältesten kommunizieren«, sagte er schließlich. »Ich möchte diese Dinge von ihnen hören.«
    »Natürlich. Nehmen Sie Aaron heute mit. Bringen Sie ihn nach New York. Sie sind müde. Ruhen Sie sich erst aus, wenn Sie wollen, aber nur an einem Ort, der uns bekannt ist. Und dann reisen Sie ab. Wenn Sie in New York sind, können Sie Kontakt mit den Ältesten aufnehmen. Sie werden genug Zeit haben. Sie können die Angelegenheit miteinander erörtern, Sie und Aaron, und dann müssen Sie nach London zurückkehren. Sie müssen nach Hause zurückkehren.«
    Yuri stand auf und legte seine Serviette auf den Stuhl. »Kommen Sie mit mir zu Aaron?«
    »Ja. Vielleicht ist es zum Besten, daß Sie hier sind. Vielleicht ist es zum Besten, denn ich glaube nicht, daß ich ihn allein hätte überreden können, von hier fortzugehen. Wir gehen jetzt. Es wird Zeit, daß ich mit ihm rede.«
    »Soll das heißen, daß Sie das noch nicht getan haben?«
    »Yuri, ich habe alle Hände voll zu tun, wie man so sagt. Und Aaron ist zur Zeit nicht eben kooperativ.«
    Ein Wagen erwartete sie, eine vorzügliche amerikanische Lincoln-Limousine. Sie war mit grauem Samt ausgeschlagen. Die Fenster waren so dunkel getönt, daß die Außenwelt unter das Edikt der absoluten Nacht fiel. Unmöglich, eine Stadt durch solche Fenster zu sehen, dachte Yuri. Er saß ganz still und dachte an etwas, das ihm vor Jahren passiert war.
    Er erinnerte sich an die lange Zugfahrt mit seiner Mutter nach Serbien. Sie hatte ihm etwas gegeben. Einen Eispickel, was er allerdings damals nicht gewußt hatte. Ein langer, spitzer Dorn aus Stahl mit einem Holzgriff war es gewesen.
    »Hier, behalte das«, hatte sie gesagt. »Und benutze es, wenn du mußt. Du stichst einfach zu… zwischen die Rippen.«
    Wie wild sie in diesem Augenblick ausgesehen hatte. Und wie erschrocken er gewesen war. »Aber wer wird uns denn etwas antun?« hatte er gefragt. Jetzt wußte er gar nicht, was aus dem Eispickel geworden war. Vielleicht hatte er ihn im Zug gelassen.
    Er hatte sie im Stich gelassen, nicht wahr? Sie und sich selbst. Und jetzt – während dieser geschmeidige Wagen den Freeway hinauffuhr und schneller wurde – erkannte er, daß er überhaupt keine Waffe dabei hatte. Keinen Eispickel, kein Messer. Sogar das Schweizer Armeemesser, das er sonst bei sich hatte, war zu Hause geblieben, weil er das Flugzeug benutzt hatte. Im Flugzeug waren solche Dinge nicht erlaubt.
    »Sie werden sich wohler fühlen, wenn Sie erst mit den Ältesten kommuniziert haben. Wenn Sie Bericht erstattet haben und offiziell aufgefordert worden sind, nach Hause zu kommen.«
    Yuri sah Stolov an, der in priesterlichem Schwarz dasaß; nur ein

Weitere Kostenlose Bücher